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Vertragsunterlagen

Beim Typenhausmodell haben die Vertragsunterlagen eine etwas andere Funktion als beim reinen Generalunternehmermodell. Bei Letzterem werden sie in der Regel bereits für die Generalunternehmersubmission verwendet. Sie werden anschliessend in die Vertragsunterlagen übernommen. Beim Typenhausmodell jedoch gibt es keine Submission.

  • Baubeschrieb und Vertragspläne

Zu den Vertragsunterlagen gehören primär der Baubeschrieb und die Vertragspläne. Beide Dokumente zeichnen sich in der Regel beim Typenhausmodell aufgrund einer mehr oder weniger starken Standardisierung durch eine gute Qualität aus. Der Bauherr weiss genau, was er bestellt und was er dafür bekommt. – Unsorgfältig erstellte Baubeschriebe können aber nicht ausgeschlossen werden, wie ich gelegentlich schon habe feststellen müssen. Zu erwarten sind sie beispielsweise bei Promotionsgeschäften.

Bei Fertighäusern sind die Vertragsunterlagen in der Regel überdurchschnittlich gut. Der Baubeschrieb besteht teilweise aus illustrierten Katalogen von Normkonstruktionen, die für den Bauherrn sehr anschaulich sind. Weiteres nützliches Anschauungsmaterial sind Musterhäuser und Sammlungen von Bauteilmustern, die beim Fertighausanbieter besichtigt werden können.

  • Planbearbeitung

Unter der Planbearbeitung verstehen wir die planerische Weiterentwicklung des Bauprojekts aufgrund der Vertragspläne. Resultat sind die Ausführungspläne. Wir sind bereits früher darauf eingegangen, dass es bei der Planbearbeitung keine Wahlfreiheit gibt wie beim reinen Generalunternehmermodell (siehe Absatz «Projektorganisation»). Der Typenhausanbieter als planender Werkunternehmer ist selber für die Planbearbeitung besorgt, eine Planbearbeitung durch Beauftragte des Bauherrn ist nicht denkbar.

Die Beanspruchung des Bauherrn während der Ausführungsplanung hängt ab von der Art des Typenhauses. Bei Fertighäusern ist der Bauherr von der Planbearbeitung, die hoch standardisiert im Herstellerwerk abläuft (teilweise im Ausland), kaum betroffen. Bei individuell geplanten Häusern jedoch wird er einbezogen, mindestens bei der Festlegung des Gestaltungskonzepts (Materialien und Farben).

  • Baugrundstück

Das Baugrundstück gehört zu den Vertragsunterlagen, weil es vertragstechnisch als Sache aufgefasst wird, die vom Bauherrn bereitgestellt wird. Wenn die Sache einen Mangel hat, ist nicht der Werkunternehmer dafür verantwortlich, der darauf ein Gebäude erstellt, sondern der Bauherr muss für die Mängel einstehen. Das Problem ist, dass der durchschnittliche Hausbauer kaum eine Ahnung davon hat, welche Mängel es geben kann und welche erheblichen Risiken damit verbunden sind (Näheres siehe hier). Der Hausbauer sollte darum vom Typenhausanbieter möglichst umfassend über die Risiken aufgeklärt werden.

Preisbestimmung

Im Typenhausgeschäft ist nur ein Teil des Sortiments der Methoden zur Preisbestimmung verbreitet, welche im Generalunternehmergeschäft üblich sind (Näheres siehe hier). Es wird praktisch nur der Pauschalpreis resp. der Globalpreis angewendet. Zusätzlich werden für Einzelpositionen Budgetpreise eingesetzt. – Das heute im Generalunternehmergeschäft weitverbreitete Prinzip der offenen Abrechnung mit Kostendach kennt man bei Typenhäusern meines Wissens nicht.

Änderungen

In den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des VSGU-Mustervertrags gibt es eine sehr praktische Beschreibung von verschiedenen Typen von Änderungen (Näheres siehe hier). Es ist bedauerlich, dass in den meisten Typenhausverträgen nichts Vergleichbares enthalten ist. Änderungen sind beim Bauen nämlich verbreitet und klare Vereinbarungen zum Vorgehen in solchen Fällen sind sehr nützlich.

