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Änderungen

Änderungen werden in den Artikeln 20 bis 22 AVB behandelt.

Obwohl Änderungen an Projekt und Werkpreis in der Praxis eine relativ hohe Bedeutung haben, werden sie in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) nur auf zwei Seiten abgehandelt. Es werden drei Typen von Änderungen unterschieden: (A) notwendige Änderungen, (B) Änderungswünsche des Bauherrn und (C) Änderungsvorschläge des Generalunternehmers.

Typ A: Notwendige Änderungen

Änderungen gelten als «notwendig», wenn sie auf höhere Gewalt, neue behördliche Vorschriften und dergleichen zurückzuführen sind (Art 20.1 AVB). Ein häufiger Anlass für notwendige Änderungen sind Auflagen der Behörden, die im Rahmen der Baubewilligung gemacht werden. Beispiele sind Brandschutzauflagen oder Auflagen bezüglich der Versickerung von Meteorwasser.

Weitere notwendige Änderungen betreffen Mängel des Baugrundstücks, sofern diese nicht aus den Vertragsunterlagen hervorgehen. Die Mängel des Baugrundstücks haben wir weiter vorne im Detail betrachtet (Näheres siehe hier). Es geht dabei um Aspekte wie ungenügende Tragfähigkeit, Fels, Grundwasser, Altlasten etc. Seit der letzten Revision der Allgemeinen Bedingungen (AVB) 2008 ist im Text ebenfalls erwähnt, dass das Gleiche auch für ein allenfalls vorhandenes Gebäude gilt, das sich auf dem Baugrundstück befindet und das renoviert oder umgebaut werden soll: Auch hier führen Mängel der vorhandenen Bausubstanz, die nicht aus den Vertragsunterlagen hervorgehen, zu notwendigen Änderungen.

In den AVB ist vorgesehen, dass der Generalunternehmer die Mehrkosten infolge notwendiger Änderungen ausserhalb des vertraglichen Werkpreises offen abrechnen kann, einschliesslich der entsprechenden Honorare und der Risikoentschädigung (Art. 20.3 AVB). Die Bauherrschaft ist über notwendige Änderungen unverzüglich zu orientieren.

In der Praxis kann man auch feststellen, dass notwendige Änderungen nicht separat abgerechnet werden, sondern wie normale Änderungswünsche des Bauherrn betrachtet werden (siehe nächsten Absatz: «Typ B: Änderungswünsche des Bauherrn»). Der Werkpreis wird also aufgrund der Mehrkosten angepasst. Wir halten uns an diese Praxis und betrachten zwei Änderungen, die in mangelhafter Bausubstanz begründet sind, im nächsten Absatz bei den Änderungswünschen des Bauherrn.

Die Behandlung der notwendigen Änderungen (Typ A) bei den Änderungswünschen des Bauherrn (Typ B) scheint mir auch dadurch legitim zu sein, weil sich die beiden Typen von Änderungen oft nicht klar trennen lassen, insbesondere bei Mängeln der Bausubstanz. Betrachten wir dies anhand des nachfolgenden Beispiels 1 (Offerte für einen Änderungswunsch des Bauherrn). Auslöser der Projektänderung ist wohl eine baufällige Betonwand, die ersetzt werden muss. Neben dieser werterhaltenden Massnahme werden aber gleichzeitig andere (werterhöhende) Massnahmen beschlossen (Vergrösserung des Kellers; besserer Boden etc.).

Typ B: Änderungswünsche des Bauherrn

Analog dem gewöhnlichen Werkvertrag im Bauwesen (gemäss SIA-Norm 118) hat der Bauherr auch beim Generalunternehmer-Werkvertrag ein weitgehendes Recht auf Änderungen. In den Allgemeinen Bedingungen (AVB) ist nämlich vorgesehen, dass der Bauherr berechtigt ist, «jederzeit Änderungen gegenüber der in den Vertragsunterlagen festgelegten Ausführung zu verlangen» (Art. 21.1 AVB).

