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Vertragsgrundlagen

Unter den Vertragsgrundlagen verstehen wir Basisdokumente zum Abschliessen eines Typenhausvertrages wie Mustervertrag und Allgemeine Vertragsbedingungen. Die Vertragsgrundlagen sind zu unterscheiden von den Vertragsunterlagen wie Baubeschrieb, Vertragspläne etc., die wir später behandeln (Absatz «Vertragsunterlagen»). Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass Verträge für Typenhäuser relativ einfach sind. Die Bauvorhaben sind in ihrer Grösse überschaubar. Weil das Realisierungsmodell gewisse Ähnlichkeiten hat mit dem klassischen Generalunternehmergeschäft, sollte es genügen, eine abgespeckte Version eines etablierten Generalunternehmervertrags zu verwenden. – Diese Vermutung trifft leider nicht zu. Verträge für Typenhäuser gehören aufgrund meiner Erfahrungen zu den anspruchsvollsten Vertragskonstrukten, die in diesem Buch behandelt werden.

Typenhausverträge sind anspruchvoll

Ein erster Aspekt, der komplizierend wirkt, ist die Bauplanung (Projektierung). Beim klassischen Generalunternehmermodell ist die Projektierung vor der Generalunternehmersubmission bereits abgeschlossen, direkt beauftragt von der Bauherrschaft. Die Projektierung ist somit in der Leistung des Generalunternehmers nicht eingeschlossen. Anders ist es beim Typenhausmodell. Hier erbringt der Anbieter in der Regel ebenfalls die Projektierung. Das Generalunternehmergeschäft wird dadurch zum Totalunternehmergeschäft, und zwar nicht nur im Sinne der Erstellung der Ausführungspläne.

Importfragen sind eine weitere heikle Besonderheit bei Typenhausgeschäften. Wenn das Fertighaus aus dem Ausland eingeführt wird, mischt sich im Vertragswerk einheimisches Recht mehr oder weniger harmonisch mit dem ausländischen Recht des Herstellers.

Ganz speziell anspruchsvoll ist beim Typenhausgeschäft jedoch die Tatsache, dass es für die Typenhausbranche keine standardisierte, allgemein anerkannte und verwendete Vertragsgrundlage gibt. Auf diesen Aspekt gehen wir nachfolgend näher ein.

Fehlender Mustervertrag für Typenhausgeschäfte

Im Bauwesen gibt es dank der Branchenverbände vielfältige standardisierte Grundlagen zum Abschliessen von Verträgen aller Art. Im Bereich des Bauplanungsgewerbes dominieren die Vertragsgrundlagen des SIA, beispielsweise die Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff. für Planerverträge oder die «Handwerkernorm» SIA 118 (Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten) zum Abschliessen von Werkverträgen. Im Bereich des Generalunternehmergeschäfts ist der Verband Schweizerischer Generalunternehmer VSGU aktiv geworden und hat den weitverbreiteten Mustervertrag samt seinen Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) herausgegeben.

Diese Standardisierung gibt es leider in der Typenhausbranche nicht. Dies ist einigermassen erstaunlich, denn rein von der Anzahl Vertragsabschlüsse her wäre eine Vereinheitlichung zweifellos angebracht. Jährlich gibt es nämlich eine ähnlich grosse Anzahl Verträge für Typenhäuser wie für reine Generalunternehmergeschäfte.

Die Typenhausanbieter wollen anscheinend keine richtigen Generalunternehmer sein, denn an und für sich hätten sie es in der Hand, dem Verband Schweizerischer Generalunternehmer VSGU beizutreten. Dies hat meines Wissens nur ein einziger Typenhausanbieter getan, und auch nur für eine beschränkte Zeit. Zwischenzeitlich ist er nämlich wieder aus dem Verband ausgetreten.

Obwohl die Typenhausanbieter nicht Mitglied des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU sind, wenden sie doch in Einzelfällen dessen Mustervertrag samt den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) an. Dieses sehr praktische Hilfsmittel zur Gestaltung von Generalunternehmer-Werkverträgen haben wir im Teil 2 (Kapitel 8) eingehend behandelt. Oft scheinen die Typenhausanbieter die Vertragsvorlage jedoch so stark abzuändern, dass sie ihren ursprünglichen Sinn verliert. Dies trifft insbesondere auf die Garantien zu. Das Kernstück des Geschäftsverständnisses der traditionellen Generalunternehmer, die umfassende Gewährleistungsgarantie, wird oft einfach gestrichen und ersetzt durch die Abtretung der Mängelrechte pro Arbeitsgattung (siehe «Abtretung von Mängelrechten» im Kapitel 4 «Abtretung der Garantieansprüche» im Kapitel 12). Übrig bleibt vom Sortiment der Generalunternehmergarantien mehr oder weniger nur noch die Preisgarantie.

