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Ratschläge für Architektenverträge für Einfamilienhäuser

Nachfolgend liste ich einige Hinweise auf, die für Bauherren nützlich sein können, die mit einem Architekten einen Planervertrag für ein Einfamilienhaus abschliessen wollen.

 

  • A. Vertrag frühzeitig schriftlich abschliessen

Dies ist die wohl wichtigste Empfehlung überhaupt, und zwar nicht nur bei Einfamilienhäusern, sondern bei allen Bauvorhaben. Der Architektenvertrag soll vor der Arbeitsaufnahme schriftlich abgeschlossen werden. Je nach Situation ist es empfehlenswert, mit mehreren Interessenten für den Auftrag Gespräche zu führen.

 

  • B. Honorar pauschal vereinbaren

Dieser Ratschlag ist wesentlich leichter gesagt als in die Tat umgesetzt. Praktisch jede Ratgeberpublikation für Bauherren empfiehlt, das Architektenhonorar pauschal zu vereinbaren. Nirgendwo wird aber gesagt, wie gross dieses Pauschalhonorar sein solle. Diese Schrift drückt sich nicht davor und nennt Zahlen.

Pauschale Honorare sind bei Einfamilienhäusern möglich, weil es sich in den meisten Fällen um alltägliche, wohlvertraute Planungsaufgaben handelt. Zudem ist der Investitionsrahmen und somit die Grösse des Projektes in der Regel zwingend vorgegeben. Es ist nicht einsichtig, wieso es für derartige exemplarische Standardaufgaben nicht auch einen Standardpreis für die Architektenarbeit geben sollte. Wenn ein Architekt aufgrund eines einigermassen verbindlichen Pflichtenheftes der Bauherrschaft das Honorar nicht verbindlich angeben kann, darf man sich die Frage stellen, ob er der Aufgabe überhaupt gewachsen ist.

Es sind vorwiegend professionelle Bauherren (oder solche, die sich von Profis beraten lassen), die in der wirtschaftlichen Realität Pauschalhonorare für Einfamilienhäuser vereinbaren. Es zeigt sich, dass diese Honorare in der Regel einiges unter den Kostentarifen liegen, die sich gemäss der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) ergeben würden. In der nachfolgenden Tabelle sind einige Richtwerte für Pauschalhonorare angegeben, die für erste Budgetzwecke verwendet werden können. Sie basieren auf den (allerdings nicht zwingend repräsentativen) Marktbeobachtungen des Autors und sind bewusst knapp angesetzt. Der erzielbare pauschale Marktpreis kann, abhängig von Aufgabe und Marktlage, durchaus auch höher sein.

Wir interpretieren die Tabelle anhand eines Beispiels. Wir gehen davon aus, dass die Anlagekosten eines Wohnhauses (ohne Land) 600 000 Fr. betragen. Erfahrungsgemäss sind etwa 80% dieser Summe honorarberechtigt, also etwa 480 000 Fr. Gemäss SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) wird das Honorar gemäss einer Formel ermittelt, die wir an anderer Stelle detailliert behandelt haben («Formel für den Kostentarif»). Wenn wir für die Faktoren n und q den Wert 1 wählen, was für Einfamilienhäuser üblich ist, und für p den Tabellenwert 19.5% einsetzen (Tarif 1998), kommen wir auf ein Honorar von 94 000 Fr. Diese Summe entspricht dem normalen Honorar nach Kostentarif für das Jahr 1998, wobei zu berücksichtigen ist, dass die p-Werte zurzeit ungewöhnlich hoch sind: Infolge der gedrückten Baupreise ergibt eine bestimmte Bausumme momentan prozentual mehr Honorar als in wirtschaftlich normalen Zeiten (siehe «Formel für den Kostentarif»; Absatz «Honorar-Grundprozentsatz p»). Dem errechneten Wert für das Honorar gemäss Honorarformel ist ein Richtwert für ein Pauschalhonorar gegenübergestellt, der auf dem Markt erzielt werden dürfte. Im Beispiel beträgt dieser Marktpreis 60 000 Fr., also etwa einen Drittel weniger als das Honorar nach Kostentarif.

