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Wichtige Elemente im Werkvertrag für Typenhäuser

Nachfolgend wollen wir einige wichtige Elemente des Typenhausvertrags etwas genauer unter die Lupe nehmen. Die Betrachtung kann allerdings nicht mehr sein als eine grobe Bestandesaufnahme, da es keinen standardisierten Vertrag gibt. Jeder Typenhausanbieter hat sein eigenes Vertragsmuster. Als Leitschnur für die Analyse dienen uns die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des Mustervertrags des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU (siehe Kapitel 8 «Generalunternehmer-Werkvertrag»).

Vorbemerkung zum Realisierungsmodell

Das Realisierungsmodell beim Typenhausgeschäft kann am ehesten mit einem Direktauftrag an einen Totalunternehmer verglichen werden. Ein Totalunternehmer ist ein Generalunternehmer, der zugleich die Planung aus einer Hand anbietet. Wir betrachten den Typenhausanbieter also als Generalunternehmer, denn er ist zweifellos ein Werkunternehmer, der für einen Besteller ein Bauwerk im Werkvertrag erstellt. Er tritt nicht als Architekt auf, der im Auftragsverhältnis für den Bauherrn tätig ist. Im Hinblick auf die Qualifizierung als Generalunternehmer ist es nicht von Belang, welche Garantien er anbietet (Preisgarantie, Gewährleistungsgarantie etc.).

Wir sprechen darum von einem Direktauftrag, weil der Bauherr auf eine Submission unter verschiedenen Totalunternehmern verzichtet. Der Bauherr eines Typenhauses prüft zwar vermutlich mehrere Offerten näher, dabei handelt es sich aber primär um Katalogangebote. Man kann dieses Evaluationsverfahren nicht als echte Submission bezeichnen. Siehe dazu auch den Absatz «Qualifizierung des Typenhausgeschäfts».

Allgemeine Vertragsbedingungen

Wir halten nochmals fest, dass es im Typenhausgewerbe keinen branchenweit anerkannten Mustervertrag und keine etablierten Allgemeinen Vertragsbedingungen gibt. Die Vereinbarungen sind in der Regel in der Vertragsurkunde integriert, eine separate Beilage mit den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) ist nur in einigen Marktsegmenten üblich, insbesondere bei Fertighäusern.

Jeder Typenhausanbieter hat seinen eigenen Mustervertrag. Entweder stellt er ihn selber zusammen, oder er beauftragt einen Notar oder Rechtsanwalt damit. Es besteht die Tendenz, dass sich das Vertragsmuster von Projekt zu Projekt ändert, je nach den zwischenzeitlich gemachten neuen Erfahrungen.

Vertragsbestandteile

Die wichtigsten Vertragsbestandteile sind ähnlich wie beim klassischen Generalunternehmer-Werkvertrag. Es handelt sich dabei um Vertragsurkunde (häufig ohne separate Allgemeine Vertragsbedingungen), Baubeschrieb, Vertragspläne, Bauprogramm und Zahlungsplan.

Projektorganisation

Die Projektorganisation wird in Typenhausverträgen oft recht stiefmütterlich behandelt. Selten wird ein Organigramm erstellt.

Meistens ist nur vom wichtigsten Ansprechpartner der Typenhausfirma die Rede, oft als Bauberater bezeichnet. In der üblichen Sprache des Projektmanagements des Bauwesens ist er vermutlich als Gesamtleiter zu betrachten. Er ist zuständig für die Umsetzung des Projekts innerhalb der Typenhausfirma.

  • A. Normalfall der Projektorganisation

Beim Typenhausgeschäft ist der Anbieter während der gesamten Projektdauer für die Planung zuständig. Es gibt keine Wahlmöglichkeit wie beim klassischen Generalunternehmergeschäft, wo der Besteller die Ausführungsplanung selber beauftragen kann (siehe Absatz «Variante A: Planer im Auftrag des Bauherrn»).

Eine Ausnahme gibt es allerdings bei den importierten Fertighäusern, bei denen der Bauherr die standortgebundenen Leistungen selber ausführen lassen kann (siehe nachfolgenden Unterabsatz «B. Spezialfall der Projektorganisation»).