Der Verband Schweizerischer Generalunternehmer VSGU sieht es nicht gerne, dass sein Vertragsmuster derart zweckentfremdet wird. Der erwartungsfrohe Besteller freut sich auf umfassende Garantien, da das Vertragswerk ja mit dem Gütesiegel des VSGU versehen ist; bei näherer Betrachtung präsentieren sich die Garantien jedoch arg zerzaust. – Typenhausanbieter bringen als Begründung dafür, echte Generalunternehmergarantien zu meiden, gelegentlich finanzielle Gründe an: Sie könnten es sich gar nicht leisten, deren Garantien anzubieten.

Da der Mustervertrag des VSGU für Generalunternehmer-Werkverträge von den Typenhausanbietern kaum angewendet wird und ein branchenweiter Mustervertrag für Typenhäuser nicht existiert, muss auf Einzellösungen ausgewichen werden.

Wenn ich im Folgenden mehrheitlich von etwas problematischen Typenhaus-Vertragskonstrukten spreche, ist dies darauf zurückzuführen, dass mir primär solche unterbreitet worden sind und ich diese daher am besten kenne. Es haben sich vermutlich primär Bauwillige bei mir gemeldet, denen selber aufgefallen ist, dass der ihnen vorliegende Vertragsentwurf Fragen aufwirft. Dies muss aber keineswegs heissen, dass dem Vertragswesen im Typenhausgeschäft generell mit Misstrauen begegnet werden muss. Es gibt zweifellos einen grossen Anteil guter Vertragsmuster, an denen kaum etwas auszusetzen ist. – Die nachfolgend beschriebenen vertraglichen Problemfälle allerdings sind durchaus real und nicht erfunden.

Bezüglich der massgeschneiderten Einzellösungen für Werkverträge im Typenhausgeschäft gibt es zwei Grundvarianten: Laienverträge und Notarverträge.

Massgeschneiderter Werkvertrag Typ A: Laienvertrag

Laienverträge enthalten grundsätzlich mehr oder weniger die gleichen Themen wie der Mustervertrag und die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU. Es geht also um Punkte wie Projektorganisation, Vertragsunterlagen, Preisbestimmung, Zahlungswesen, Termine, Garantien etc. Trotzdem unterscheiden sie sich deutlich von den Instrumenten des VSGU.

  • Merkmal 1: Mangelhafte Logik

Ein erster Hauptunterschied ist die innere Logik. Während etwa die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des VSGU glasklar strukturiert sind, stellt man bei vielen Laienverträgen eine gewisse Beliebigkeit fest. Man merkt ihnen deutlich an, dass sie im Laufe der Jahre immer wieder modifiziert worden sind. Eine Urfassung des firmeninternen Mustervertrags ist zwar vermutlich von einem Rechtsgelehrten klar strukturiert worden. Später haben aber der Firmeninhaber oder seine Mitarbeitenden Veränderungen daran vorgenommen und dabei nicht immer eine glückliche Hand bewiesen. So kann es sich ergeben, dass man beispielsweise mitten im Abschnitt über die Gewährleistung auf einen Artikel über die Umgebungsarbeiten oder das Zahlungswesen stösst. Ein Artikel über Projektänderungen wiederum befindet sich im Abschnitt über den Leistungsumfang des Werkvertrags.

  • Merkmal 2: Doppelspurigkeiten

Es ist nicht selten, dass Punkte mehrfach vorkommen, die dem Typenhausanbieter als Vertragsverfasser besonders am Herzen liegen. Dies kann etwa das Zahlungswesen betreffen. Nehmen wir an, er ärgere sich immer wieder darüber, dass Besteller zu wenig zügig bezahlen. Dem beugt er vor, indem er im Absatz über die Übergabe in Ausstellt, dass der Besteller die Schlüssel nach der Abnahme nur dann erhalte, wenn er alle Zahlungen geleistet habe. Um diese Forderung zu bekräftigen, fügt er einen fast identischen Paragrafen auch noch im Abschnitt über die Termine ein.