Individuell formulierte Vertragsbestandteile in Typenhausverträgen zu diesem Thema sind oft unvollständig und teilweise unklar. Manchmal sind sie auch völlig unüblich für die Generalunternehmerbranche.

Zahlungen und Bauhandwerkerpfandrecht

Der Zahlungsablauf im Typenhausgeschäft ist bei den individuell geplanten Typenhäusern etwas anders geregelt als bei den Fertighäusern. Bei Ersteren ist es tendenziell ähnlich konzipiert wie im normalen Generalunternehmergeschäft (Näheres siehe hier). Die Abfolge der Zahlungsraten entspricht also ungefähr dem laufenden Finanzbedarf des Typenhausanbieters für das konkrete Projekt, um den Zahlungsstrom an seine Subunternehmer zu alimentieren.

Bei importierten Fertighäusern kann der Mittelbedarf abweichend sein. Hier kann es vorkommen, dass die Anzahlungen an den Hersteller relativ gering sind. Das Haus muss zu einem grossen Teil erst nach der Lieferung bezahlt werden, dann aber schnell. Zahlungsfristen von einigen wenigen Tagen für den gesamten ausstehenden Werkpreis sind nicht ungewöhnlich.

Rückbehalte auf dem Werkpreis sind im Typenhausgeschäft kaum vorgesehen. Wie wir im Absatz «Massgeschneiderter Werkvertrag Typ B: Notarvertrag» schon gesehen haben, führt dies zu Risiken für den Bauherrn betreffend des Bauhandwerkerpfandrechts. Nicht befriedigte Subunternehmer, die für das Werk Leistungen erbracht haben, können nämlich bis vier Monate nach Abnahme das Bauhandwerkerpfandrecht anmelden.

  • Treuhandkonto

Der Typenhausanbieter wird möglicherweise argumentieren, dass das Risiko des Bauhandwerkerpfandrechts klein sei, da er Sicherheitsmassnahmen vorgesehen habe. Die Sicherheitsmassnahme besteht oft darin, dass bei der finanzierenden Bank ein Generalunternehmerkonto (manchmal auch als Treuhandkonto bezeichnet) eingerichtet wird. Die Zahlungen des Bauherrn fliessen auf dieses Konto, und die Bank sorgt im Sinne eines Treuhänders dafür, dass damit nur Zahlungen an Subunternehmer ausgeführt werden dürfen, die für das Werk Leistungen erbracht haben. Manchmal wird vorgängig noch eine zusätzliche Kontrollstelle eingeschaltet (beispielsweise ein Immobilientreuhänder), die ebenfalls überprüft, ob die freizugebenden Mittel tatsächlich für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden.

Die Lösung mit dem Treuhandkonto bietet tatsächlich einen gewissen Schutz, allerdings nur einen beschränkten. Es ist auch so möglich, dass beispielsweise ein Zulieferer eines Subunternehmers nicht bezahlt wird und darum sein Bauhandwerkerpfandrecht anmeldet. Es kann sich dabei etwa um einen Glaslieferanten handeln. Der Fensterbauer als Subunternehmer des Typenhausanbieters hat sein Geld zwar ordnungsgemäss erhalten. Da er seinen Glaslieferanten aber nicht bezahlt hat, wird auch dieser pfandberechtigt.

Es gibt noch andere Möglichkeiten, dass bei der Treuhandlösung trotzdem ein Bauhandwerkerpfandrecht angemeldet wird. So ist nicht auszuschliessen, dass sich der Typenhausanbieter in seiner Kalkulation verschätzt und mit den eingehenden Zahlungen des Bauherrn seine Subunternehmer gar nicht voll bezahlen kann. Auch wenn der Bank in ihrer Treuhandfunktion keine Fehler unterlaufen, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Subunternehmer ausstehende Zahlungen mit dem Bauhandwerkerpfandrecht sichern.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Sicherheiten für den Bauherrn hinsichtlich des Bauhandwerkerpfandrechts bei Typenhausgeschäften tendenziell schwach ausgebildet sind. Oft kommt das Wort im Vertragsmuster nicht einmal vor. Und wenn es vorkommt, ist damit allenfalls sogar noch das Bauhandwerkpfandrecht des Typenhausanbieters gemeint, zur Sicherung seiner eigenen Forderungen gegenüber dem Bauherrn. Hinsichtlich des Bauhandwerkerpfandrechts wird also nicht der Besteller geschützt, sondern der Werkunternehmer!