  • Vorgesehener Ablauf bei Projektänderungen

Die Generalunternehmer kultivieren bei Projektänderungen von jeher ein ausgefeiltes System von Genehmigung und Preisanpassung. Es kommt kaum vor, dass improvisiert geändert wird, wie man es etwa beim traditionellen Architektenverfahren gelegentlich antrifft. Es ist vorgesehen, dass eine vom Bauherrn in Betracht gezogene Projektänderung detailliert ausgearbeitet wird und die damit verbundenen Kostenfolgen berechnet werden. Die Offerte muss vom Bauherrn schriftlich akzeptiert werden (Art. 21.4 AVB). Erst nach der formellen Unterzeichnung wird die Projektänderung ausgeführt.

Nach der Annahme der Offerte durch den Bauherrn wird der Werkpreis entsprechend angepasst, meist nach oben. Betrachten wir dazu ein Beispiel (siehe unten, Beispiel 1). Nehmen wir an, die Werkvertragssumme (Kostendach) eines Generalunternehmerprojektes betrage 3 Mio. Fr. (siehe dazu auch die Tabelle hier, Beispiel 2). Nach der Annahme der Offerte für die Änderung im Umfang von 40 320 Fr. erhöht sich der Werkpreis (Kostendach) auf 3 040 320 Fr.

Beispiel 1: Offerte für einen Änderungswunsch des Bauherrn

  • Abweichungen vom Standardvorgehen in der Praxis

Das oben beschriebene Standardverfahren bei Projektänderungen mit Angebotsausarbeitung, Annahme und Preisanpassung kann in der Praxis nicht immer eingehalten werden. Es kommt stets wieder vor, dass Bauherr und Generalunternehmer Änderungen gemeinsam beschliessen, ohne dass der Preis vorgängig genau ermittelt wird. Es gibt zwar eine ungefähre Ermittlung des Preises und auch einen formellen Entscheid über die Ausführung der Änderung, aber keine unterzeichnete Offerte mit einem genauen, verbindlichen Preis. Siehe dazu das nachfolgende Beispiel, bei dem es um die Sanierung von bestehender Bausubstanz geht (Beispiel 2: Projektänderung ohne genaue Ermittlung des Preises).

Beispiel 2: Projektänderung ohne genaue Ermittlung des Preises

Bei Projektänderungen im Bereich der Umgebung kann sich das gleiche Problem stellen, dass der Mehrpreis einer Projektänderung nicht genau festgelegt werden kann. Nehmen wir an, dass eine bestehende unterirdische Starkstromleitung umgelegt werden muss, weil die Umgebungsgestaltung anders ausgeführt wird als geplant. Auch hier ist es nicht so einfach, die Kosten vorgängig zuverlässig abzuschätzen, weil nicht einmal der Verlauf der Starkstromleitung genau bekannt ist.

Aus meiner Sicht ist das Vorgehen legitim, eine Projektänderung zu beschliessen, ohne den Preis vorgängig verbindlich zu ermitteln. Dies gilt insbesondere beim heute oft angewendeten Verfahren der offenen Abrechnung mit Kostendach. Hier ist ohnehin jede Zahl für den Bauherrn einsehbar. Darum ist es vertretbar, den genauen Preis der Änderung erst dann zu ermitteln, wenn alle Kostendaten vorliegend: bei der Schlussabrechnung. Das Kostendach wird somit erst zu diesem Zeitpunkt um die genauen Beträge der Änderungen angepasst. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Kontrolle der Schlussabrechnung durch den Bauherrn entsprechend aufwendiger wird. Siehe dazu Abschnitt «Schlussabrechnung».

Etwas anders ist es beim Vertragsmodell mit Pauschalpreis. Hier ist es angezeigt, Änderungen genau nach dem oben beschriebenen Standardverfahren durchzuführen (siehe Ausführungen zu «Vorgesehener Ablauf bei Projektänderungen», weiter oben).

Typ C: Änderungsvorschläge des Generalunternehmers

In den Allgemeinen Bedingungen (Art. 22 AVB) ist von kleineren Änderungen die Rede, die der Generalunternehmer von sich aus vornehmen kann, und von grösseren Änderungsvorschlägen, die er dem Bauherrn zu unterbreiten hat. Diese können unter anderem der Verbesserung der Qualität dienen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Bauherrschaft oft durchaus empfänglich ist für Änderungsvorschläge des Generalunternehmers. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Baubeschrieb auf einem (zu) tiefen Qualitätsniveau basiert. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Bauherr den Generalunternehmer ausdrücklich ermuntert, den Baubeschrieb kritisch zu beurteilen und konstruktive Vorschläge für Änderungen zu unterbreiten. In aller Regel ist der Bauherr nämlich nicht an möglichst geringen Kosten interessiert, sondern an einem optimalen Verhältnis zwischen Preis und Leistung. Da der Generalunternehmer diesbezüglich oft über vielfältige Erfahrungen verfügt, sind seine Empfehlungen erwünscht.