  • Merkmal 3: Unklare Begriffe

Laienverträge zeichnen sich gelegentlich dadurch aus, dass Begriffe wenig konsistent oder gar falsch verwendet werden, was nicht zur besseren Verständlichkeit des Dokuments beiträgt. Der «Budgetpreis» wird beispielsweise mit dem «Kostendach» verwechselt. Bei Projektänderungen wird nicht ein «Generalunternehmerzuschlag» verrechnet (z.B. 12%), sondern ein «Architektenhonorar».

  • Merkmal 4: Einseitigkeit

Massgeschneiderte Musterverträge sind oft hemmungslos einseitig zugunsten des Typenhausanbieters abgefasst. Nachfolgend greife ich zwei Punkte heraus, die für den Besteller besonders wichtig sind: die Mängelhaftung (Gewährleistung) und das Bauhandwerkerpfandrecht.

— Beispiel a: Mängelhaftung (Gewährleistung)
Bezüglich der Mängelhaftung (Gewährleistung) bietet kaum ein Typenhausanbieter eine umfassende Systemgarantie, wie sie klassische Generalunternehmer gewähren (siehe die Ausführungen zur Mängelhaftung im Generalunternehmergeschäft). Die normale Praxis ist die Abtretung der Mängelrechte pro Werkvertrag (Arbeitsgattung) an den Besteller, auf die wir später noch im Detail eingehen (Absatz «Bauabnahme und Garantie»).
Interessant und verwirrend ist gelegentlich die Art und Weise, wie dies vertraglich gehandhabt wird. Einmal bin ich auf einen Fall gestossen, bei dem in der Vertragsurkunde gestanden hat, dass eine Garantiefrist nach SIA von zwei Jahren bestehe. Ich bin zunächst davon ausgegangen, endlich einen Typenhausanbieter gefunden zu haben, der eine echte Generalunternehmergarantie für das Werk als Ganzes biete, wobei die Dauer der Garantie «nach SIA» bemessen sei. (Die Garantie gemäss der SIA-Norm 118 haben wir im Absatz «Garantiefrist, Garantieschein, verdeckte Mängel» besprochen).
Erst bei der Lektüre des Baubeschriebs bin ich stutzig geworden: Dort hat es nämlich an einer ziemlich unscheinbaren Stelle geheissen, dass «der Typenhausanbieter als Generalunternehmer gegenüber dem Besteller so hafte, wie die Subunternehmer gegenüber dem Generalunternehmer haften». Die Garantien der Subunternehmer würden dem Besteller übergeben.
Man hat im Werkvertrag also den Baubeschrieb lesen müssen, einen eher technischen und nicht primär juristischen Vertragsbestandteil, um festzustellen, dass der Besteller vom Werkunternehmer nicht eine umfassende Systemgarantie bekommt, sondern dass ihm lediglich die Mängelrechte der Subunternehmer abgetreten werden.

— Beispiel b: Zahlungswesen und Bauhandwerkerpfandrecht
Sehr einseitig zugunsten des Typenhausanbieters sind oft auch die Vereinbarungen zum Zahlungswesen und, damit gekoppelt, zum Bauhandwerkerpfandrecht. Häufige Praxis (insbesondere bei Fertighäusern) ist die vollständige Tilgung des vereinbarten Werkpreises auf den Zeitpunkt von wenigen Tagen nach der Übergabe, oft ohne Sicherheitsvorkehrungen zugunsten des Bestellers. Meistens wird nicht einmal erwähnt, dass es überhaupt ein Bauhandwerkerpfandrecht gibt. Im normalen Generalunternehmergeschäft ist der Umgang mit dem Bauhandwerkerpfandrecht in den Allgemeinen Bedingungen (AVB) geregelt (siehe dazu die Ausführungen zum Thema «Lösung gemäss den Allgemeinen Bedingungen (AVB)»). Bei Bedarf kann die dort beschriebene Basislösung durch stärker wirkende Instrumente (z.B. Bankgarantie für das Bauhandwerkerpfandrecht) ersetzt werden. Näheres dazu siehe Absatz «Bauhandwerkerpfandrecht».