  • Zusätzliche Vorsorgemassnahmen

Der Besteller ist gut beraten, wenn er zusätzliche Sicherungen einbaut, um dem Risiko des Bauhandwerkerpfandrechts weniger ausgesetzt zu sein. Die eleganteste Lösung ist vermutlich eine Bankgarantie, nur wird sie vermutlich nicht so einfach zu bekommen sein (siehe Abschnitt «Garantie beim Bauhandwerkerpfandrecht»).

Eine andere Strategie kann darin bestehen, die Lösung anzustreben, die in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des VSGU-Mustervertrags vorgesehen ist (Näheres siehe hier). Hier garantiert der Generalunternehmer dafür, dass keine Bauhandwerkerpfandrechte definitiv eingetragen werden. Falls dies trotzdem geschieht, ist der Bauherr berechtigt, den entsprechenden Betrag bei der nächsten fälligen Zahlung zurückzubehalten. Dieses Konzept steht und fällt aber damit, dass überhaupt noch Zahlungen ausstehend sind und nicht die gesamte Werkvertragssumme bereits getilgt worden ist. Konkret bedeutet dies, dass bis zum Ablauf der Anmeldefrist für das Bauhandwerkerpfandrecht vier Monate nach Übergabe ein Rückbehalt gemacht werden muss. Die Höhe des Rückbehaltes sollte ungefähr dem maximal möglichen Betrag von ausstehenden Forderungen entsprechen, die in Form von Bauhandwerkerpfandrechten angemeldet werden können.

Bauabnahme und Garantie

Bei komplexen technischen Systemen sind wir uns im täglichen Leben an eine Systemgarantie gewohnt. Wir hätten grosse Bedenken, wenn wir für ein Auto nicht eine Werksgarantie bekommen würden, sondern für die einzelnen Bauteile wie Motor, Getriebe, Anlasser, Carosserie, Pneus, Scheiben etc. je eine spezielle Bauteilgarantie.

Was uns beim Auto als absurd vorkommt, ist in grossen Teilen des Typenhausgeschäfts normale Praxis: Der Bauherr bekommt keine Systemgarantie, sondern eine Bauteilegarantie. Dies trifft vor allem auf individuell geplante Typenhäuser zu, nicht aber auf Fertighäuser (siehe weiter unten). Die Risiken der Bauteilgarantie für den Bauherrn betrachten wir im nachfolgenden Unterabsatz näher («Abtretung der Garantieansprüche»). Besonders anschaulich sind die Risiken beim dort beschriebenen Beispiel einer Baugrundsetzung, wo nicht auf Anhieb klar ist, welcher Planer oder Subunternehmer für den Schaden aufkommen muss.

Die Garantie beim Typenhausgeschäft unterscheidet sich fundamental von der Garantie des klassischen Generalunternehmers. Zur Erinnerung sei nochmals wiederholt, wodurch sich diese Gewährleistung auszeichnet: «Die Mängelhaftung des Generalunternehmers umfasst alle Eigenleistungen sowie die Leistungen und Lieferungen seiner Beauftragten, Subunternehmer und Lieferanten» (Art. 34.2 AVB). Siehe dazu auch Absatz «Mängelhaftung» (Kapitel 8).

  • Abtretung der Garantieansprüche

In vielen Werkverträgen für Typenhäuser ist zu lesen, dass der Typenhausanbieter auf den Tag der Übergabe alle Haftungsansprüche und Mängelrechte an den Besteller abtritt. Er haftet also ab diesem Datum in keiner Weise mehr für Ansprüche an Subunternehmer, Lieferanten und Planer. Siehe dazu auch den Absatz «Abtretung von Mängelrechten».

