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Beispiel 1: Honorarfragen Einfamilienhaus

Ein erheblicher Anteil aller Architektenaufträge werden für Bauvorhaben erteilt, die nicht grösser als Einfamilienhäuser sind. In den meisten Fällen zeichnen sich derartige Planungsmandate durch eine ausgesprochen unheilige Allianz aus: Es geht um (relativ) viel Geld, die Vertragsbedingungen sind ausgesprochen kompliziert – und die Bauherren als Auftraggeber sind völlig unwissend.

In diesem Abschnitt gehen wir der Frage nach, was Einfamilienhausbauer eigentlich über Honorare wissen sollten.

Eine Warnung oder die Geschichte von Herrn Müllermeyer

Es muss keineswegs schlecht herauskommen, wenn sich ein nicht sachkundiger Bauherr auf ein Bauabenteuer einlässt. Es gibt viele Architekten, die sich in erster Linie als Treuhänder des Bauherrn verstehen, diesen nach bestem Wissen und Gewissen beraten und in Sachen Honorierung fair sind. Es gibt aber auch andere. Von einem exemplarischen Beispiel möchte ich nachfolgend berichten. Nennen wir es die Geschichte von Herrn Müllermeyer.

Herr Müllermeyer wartet auf die Baubewilligung für sein Einfamilienhaus. Da er nicht restlos überzeugt ist von seinem Architekten, bittet er mich als neutralen Fachmann, das Projekt einmal kritisch anzuschauen. Den Architekten hat er gewählt, weil einige seiner Bekannten bereits mit ihm gebaut haben. Einen Ruf als guten Gestalter hat er nicht, dafür sagt man ihm nach, er sei auf der Baustelle recht souverän. In gestalterischer Hinsicht erweist sich der Architekt denn auch als völlig unbegabt. Der Bauherr entwirft (als gelernter Informatiker) das Haus selber – und nicht einmal so schlecht, wie ich zugeben muss. Es entsteht ein lustiges Hexenhäuschen. Der Architekt begnügt sich in der Planungsphase damit, die CAD-Zeichnungen seines Bauherrn abzuzeichnen (von Hand ...) und als Baueingabe einzureichen.

Immerhin komme ihm der Architekt finanziell entgegen, meint Herr Müllermeyer. Er habe ihm versichert, dass er für das Projekt weniger bezahlen müsse als normalerweise üblich. Einen Architektenvertrag kann er mir allerdings nicht vorweisen, obwohl er ihn schon vor Monaten verlangt hat. Dafür hat er bereits zwei Honorarrechnungen erhalten und eine davon schon seit längerem bezahlt.

Ich werfe einen Blick in die beiden Rechnungen. Der Befund ist in hohem Masse verblüffend. Aus der neueren Rechnung geht hervor, dass der Architekt seine Leistungen keineswegs günstig verrechnet, wie er dem Bauherrn gegenüber behauptet. Die Faktoren, die er in die Honorarformel einsetzt, ergeben ein recht üppiges Honorar. Sehr interessant ist aber die erste Rechnung. Sie betrifft Aufwendungen ganz am Anfang der Projektierung. In Absprache mit der Gemeinde hat der Architekt das fertig ausgearbeitete Projekt zuerst im Sinne einer Voranfrage eingereicht, weil einige Erschliessungsfragen noch nicht geklärt gewesen sind. Nach dem positiven Vorentscheid ist die eigentliche Baueingabe nur noch eine Formsache gewesen. Der Architekt hat das Projekt nicht ändern müssen, mit Ausnahme einer kleineren Modifikation, die der Bauherr verlangt hat. Die nochmalige Eingabe hat nur einen bescheidenen Zusatzaufwand verursacht. Das hat den Architekten jedoch nicht daran gehindert, dafür eine happige Entschädigung zu verlangen: Er hat sich die ganze Projektierung praktisch doppelt vergüten lassen.

Nach meinen Abklärungen muss Herr Müllermeyer ernüchtert feststellen, dass er Pech gehabt hat mit seinem Architekten. Dieser ist zwar schwach im Entwurf, aber das hat er immer gewusst, und das nimmt er in Kauf. Es beschäftigt ihn viel mehr, dass er ihm nicht einmal finanziell entgegengekommen ist, wie er ihm vorgegaukelt hat. Im Gegenteil, er hat eine an sich banale Planänderung sündhaft teuer verrechnet.

Die Geschichte von Herrn Müllermeyer ist wahr. Sie hat sich, mit einigen unbedeutenden Änderungen, so zugetragen. Sie zeigt exemplarisch auf, dass Bauherren den Architekten ausgeliefert sind und gelegentlich gnadenlos geschröpft werden, ohne dass sie es überhaupt merken. Es ist eine Besonderheit des Bauens, dass es dabei nicht um kleine Summen geht. Selbst sogenannte Zusatzleistungen von Architekten können schnell einmal Beträge erreichen, für die ein normaler Berufstätiger monatelang arbeiten muss.