Anlässe für Änderungswünsche des Bauherrn

Es gibt vielfältige Anlässe für mögliche Änderungswünsche des Bauherrn (siehe oben: «Typ B: Änderungswünsche des Bauherrn»). Nachfolgend gehen wir einigen wichtigen Ursachen und Beweggründen nach.

  • Anlass 1: Erhöhung des Standards

Eine erste Kategorie von Änderungen betrifft die Erhöhung des Ausbaustandards im Vergleich zu den Spezifikationen im Baubeschrieb. Dazu zählt auch die Ästhetik. Bei jedem Projekt gibt es einige Bauteile, bei denen aus gestalterischen Gründen mehr Geld ausgegeben wird als ursprünglich geplant. Es kann dabei um das Verputzen von Treppenuntersichten gehen, die ursprünglich roh vorgesehen sind, oder um das Streichen der Decken mit weisser Farbe in den Parkgeschossen. – Auch bei der Dauerhaftigkeit kann der Standard erhöht werden (z.B. einbringen von Gussasphalt im Parkhaus, was die Korrosion reduziert). – Es kann auch um Gesichtspunkte gehen wie Sicherheit (z.B. leistungsfähigeres Schliesssystem) oder Komfort (z.B. höherwertige Ausstattung der Küche).

  • Anlass 2: Veränderte Nutzung

Eine weitere Ursache für Änderungswünsche des Bauherrn sind Änderungen bei der vorgesehenen Nutzung. Bei Geschäftshäusern, die zur Vermietung vorgesehen sind, kommt dies häufig vor. Stellen wir uns vor, dass in einem Geschoss statt des ursprünglich vorgesehenen Fachmarkts neu ein Rechenzentrum oder eine Kantine untergebracht werden sollen. Dies hat zur Folge, dass unter Umständen Teile des Grundausbaus angepasst werden müssen (beispielsweise die Lüftung).

  • Anlass 3: Umgebung

Es ist nicht selten, dass bei der Gestaltung der Umgebung zusätzliche Wünsche auftauchen. Erfahrungsgemäss scheint es bei der Umgebung schwierig zu sein, die Bedürfnisse im Baubeschrieb und in den Plänen genau erfassen zu können. In der Regel ist ein Mix von Ursachen verantwortlich für die Änderungen: Man weiss nicht genau, was sich unter der Oberfläche befindet (Leitungen? alte Tanks?), man kennt die Auflagen der Behörden nicht genau (Versickerungsanlagen? Verkehrsführung? Beleuchtung?), und mit den Nachbarn hat man sich auch noch nicht bis ins Detail abgesprochen. – Der Bauherrschaft kann darum nur bestens empfohlen werden, beim Formulieren der Anforderungen an die Umgebung in Baubeschrieb und Vertragsplänen besondere Vorsicht walten zu lassen.

  • Anlass 4: Umbauten und Sanierungen

Bei Umbauten und Sanierungen ist die Wahrscheinlichkeit erfahrungsgemäss speziell hoch, dass Änderungen vorgenommen werden müssen. Hauptursache ist in aller Regel der Zustand der Bausubstanz, der zu wenig genau bekannt ist. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Zustand grundsätzlich erkennbar ist oder nicht.

— Bauzustand grundsätzlich erkennbar
Der wahre Zustand der Bausubstanz ist nicht erkannt worden, obwohl eine Diagnose an und für sich möglich gewesen wäre. Dies ist etwa der Fall bei Decken, die (anders als vermutet) nicht horizontal sind, sondern durchhängend oder leicht geneigt sind. Auch bei einem windschief verzogenen Dachstuhl aus Holz wäre es bei einer genauen Analyse möglich gewesen, die geometrischen Unregelmässigkeiten zu erkennen.