Für den Bauherrn ist diese Form der Garantie auf den ersten Blick vergleichbar mit der Garantie beim traditionellen Architektenverfahren. Auch hier erhält er Garantien für einzelne Arbeitsgattungen und nicht für das Werk als Ganzes. Allerdings hat er beim Architektenverfahren deutlich grössere Mitwirkungsrechte vor dem Vertragsabschluss. Der Bauherr allein kann bestimmen, mit welchem Unternehmer der Werkvertrag abgeschlossen wird, und auf die Vertragsbedingungen kann er auch Einfluss nehmen, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung. Somit ist für den Bauherrn die Lösung hinsichtlich der Garantien beim Typenhausmodell sogar als noch eher schlechter einzustufen im Vergleich zum Architektenmodell.

Über das Wesen dieses Garantiemodells gibt es unter den Typenhaus-anbietern teilweise überraschende Einschätzungen. Unter anderem habe ich auch schon die Meinung gehört, dass es für den Besteller ein grosser Vorteil sei, wenn die Mängelrechte an ihn abgetreten werden. Er erhalte dadurch mehr Sicherheit als bei der Lösung, wo der Typenhausanbieter als Generalunternehmer eine Systemgarantie biete. – Teilweise beruht diese falsche Einschätzung vermutlich auf mangelnder Kenntnis der echten Generalunternehmergarantie.

Bei unproblematischen Mängeln, die nur einen einzelnen Subunternehmer betreffen, kommt der Bauherr mit dem abgetretenen Mängelrecht nicht unbedingt schlechter weg als mit der integralen Generalunternehmergarantie. Wenn beispielsweise der Küchenbauer oder Maler noch Mängel beheben muss, spielt es tatsächlich keine grosse Rolle, wer die Mängelrechte besitzt.

Aber es gibt leider viel unangenehmere Mängel. Nehmen wir an, es gibt eine Baugrundsetzung. Darunter verstehen wir eine unerwartete lokale Absenkung des Baugrundes unterhalb des neu erstellten Bauwerks. Die Kellermauern bekommen Risse, durch die Wasser eindringt. Hier ist es unter Umständen eine dornenvolle Angelegenheit, den Mangel zu beheben. Für den Mangel können der Geologe, der Bauingenieur, der Bauleiter des Generalunternehmers, der Baumeister oder die Aushubfirma verantwortlich sein. Jeder ist der Versuchung ausgesetzt zu behaupten, dass nicht er schuld sei, sondern andere. Möglicherweise kommt der Bauherr als Inhaber der Mängelrechte nicht um eine mühsame Auseinandersetzung vor Gericht herum.

Beim echten Generalunternehmermodell sind die Abläufe anders. Hier hat der Bauherr nur einen Ansprechpartner, nämlich den Generalunternehmer, und dieser muss dafür sorgen, dass der Mangel behoben wird. Wenn der Generalunternehmer nicht will (oder nicht mehr kann, weil er zwischenzeitlich Konkurs gegangen ist), dann hat der Bauherr immer noch die Sicherheitsleistung eines Solidarbürgen, die im Notfall beansprucht werden kann.

  • Garantie bei Fertighäusern

Bei Fertighäusern präsentiert sich die Garantie etwas anders. Für den eigentlichen vorgefertigten Teil, der teilweise aus dem Ausland importiert wird, bekommt der Besteller eine integrale Werksgarantie. Bei ausländischen Garantiezusagen muss aber im Einzelfall abgeklärt werden, worin die Garantie tatsächlich besteht. Gelegentlich beschleicht mich als juristischen Laien bei der Lektüre derartiger Garantiescheine, die eine Laufzeit von 20 Jahren haben können, ein mulmiges Gefühl.

In der Schweiz werden Garantien für Werkleistungen in der Regel mit einer Sicherheitsleistung eines Bürgen (Solidarbürgschaft) abgesichert (siehe Absatz «Sicherheitsleistung für die Mängelhaftung» im Kapitel 8). Sie dauern meistens 5 Jahre, wobei die Rügefrist für Mängel 2 Jahre beträgt. Eine Solidarbürgschaft mit einer Dauer von 20 Jahren ist mir unbekannt.

Bei Garantiezusagen von ausländischen Typenhausanbietern habe ich noch nie gesehen, dass sie mit einer Solidarbürgschaft ausgestattet worden sind. Was ist von einer solchen Garantie zu halten? Ist sie im Ernstfall mehr Wert als das Papier, auf das sie gedruckt ist?

>> zum Inhaltsverzeichnis – Kapitel 12, Typenhäuser


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