Richtwerte für Architektenhonorare von Einfamilienhäusern

Honorar im Kostentarif
Berechnung gemäss SIA-Honorarordnung 102
Annahmen: Schwierigkeitsgrad n = 1; Leistungsanteil q = 1

Anlagekosten; ohne Land
(in 1 000 Fr.)
400
500
600
700
800
davon honorarberechtigt
(Annahme: 80%)
320
400
480
560
640
Honorar-Grundprozent p (%);
Tarif 1998
21.2
20.2
19.5
18.8
18.3
Honorar im Kostentarif
(in 1 000 Fr.)
68
81
94
105
117
Richtwerte Pauschalhonorar
Schätzungen Autor (in 1 000 Fr.)
50
55
60
65
70

Die durch Verhandlung erreichbaren Pauschalhonorare sind abhängig von der Kostenstruktur und der Arbeitsweise der kontaktierten Architekturbüros. Günstig arbeiten können jene, die ähnlich wie Typenhausanbieter hochgradig spezialisiert sind und ihre Leistungen baukastenartig erbringen. Repetition ist gefragt, nicht Einzigartigkeit. Kostenbewusste Architekturbüros verwenden immer wieder gleiche oder ähnliche Bausteine, seien es Grundrisselemente, Detaillösungen oder Leistungsverzeichnisse.

Selbstverständlich sind günstige Pauschalhonorare nur bei gängigen Standardhäusern zu erwarten. Aufwendig gestylte Unikate, sogenannte Designerhäuser, beanspruchen einen überdurchschnittlichen Aufwand an Architektenarbeit und sind vermutlich nicht einmal im normalen Kostentarif kostendeckend.

 

  • C. Leistungen bereinigen

Zusammen mit der Höhe des Honorars müssen vor Vertragsabschluss die Leistungen des Architekten bereinigt werden. Der Leistungsbeschrieb (Leistungen als Basis der Honorarberechnung) in der SIA-Honorarordnung 102 ist für diese Diskussion eine gute Grundlage. Meines Erachtens sollte er vor jedem Vertragsabschluss anlässlich eines ein- bis zweistündigen Gesprächs zwischen Bauherrschaft und Architekt intensiv besprochen werden. Als Vorbereitung für die Diskussion erstellt die Bauherrschaft eine Liste mit Fragen und Anregungen. Alles, was während des Projektes irgendwie speziell sein könnte, soll auf den Tisch kommen. Nachfolgend gebe ich dazu einige Anregungen.

– Einliegerwohnung
Nehmen wir an, die Bauherrschaft sehe in ihrem Einfamilienhaus eine Einliegerwohnung vor, ist sich über die räumliche Lösung aber noch nicht schlüssig. In diesem Fall hält sie im Leistungsbeschrieb mit Vorteil fest, dass der Architekt die in Frage kommenden Möglichkeiten untersuchen solle. Der entsprechende Aufwand wird bereits in die Honorarberechnung einbezogen.

– Eigenleistungen
Präzisierungen sind empfehlenswert, wenn die Bauherrschaft Eigenleistungen erbringen will. Damit verbundene Sachfragen (Honorierung, Bauleitung, Abrechnung, Haftung etc.) müssen geregelt werden.

– Genauigkeit der Kostenermittlung
Meines Erachtens sollte die Genauigkeit bei der Baueingabe 10% betragen und beim Kostenvoranschlag 5% (siehe auch Kapitel 10).