— Bauzustand NICHT erkennbar
Der Zustand der Bausubstanz ist mit vernünftigem Aufwand gar nicht erkennbar gewesen. Dies trifft etwa auf Wände und Decken zu, deren schlechter Zustand erst im Verlaufe der Bauarbeiten ersichtlich ist. Auch beim Aussenputz zeigt sich oft erst dann, wenn das Gerüst steht, dass es Hohlstellen gibt und der Putz ersetzt werden muss.

Bei Umbauten und Sanierungen muss man damit leben, dass man nie vollständig weiss, wie es um die vorhandene Bausubstanz steht. Bei einer guten Diagnose im Vorfeld des Bauens ist das Risiko von Änderungen (Mehrbestellungen), die sich auf falsche Einschätzungen zum Zustand des vorhandenen Bauwerks beziehen, aber überschaubar. Bei der Bestandesaufnahme zur Bausubstanz geht es somit darum, alles zu erkennen, was mit vertretbarem Aufwand erkennbar ist. Darauf gehen wir im Abschnitt «Risiken bei Umbauten und Sanierungen» näher ein.

Reserve des Bauherrn für Projektänderungen

Die Erfahrung zeigt, dass Projektänderungen praktisch bei jedem Bauvorhaben zu erwarten sind. Wir wollen bei dieser Betrachtung nicht unterscheiden, ob es sich dabei um notwendige Änderungen handelt (Auflagen der Behörden, Baugrund etc.) oder um freie Änderungswünsche des Bauherrn. Der Bauherrschaft wird in jedem Fall empfohlen, dafür einen Reservebetrag vorzusehen. Die änderungsbedingten Mehrkosten liegen üblicherweise im Bereich von etwa 2 bis 5% der Anlagekosten, wobei je nach Projekt erhebliche Unterschiede zu erwarten sind.

  • A. Projekte mit geringen Risiken

Bei Standardprojekten ohne besondere Risiken empfehle ich eine Reserve für Projektänderungen von etwa 2% der Bausumme. Es kann sich dabei beispielsweise um ein Geschäftshaus handeln mit 10 000 m2 Bürofläche und einer Werkvertragssumme von 20 Mio. Fr. Die Reserve für Projektänderungen beträgt in diesem Fall 400 000 Fr.

  • B. Projekte mit erhöhten Risiken

Es gibt verschiedene Gründe für erhöhte Risiken: unsicherer Baugrund bei Neubauten, Unsicherheiten über den Zustand der Bausubstanz bei Umbauten und so weiter. In solchen Fällen ist eine Reserve für Mehrkosten (Zusatzbestellungen) von 5 bis 10% empfehlenswert, sofern Teile dieser Risiken nicht ausdrücklich in den Generalunternehmer-Werkvertrag eingeschlossen werden können. In einigen Fällen ist dies allenfalls möglich (Zustand der Bausubstanz), bei anderen vermutlich nicht oder höchstens teilweise (Beschaffenheit des Baugrundes).

Nehmen wir als einfaches Beispiel zur Illustration der genannten Zahlen ein Einfamilienhaus, das auf einem etwas problematischen Baugrund erstellt werden soll. Selbst wenn ein geologisches Gutachten vorliegt, kann über die baulichen Massnahmen im Detail erst an Ort und Stelle bei offener Baugrube entschieden werden. Im ungünstigen Fall können die Mehrkosten für die Verbesserung des Baugrundes ohne Weiteres 40 000 Fr. ausmachen. Bei Anlagekosten von 600 000 Fr. (ohne Land) ergibt sich dadurch eine Kostenüberschreitung von rund 7%.

Die Reserve des Bauherrn für Projektänderungen beim Generalunternehmermodell hat eine Entsprechung bei der traditionellen Bauausführung (Architektenmodell). Die Reserven für Projektrisiken werden dort offen im Kostenvoranschlag verbucht. Im Beispiel hier etwa befinden sich die Reserven für Projektrisiken in der Hauptgruppe BKP 6 «Rückstellungen und Reserven» und betragen 30 000 Fr. (rund 3% der Anlagekosten). Konkret kann es sich dabei, wie weiter oben schon erwähnt, um Risiken handeln wie Auflagen aus Baubewilligung oder mangelhafter Baugrund. Vielleicht gibt es ergänzend zu diesen offen im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Reserven noch eine unsichtbare Reserve des Bauherrn, die wir als Bauherrenreserve bezeichnet haben. Mit dieser Bauherrenreserve werden völlig freie Zusatzwünsche des Bauherrn finanziert.