  • Merkmal 5: Auslassungen

Viele wichtige Punkte werden in Laienverträgen nicht angesprochen. Oft handelt es sich um Themen, die Sicherheiten zugunsten des Bestellers betreffen. Kaum jemals findet man etwas über Konventionalstrafen. Völlig unbekannt ist das Thema der Erfüllungsgarantie. Merkwürdig ist auch, wenn bei einem Haus mit geringem Energiebedarf die damit verbundenen Garantien zugunsten des Bestellers nicht thematisiert werden. Siehe dazu die Ausführungen zum Thema «Funktionsgarantie». Die Funktionsgarantie bezüglich des Energiestandards MINERGIE–P, die dort im Zusammenhang mit einem grösseren Geschäftshaus beschrieben wird, könnte auch für ein Typenhaus ausgestellt werden.

Nicht eingegangen wird meistens auch auf ein grosses Risiko des Bauherrn, das diesem kaum bewusst ist: das Risiko des Baugrundes. Es wäre für den Bauherrn zweifellos nützlich, wenn ihm auf einfach verständliche Weise erklärt würde, welche spezielle Bewandtnis es mit diesem Risiko hat.

  • Merkmal 6: Merkwürdige Details

Je nach Versiertheit des jeweiligen Verfassers in juristischen Belangen findet man in Laienverträgen eigenartige und teilweise bizarre Vereinbarungen. Ein Typenhausanbieter verlangt zum Beispiel, dass bei einer Projektänderung der Mehrpreis vorausbezahlt wird, was zumindest gemäss den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU unüblich ist.

Ein Anderer hält beim Thema Änderungen grosszügig fest, dass diejenigen Änderungen kostenlos seien, die dem Generalunternehmer und seinen Subunternehmern keine Umtriebe verursachen würden. – Mich würde es interes-sieren, welche Änderungen nicht mit Umtrieben verbunden sind.

Ein weiterer Typenhausanbieter räumt dem Besteller das Recht ein, auf der Baustelle den Arbeitsfortschritt überprüfen zu dürfen. Wenn er Mängel entdecke, habe er diese innert weniger Tagen dem Generalunternehmer zu melden. Wie verträgt sich diese unübliche Klausel mit einer anderen (diesmal aber branchenüblichen) Klausel im gleichen Vertrag, die besagt, dass Werkmängel bis 2 Jahre nach Abnahme gerügt werden dürfen?

Ein letzter Vertragsverfasser hält schliesslich in seinem Mustervertrag fest, dass er als Generalunternehmer unter anderem Gewähr leiste für «solides Material gemäss den Normen des SIA». – Was sind das wohl für SIA-Normen, in denen definiert wird, was «solides Material» ist? Ich schliesse nicht aus, dass es diese Normen gibt – aber mir sind sie nicht bekannt.

  • Fazit

Gesamthaft gesehen sind massgeschneiderte Werkverträge von juristischen Laien oft unübersichtlich, teilweise unklar und widersprüchlich, und vor allem einseitig zugunsten des Typenhausanbieters. Aus diesem Grunde habe ich bei der Beschäftigung mit ihnen meistens ein ziemlich unbehagliches Gefühl.

Massgeschneiderter Werkvertrag Typ B: Notarvertrag

Bei Typenhausgeschäften, welche neben der Erstellung eines Gebäudes auch die Übertragung eines Grundstücks beinhalten, ist die Ausfertigung des Vertrags durch einen Notar der Normalfall. Dies dürfte meistens bei Promotionsgeschäften der Fall sein. Es gibt aber auch Typenhausverträge, die als reine Werkverträge betrachtet werden können (ohne Übertragung eines Grundstücks), die durch einen Notar oder Rechtsanwalt ausgearbeitet werden.

Derartige Verträge sind in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von Musterverträgen, die von juristischen Laien aufgesetzt sind. Umfassende Rechtskenntnisse sind hier zweifellos vorhanden. Die Verträge erscheinen in geschliffenem Notardeutsch, und man ist geblendet von der Brillanz der Formulierungen.

Notarlösungen sind formaljuristisch zweifellos korrekt, aber nicht in jedem Fall besonders bauherrenfreundlich. Wie bei den Laienverträgen werden eher die Interessen des Typenhausanbieters als Auftraggeber des Notars berücksichtigt. Vielfach erscheinen sie daher aus Bauherrensicht nicht als speziell ausgewogen.

