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Projektorganisation

Die Projektorganisation wird in den Artikeln 3 bis 8 der AVB behandelt. Der Artikel 7 (Subunternehmer und Lieferanten) wird aber separat im nachfolgenden Abschnitt besprochen.

Beim Architektenverfahren mit Einzelunternehmern hat die Bauherrschaft mit den Unternehmern, mit Ausnahme der Vertragsverhandlungen, meist keinen direkten Kontakt. Alle Fäden laufen über die planenden und bauleitenden Planer.

Beim Generalunternehmerverfahren ist es anders. Hier hat der Generalunternehmer als Werkvertragspartner der Bauherrschaft die dominierende Stellung im Organigramm und die Bauherrschaft hat primär Kontakt mit ihm. Nicht ein beauftragter Planer ist zuständig für die Koordination aller Bauarbeiten (Bauleitung), sondern ein Unternehmer: der Generalunternehmer.

Varianten der Stellung der Planer

Der Bauherr bringt aus der Planungsphase in der Regel ein Planungsteam mit. Im Hinblick auf die Bauausführung mit dem Generalunternehmer stellt sich nun die Frage, wie diese Planer in die Projektorganisation mit dem Generalunternehmer eingebunden werden sollen. Die Planer braucht es nämlich während der Ausführungsphase auch noch, insbesondere für die Erstellung der Ausführungspläne. Für deren Integration gibt es zwei Grundvarianten (siehe nachfolgende Darstellung): Die Planer können weiter direkt dem Bauherrn unterstellt bleiben (Variante A) oder aber in die Organisation des Generalunternehmers eingebunden werden (Variante B). Gemäss meinen Beobachtungen ist die Variante B (Planer im Auftrag des Generalunternehmers) wesentlich häufiger.

Variante A: Planer im Auftrag des Bauherrn

Beim ersten Fall (Planer als Beauftragte des Bauherrn) ist die Beziehung des Bauherrn zu den Planern während der Ausführungsphase nicht wesentlich anders als beim Architektenverfahren mit Einzelunternehmern. Sie gelten als seine Hilfspersonen, und er ist für ihre Tätigkeit verantwortlich (Art. 4.2 AVB). Vorbehalten ist allerdings die Prüfungs- und Abmahnpflicht des Generalunternehmers.

Varianten für die Stellung der Planer in der Projektorganisation

Gegenüber den ausführenden Unternehmern jedoch haben die Planer eine völlig andere Stellung. Während beim konventionellen Verfahren die beauftragten Planer in ihrer Funktion als Bauleitung gegenüber den Unternehmern Weisungen erteilen, ist beim Generalunternehmerverfahren ausdrücklich festgehalten, dass sie (vorbehältlich einer anderen Vereinbarung) gegenüber dem Generalunternehmer nicht weisungsberechtigt sind (Art. 4.3 AVB). Weisungen jeder Art an den Generalunternehmer (beispielsweise betreffend Änderungen) müssen von der Bauherrschaft ausgehen. Auch die Freigabe (Genehmigung) der Ausführungspläne ist eine Bauherrentätigkeit. Der Generalunternehmer nimmt ausdrücklich an, dass alle ihm ausgelieferten Pläne vom Bauherrn genehmigt worden sind (Art. 11.2 AVB).

Variante B: Planer im Auftrag des Generalunternehmers

Beim zweiten Fall sind die Planer direkt dem Generalunternehmer unterstellt. Diese Variante der Projektorganisation hat für den Bauherrn den grossen Vorteil, dass der Generalunternehmer für deren Tätigkeit verantwortlich ist (Art. 6.2 AVB). Er übernimmt also auch die Haftung für Planmängel, was in der Praxis überaus bedeutsam sein kann. – Allerdings hat die an und für sich so verlockende Unterstellung der Planer unter den Generalunternehmer auch einen gewichtigen Nachteil: Die direkte Kommunikation des Bauherrn zu den Planern ist nicht mehr gewährleistet. Der Architekt insbesondere verliert seine Rolle als wichtigster Berater der Bauherrschaft aus der Planungsphase.

Der Bauherr muss deshalb bei den Überlegungen zur Einordnung der Planer in das Organigramm eine Güterabwägung vornehmen. Die zusätzliche Sicherheit hinsichtlich der Haftung des Generalunternehmers für Planmängel muss abgewogen werden mit dem Verlust des Architekten als wichtigstem Ratgeber.

  • Zum Begriff «Totalunternehmer» (Planer im Auftrag des Generalunternehmers)

Es fällt auf, dass sich Generalunternehmer häufig als Totalunternehmer bezeichnen, wenn sie in der oben beschriebenen Konstellation, Variante B, tätig sind. Aus meiner Sicht ist dies ziemlich verwirrend. Es wäre klarer, wenn sich ein Generalunternehmer nur dann als Totalunternehmer bezeichnen würde, wenn er von Anfang an auch für die Planung zuständig ist.

Betrachten wir dazu ein Beispiel. Für das Einkaufszentrum Westside in Bern ist ein internationaler Wettbewerb veranstaltet worden, den der renommierte Architekt Daniel Libeskind gewonnen hat (siehe Fotos hier). Das Projekt ist somit ein echtes Libeskind-Projekt, analog zu zahlreichen anderen Libeskind-Projekten in aller Welt. Trotzdem bezeichnet sich der Generalunternehmer, der das Projekt ausgeführt hat, als Totalunternehmer (Quelle: Zeitschrift «die baustellen», Langnau a.A., Januar 2012, Seite 7).