Es ist ein zentrales Wesensmerkmal des Typenhausgeschäfts, dass die Planung beim Anbieter angesiedelt ist, und zudem eher im Hintergrund. Der Kunde sucht primär Kontakt zu einem Verkäufer, der ihm ein mehr oder weniger typisiertes Produkt verkauft. Er will bewusst keine enge Beziehung zu einem Architekten, der ihm ein Unikat entwickelt. Der Architekt und andere Planer wie Bauingenieur, Gebäudetechnikplaner, Energieberater, Innenarchitekt oder Geologe sind darum in die Organisation des Typenhausanbieters eingebunden; eine direkte Beauftragung des Architekten würde dem Typenhausgedanken widersprechen. Der Verkäufer des Typenhausanbieters sorgt dafür, dass der Bauherr die Architektenleistung im gewünschten Umfang erhält.

Projektorganisation beim Typenhausmodell

  • B. Spezialfall der Projektorganisation

Beim Fertighaus ist eine andere Form der Projektorganisation möglich, und zwar besonders beim importierten Fertighaus. Hier ist es denkbar, dass der Bauherr selber einen Architekten verpflichtet. Er braucht ihn allerdings nicht primär für Gestaltungsaufgaben, da er das Typenhaus fixfertig beim Importeur bestellt. Auf Wunsch steht der Architekt dem Bauherrn allerdings für eine allfällige Beratung zur Verfügung. Zudem erstellt er die Unterlagen für das Baugesuch.

Die Hauptaufgabe des Architekten und der zusätzlich beauftragten Fachplaner ist die Ausführung der standortgebundenen Leistungen. Diese können ohne Weiteres einen Betrag von 200 000 Fr. erreichen und sind besonders risikobehaftet (siehe Absatz «Ein ausgewähltes Marktsegment: importierte Fertighäuser»). Risiken bestehen vor allem bei der Baugrube. Je nach Hangneigung und geologischen Verhältnissen bestehen hier die grössten Risiken des ganzen Projekts überhaupt. Auch bei der Erschliessung ergeben sich immer wieder Überraschungen. Für die Ausführung der standortgebunden Leistungen wird neben dem Architekten zusätzlich mindestens ein Bauingenieur benötigt, bei heiklen geologischen Verhältnissen auch ein Geologe.

Die Ausführung der standortgebundenen Leistungen wird analog zum oben dargestellten Normalfall der Projektorganisation vielfach auch vom Importeur angeboten, manchmal sogar mit garantierten Preisen. Der Bauherr erhält also zusätzlich zum importierten Fertighaus auch für die standortgebundenen Leistungen eine Preissicherheit, wobei die Risiken des Baugrundes meistens ausgeklammert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Typenhauslieferant sich um alle Schnittstellen kümmern muss. Es gibt nämlich vielfältige Schnittstellen zwischen dem Fertighaus und den standortgebundenen Bauteilen. Dazu gehören etwa der Anschluss der vorfabrizierten Kellerwand mit der Bodenplatte oder die Verbindungen der ortsgebundenen Gebäudetechnikbauteile mit den Anlagen innerhalb des Fertighauses. – Der lokale Agent (Verkäufer) des importierten Fertighauses tritt somit als eine Art Generalunternehmer auf, der das gesamte Projekt realisiert. Für den Bauherrn ist ein derartiger Vertrag relativ komplex. Er beinhaltet die Beschaffung des Fertighauses im Werk des Herstellers nach ausländischem Recht und die Realisierung der ortgebundenen Leistungen durch einheimische Werkunternehmer nach einheimischem Recht.

Wenn der Bauherr die standortgebundenen Leistungen selber ausführen lässt, ist er direkter mit den Risiken konfrontiert und kann ihnen allenfalls leichter ausweichen. Zudem hat der Bauherr in der Person des Architekten einen sachverständigen Treuhänder, der ihn ohne Interessenbindung beraten kann, auch bei Fragen im Zusammenhang mit dem Fertighaus. Der Nachteil dieser Lösung sind unter anderem die diversen Schnittstellen, die beherrscht werden müssen. Der Bauherr muss abwägen, welche Lösung für ihn geeigneter ist.