Hinsichtlich der Sicherheiten sind auch hier für den Bauherrn die Regelungen zur Mängelhaftung (Gewährleistung) oder zum Bauhandwerkerpfandrecht von besonderer Bedeutung. In materieller Hinsicht kann man kaum Unterschiede ausmachen im Vergleich zum Laienvertrag. Die Stellung des Bauherrn ist nicht besser, nur ist die möglicherweise nicht ganz optimale Stellung deutlicher formuliert und klarer erkennbar.

Notarverträge lassen sich relativ schlecht anpassen. Entwürfe von Werkverträgen werden erfahrungsgemäss im Laufe der Vertragsverhandlungen mehrfach geändert. Es ist ein gewisser Nachteil, dass Änderungen nur durch den Notar und somit zu Notartarifen möglich sind. Der Typenhausanbieter wird demzufolge nicht interessiert daran sein, den Entwurf häufiger als unbedingt nötig modifizieren zu lassen. Dies kann sich allenfalls negativ auf die Vertragsqualität auswirken.

  • Gelegentlich fehlende Praxisnähe

Damit wir uns richtig verstehen: Notarverträge sind in der Regel perfekt. In wenigen, ganz seltenen Fällen scheinen mir als juristischem Laien die Vereinbarungen in Notarverträgen allerdings nur beschränkt praxistauglich zu sein. Ich erläutere diese Vermutung anhand eines konkreten Beispiels.

Es geht um das Zahlungswesen und das Bauhandwerkerpfandrecht. In zwei separaten Paragrafen des Werkvertrages des Notars findet man dazu Vereinbarungen. Im ersten Paragrafen wird die Tilgung des Werkpreises im Detail dargestellt. Die letzte Rate des Werkpreises ist wenige Tage nach der Übernahme des Werkes zu bezahlen.

Im zweiten Paragrafen wird das Bauhandwerkerpfandrecht thematisiert. Hier ist weitgehend analog zur Lösung in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU festgehalten, dass der Typenhausanbieter dafür haftet, dass allfällige angemeldete Bauhandwerkerpfandrechte abgelöst werden. Falls der Typenhausanbieter dieser Pflicht nicht nachkommt, darf der Besteller einen Rückbehalt auf der letzten Zahlungsrate machen.

In terminlicher Hinsicht werde ich aus dieser Vereinbarung allerdings nicht schlau. Bauhandwerkerpfandrechte dürfen bekanntlich bis vier Monate nach der Übergabe eingetragen werden. Die letzte Rate ist aber bereits kurz nach der Übernahme zu bezahlen. Wie soll der Bauherr nach diesem Zeitpunkt einen Rückbehalt machen, falls ein Bauhandwerkerpfandrecht eingetragen werden sollte, das sein Werkvertragspartner nicht ablösen will (oder kann)?

Fazit zu Typenhausverträgen

Wie bereits angetönt, habe ich oft ein ungutes Gefühl, wenn ich mit massgeschneiderten Werkverträgen von Typenhäusern zu tun habe. Dies gilt besonders bei Laienverträgen, gelegentlich aber auch bei Verträgen von Notaren und Rechtsanwälten. Der Hauptgrund des Unbehagens ist die fehlende Standardisierung. Jeder Vertrag ist anders aufgebaut, und die problematischen Punkte sind oft nicht so ohne Weiteres erkennbar. Zudem sind die Verträge häufig nicht ausgewogen und zu stark auf die Interessen der Typenhausanbieter ausgerichtet.

Ganz anders ist der Umgang mit dem Mustervertrag des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU und insbesondere mit den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB). Diese Hilfsmittel zur Vertragsgestaltung können bei klassischen Generalunternehmergeschäften als Industriestandard betrachtet werden. Sie sind weit verbreitet, werden oft gebraucht und in der einschlägigen Fachliteratur intensiv besprochen.

Mit dem Mustervertrag des VSGU als Basis darf ein einigermassen geschäfts- und bauerfahrener Nichtjurist wie der Autor dieses Buches es durchaus wagen, die Unterzeichnung eines Generalunternehmer-Werkvertrags mit einer Vertragssumme von 20 oder 30 Mio. Fr. ohne professionellen juristischen Beistand vorzubereiten. Ob der gleiche geschäftserfahrene Nichtjurist dies auch mit gutem Gewissen bei einem Typenhausvertrag für ein Wohnhaus von vielleicht 800 000 Fr. Anlagekosten tun darf, ist eine offene Frage.