Pragmatische Mischlösung

Es ist oft so, dass der Bauherr mit dem Architekten während der Phase der Projektierung ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat, das er später in der Phase der Bauausführung nicht mehr missen möchte. Manchmal handelt es sich beim Architekten auch um einen langjährigen Vertrauten, der im Sinne eines Hausarchitekten immer wieder für Projekte beigezogen wird.

Speziell bei Gelegenheitsbauherren ohne eigene professionelle Bauherrenorganisation findet man daher hinsichtlich der Einordnung der Planer in die Projektorganisation gelegentlich eine Mischlösung der oben genannten Grundkonzepte: Der Architekt bleibt weiterhin dem Bauherrn unterstellt; die übrigen Planer sind neu unter der Leitung des Generalunternehmers tätig (siehe nachfolgende Abbildung). Auf dem Papier mag diese Organisation etwas verwirrend und kompliziert aussehen, in der Praxis bewährt sie sich aber bestens. Ich habe sie schon mit namhaften Generalunternehmern angewendet und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Der Architekt hat hier eine Doppelrolle in der Projektorganisation. Er kann den Bauherrn weiterhin unabhängig beraten, wirkt aber gleichzeitig als Leiter des Planungsteams während der Ausführungsplanung. – Kann dies nicht zu Konflikten führen? Durchaus, doch es muss nicht zwangsläufig schlecht sein, wenn bei einem Konflikt die Fronten klar erkennbar sind. Nehmen wir an, es gibt einen Disput über eine gestalterische Sachfrage, die mit Mehrkosten verbunden ist. Die beiden Kontrahenten, Architekt und Generalunternehmer, legen den Streitfall dem Bauherrn vor, der ohnehin entscheiden muss. Mit direkt vorgebrachten Argumenten haben beide gleich lange Spiesse, um sich durchzusetzen. Mit dem Entscheid, wie auch immer er ausfallen mag, können dann vermutlich beide Seiten gut leben.

  • Risiken für die Bauherrschaft

Die Lösung mit der direkten Unterstellung des Architekten unter die Bauherrschaft ist mit gewissen Risiken verbunden. Besonders zu erwähnen sind Planmängel. Allenfalls kann der Bauherr aber erreichen, dass der Generalunternehmer auch dann die Planungsgarantie übernimmt, wenn der Architekt nicht ihm direkt unterstellt ist. Näheres dazu siehe Absatz «Haftung für die Ausführungsplanung (Planbearbeitung)».

In der Praxis kann es auch geschehen, dass der Architekt mit der Lieferung von Plänen in Verzug gerät. Der Bauherr muss dann umgehend das Gespräch mit dem Planer suchen und ihn an seine Pflichten erinnern. Meistens nimmt der Generalunternehmer an dieser Unterredung auch teil. Gemäss meinen Erfahrungen lässt sich die nötige Beschleunigung dadurch erreichen.

Pragmatische Mischlösung für die Stellung der Planer in der Projektorganisation

Der Architekt als Ratgeber der Bauherrschaft

Bei der direkten Unterstellung steht der Architekt der Bauherrschaft während der Bauausführung weiterhin als neutraler Berater zur Verfügung. Seine Unterstützung kann Punkte wie die folgenden beinhalten:

Überwachung der Gesamtkosten

Der Leistungsumfang des Generalunternehmers beinhaltet wohl die Kontrolle eines grossen Teils der Kosten, aber nicht der gesamten Anlagekosten. Über den Kontrollumfang des Generalunternehmers hinaus müssen noch Kosten wie die folgenden überwacht werden: Honorare; Baunebenkosten; Betriebseinrichtungen; Mieterausbauten; Bauherrenleistungen etc.
Der Architekt, der die Kosten schon vor dem Auftreten des Generalunternehmers ermittelt hat, ist prädestiniert für diese übergeordnete Überwachung.

Kontrolle der Preise bei Änderungen

Bei Projektänderungen (Mehrbestellungen) ermittelt der Generalunternehmer vorgängig die Preise. Siehe dazu die Ausführungen über die Änderungswünsche des Bauherrn.
Bei komplexen Änderungen ist der Architekt, der vorgängig das Projekt ausgearbeitet hat, viel besser zu einer Beurteilung der Preise in der Lage als der Bauherr.

Beratung bei Projektänderungen

Neutrale Beratung der Bauherrschaft bei Projektänderungen in sachlicher Hinsicht.

Beratung bei Vermietungsfragen

Bei Mietobjekten fallen auf Bauherrenseite oft mannigfaltige Aufgaben bezüglich der Vermietung an (Machbarkeitsstudien für Mietinteressenten; Kostenvoranschläge und Baubeschriebe von Mieterausbauten etc.). Der neutrale Architekt kann die Bauherrschaft dabei wirksam unterstützen.

Bauabnahme

Unterstützung der Bauherrschaft bei der Abnahme des Werks vom Generalunternehmer; ev. vorzeitige Abnahmen bei Mieterausbauten.