  • Kontaktperson des Bauherrn

Im Baugewerbe gibt es bekanntlich zwei Grundvarianten der Projektrealisierung: das traditionelle Architektenmodell mit Einzelunternehmern und das Generalunternehmermodell. Die wichtigsten Kontaktpersonen des Bauherrn sind dabei unterschiedlich. Beim Architektenmodell ist meistens der Architekt der wichtigste Berater des Bauherrn und auch der Gesamtverantwortliche (Gesamtleiter) für Planung und Ausführung. Beim Generalunternehmermodell ist der Projektleiter des Generalunternehmers der primäre Ansprechpartner des Bauherrn. Beides sind absolute Fachleute des Bauwesens. Der eine kümmert sich eher um die Planung, der andere um die Ausführung.

Beim Typenhausmodell findet man eine andere Lösung: Die wichtigste Kontaktperson des Bauherrn ist hier oft ein Verkäufer. Dieser Verkäufer kann zwar ein Baufachmann sein, speziell bei importierten Fertighäusern handelt es sich aber oft um eine branchenfremde Person. Es ist nicht auszuschliessen, dass sie vorher ganz andere Produkte verkauft hat. Der Verkaufsprozess ist aber nicht wesentlich anders als bei einem Auto oder einem Staubsauger. Es gilt, die Vorzüge des zu verkaufenden Produkts möglichst gut darzustellen.

Speziell beim Anbieter von Fertighäusern kann der Bauherr nicht unbedingt davon ausgehen, dass sein wichtigster Gesprächspartner vertiefte Kenntnisse über die Baubranche mitbringt. Er ist zwar versiert im Kaufmännischen und kennt die Welt von Verkauf und Handel, nicht aber zwangsläufig diejenige des Bauplanungsgewerbes. Er hat möglicherweise nie in einem Architekturbüro oder einer Generalunternehmung gearbeitet. Er verfügt somit nicht über vertiefte baujuristische Kenntnisse und kennt das Generalunternehmergeschäft nicht aus eigener Erfahrung. Als selbständig erwerbender Agent (Verkäufer) findet er zudem nicht so leicht Gesprächspartner, mit denen er sich austauschen könnte. Dieses Manko an praktischen Baukenntnissen ist vom Bauherrn speziell dann zu beachten, wenn der Verkäufer nicht nur den Verkaufsprozess begleitet, sondern generalunternehmerähnliche Leistungen erbringt. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Verkäufer auf eigene Rechnung das komplette Haus anbietet, also einschliesslich der ortsgebundenen Leistungen.

Verkäufer von importierten Fertighäusern können ausgesprochen kundenorientiert sein. Sie wollen dem Besteller die bestmögliche Leistung anbieten. Gelegentlich haben sie auch den Ehrgeiz, ihm möglichst viele Risiken abzunehmen. Dies ist aber weder für sie noch die Kunden ungefährlich, wenn sie die Risiken und die Instrumente zu deren Einschätzung und Beherrschung zu wenig gut kennen.

Subunternehmer und Lieferanten

Bei der heutigen Ausprägung des Generalunternehmergeschäfts hat der Bauherr vielfältigen Einfluss auf die Auswahl der Subunternehmer und Lieferanten sowie auf die Vertragsgestaltung mit ihnen. Diese zusätzlichen Einflussmöglichkeiten sind in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des VSGU-Mustervertrags beschrieben. Es handelt sich dabei um die Erweiterung der Submittentenliste, das Mitspracherecht bei der Arbeitsvergabe und allenfalls sogar die Mitwirkung bei den Vertragsverhandlungen. Näheres siehe Abschnitt «Subunternehmer und Lieferanten».

Alle diese zusätzlichen Optionen sind in üblichen Typenhausverträgen unbekannt. Speziell bei eher individuell geplanten Häusern («Architektenhäusern») könnte man es sich aber durchaus überlegen, dem Bauherrn diesbezüglich mehr Einfluss einzuräumen. Bei den importierten Fertighäusern bestehen nur Einflussmöglichkeiten bei den standortgebundenen Leistungen. Hier ist es sogar möglich, dass der Bauherr sie direkt beschafft (siehe Absatz «Projektorganisation», oben).

Wichtige Elemente im Werkvertrag für Typenhäuser – Fortsetzung