Vielfach kann die Bauherrschaft durch einen projektbezogen angepassten Leistungsbeschrieb erreichen, dass keine Zusatzleistungen des Architekten nötig werden, die separat zu honorieren sind. Alle absehbaren Leistungen des Architekten werden somit bereits in die Grundleistungen eingeschlossen. Dies ist aber nicht in jedem Fall möglich. Wenn man beispielsweise überhaupt nicht weiss, welchen Aufwand die Denkmalpflege verursacht, kann auch kein Aufwand abgeschätzt werden.

Bei nicht voraussehbaren Zusatzleistungen ist eine Vorsichtsmassnahme empfehlenswert. Im Architektenvertrag soll präzisiert werden, dass Zusatzleistungen nur honoriert werden, wenn der (ungefähre) kostenmässige Aufwand vor Beginn schriftlich vereinbart wird. Eine ähnliche Klausel ist zwar bereits in der SIA-Honorarordnung 102 enthalten, aber viel schwächer formuliert: «Die Ausführung von Zusatzleistungen ist vorgängig zu vereinbaren» (Art. 3.2.3 SIA 102). Damit ist nur gesagt, dass die Bauherrschaft Zusatzleistungen, die der Architekt von sich aus ausführt, nicht bezahlen muss. Wenn der Architekt aber auch die ungefähren Kosten anzugeben hat, kann die Bauherrschaft vermeiden, dass ihr am Schluss ein Phantasiepreis verrechnet wird wie Herrn Müllermeyer im Beispiel am Anfang dieses Abschnittes.

Ein bereinigter Leistungsbeschrieb auf der Basis der SIA-Honorarordnung 102, wie er hier beschrieben wird, kann als Vorstufe zum neuen Leistungsmodell 95 angesehen werden. Dort werden nicht nur einige spezielle Punkte, sondern die gesamte Planerleistung projektbezogen festgelegt. Für nicht sachverständige Bauherrschaften ist dieses Unterfangen meiner Ansicht nach allerdings kaum praktikabel.

 

  • D. Bonus

Ein Bonus als Anreiz zum kostenbewussten Planen ist meines Erachtens auch bei Einfamilienhäusern möglich, obwohl von vielen Fachleuten meistens das Gegenteil behauptet wird. Eine gute Grundlage für eine Bonus-Vereinbarung ist der genehmigte Kostenvoranschlag. In der nachfolgenden Tabelle ist dargestellt, wie eine Vereinbarung konzipiert werden kann.

Architektenauftrag für ein Einfamilienhaus:
Beispiel einer Bonus-Vereinbarung

Ausgangslage
genehmigter Kostenvoranschlag (ohne Land)
460 000 Fr.
pauschales Architektenhonorar
52 500 Fr.
Vereinbarung zum Bonus
• von den Einsparungen bis zu einer Summe von 10 000 Fr. erhält der Architekt 15%
• von den darüberliegenden Einsparungen erhält der Architekt 25%
• Projektänderungen, die von der Bauherrschaft angeordnet werden, haben keinen Einfluss auf den Bonus
• nach jeder Projektänderung aktualisiert der Architekt den Kostenvoranschlag
Prinzip der Aktualisierung des Kostenvoranschlags
genehmigter Kostenvoranschlag (ohne Land)
460 000 Fr.
Projektänderung 1: Mehrkosten Cheminée
10 000 Fr.
Projektänderung 2: Minderkosten Garage
– 30 000 Fr.
Projektänderung 3: Mehrkosten Abstellplatz
5 000 Fr.
aktualisierter Kostenvoranschlag
445 000 Fr.
Ermittlung der Kosteneinsparung
aktualisierter Kostenvoranschlag
445 000 Fr.
abzüglich effektive Schlussabrechnung
427 000 Fr.
Kosteneinsparung somit
18 000 Fr.
Bonusberechnung
15% Bonus für erste 10 000 Fr. Einsparung
1 500 Fr.
25% Bonus für die weiteren 8 000 Fr. Einsparung
2 000 Fr.
gesamter Bonus für Architekt somit
3 500 Fr.