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Architekturbüros für unterschiedliche Bauaufgaben

Je nach Situation sind Architekturbüros mit sehr unterschiedlichen Leistungsprofilen für eine bestimmte Bauaufgabe am besten geeignet. Nachfolgend gebe ich einige Hinweise, wie für ausgewählte Projekte das ideale Architekturbüro aussehen kann.

Beispiel 1: Neubau eines Einfamilienhauses

Bei diesem ersten Beispiel geht es um ein ganz normales Einfamilienhaus, bei dem die Kosten eine wesentliche Rolle spielen. Objekt der Begierde ist also nicht ein sogenanntes (meist nicht ganz billiges) Designerhaus, wo eine spezielle, oft ausgefallene Ästhetik im Vordergrund steht. Am besten wählt man für ein derartiges konventionelles Wohnhaus ein Architekturbüro, das sich auf diese Bauaufgabe spezialisiert hat. Natürlich kann grundsätzlich jeder Architekt ein Einfamilienhaus bauen, aber die wirklich ökonomischen Lösungen bleiben dem Planer vorbehalten, der sich Jahr und Tag damit befasst. Seine ganze Arbeitsweise ist auf kleinere Projekte ausgelegt. Idealerweise verwendet er immer wieder leicht angepasste Varianten der gleichen erprobten Konstruktionen. Aus langer Erfahrung hat er ein gutes Gefühl für kostengünstige Lösungen und weiss, welche Bauweisen am wenigsten auf Bauschäden anfällig sind. Detailzeichnungen, Werkpläne und Ausschreibungsunterlagen sind bis zu einem gewissen Grad modular. Weil er das Rad nicht ständig neu erfindet, kann er im Normalfall auch bei kleinen Projekten seine Aufwendungen durch das Honorar decken.

Noch einen Schritt weiter gehen die Typenhausanbieter. Die Standardisierung ist hier konsequent zu Ende geführt. Die Bauherrschaft bestellt ganze Bauwerke ab Katalog, wobei in der Regel Anpassungen an Kundenwünsche möglich sind. Die Preise kann sie einer Preisliste entnehmen. - Die Grenzen zwischen Typenhausanbietern und spezialisierten Einfamilienhaus-Architekten sind allerdings fliessend. Auch letztere verfügen teilweise über Kataloge mit typisierten Objekten, und einige bieten sogar komplette Bauwerke pauschal im Werkvertrag an (Generalunternehmer-Prinzip).

Die spezielle Arbeitsweise von Einfamilienhaus-Architekten zeigt sich an einem bezeichnenden Detail: Die Besprechungen mit der Bauherrschaft finden vielfach an Abenden oder an Samstagen statt. Büros dagegen, die vorwiegend Grossaufträge bearbeiten, sind an einen Zeitplan gewöhnt, der sich innerhalb der normalen Geschäftszeiten abspielt.

Anhaltspunkte für die Konzeption des Architektenvertrags sowie die Bemessung des Honorars bei Einfamilienhäusern finden sich im Abschnitt «Honorarfragen Einfamilienhaus».

Beispiel 2: Umbau eines Rusticos im Tessin

Nehmen wir an, Sie haben auf einer Alp in einem Tessiner Bergtal einen baufälligen Stall erworben und möchten diesen zu einer Ferienwohnung umbauen. Sie sind ein kulturell engagierter Mensch und wollen, dass das alte Gebäude durch den Umbau seinen ursprünglichen Charakter behält. Wodurch zeichnet sich das ideale Architekturbüro für diese sehr spezielle Aufgabe aus?

Die idealen Planer beherrschen nicht nur das normale Architektenhandwerk, sie sind eigentliche Spezialisten für Umbauten von historischen Gebäuden. Sie verfügen über ein fundiertes Wissen der lokalen Architekturgeschichte, erworben beispielsweise durch eine Spezialausbildung in Denkmalpflege. Die traditionellen Baukonstruktionen wie Steindächer oder Bruchsteinmauern sind ihnen bestens vertraut. Sie kennen auch die Handwerker, welche die alten Bautechniken noch pflegen. Vor nicht alltäglichen Anforderungen der Bauleitung schrecken sie nicht zurück. Besuche bei abgelegenen Baustellen sind für den Bauleiter kleine Bergtouren, die mit den Plänen im Rucksack unternommen werden.

Berufliche Allrounder mit einer Ausbildung als Architekt sind bei Umbauten, wo relativ viel improvisiert werden muss, die idealen Leute. Sie machen von der Planung bis zur Bauleitung alles selber, wobei sie mit Vorteil in einem kleinen Team arbeiten. Echte Profis kennen sich auf vielen Gebieten, die an die eigentliche Architektentätigkeit angrenzen, aus. Für die Optimierung der Wärmedämmung beispielsweise ziehen sie kaum einen Bauphysiker bei.

Es ist nicht einfach, die wirklich guten Fachleute für die beschriebene Bauaufgabe zu finden. Am besten fragt man herum und vertraut auf persönliche Empfehlungen. Auf Werbung in Zeitungen sollte man skeptisch reagieren. Wer nämlich im Kanton Tessin Planungsaufträge des Staates erhalten will (und die guten Fachleute wollen das), darf keine Werbung betreiben.

Für die Honorierung derart spezieller Planungsleistungen ist meines Erachtens die SIA-Honorarordnung 102 (Kostentarif) nur beschränkt geeignet. Das Honorar wird daher mit Vorteil projektbezogen festgelegt.

Beispiel 3: Fabrikerweiterung

Im Vordergrund steht für diese Bauaufgabe ein nicht allzu kleines Architekturbüro, das erfahren ist auf dem Gebiet des Industriebaus. Grosses Gewicht würde ich auf eine effiziente Firmenleitung legen, die weiss, wie kostengünstig geplant und gebaut werden kann. Sie verfolgt das Projekt laufend mit wachem Auge und sorgt dafür, dass es nie vom richtigen Pfad abdriftet.

Meiner Ansicht nach reicht es aus, wenn der grösste Teil der Arbeit von lediglich zwei kompetenten Fachleuten geleistet wird, die sich optimal ergänzen. Die eine Person ist ein möglicherweise jüngerer Allround-Architekt, der sich zuerst mit dem Entwurf befasst und anschliessend mit der Ausführungsplanung. Die andere ist ein gestandener Bauleiter, der seine Pappenheimer kennt und dem man in Sachen Qualität, Kosten und Termine nicht so schnell etwas vormachen kann. Beide arbeiten eng zusammen, idealerweise Tisch an Tisch. Bei Bedarf werden sie von weiteren Fachleuten aus dem Büro unterstützt, insbesondere bei der Zeichenarbeit.

Die Planungskosten sind bei dieser günstigen Ausgangslage (kleines Team, hohe Qualifikation) bescheiden. Die Bauherrschaft kann sich sogar überlegen, die Planungsarbeiten nach Aufwand (im Zeittarif) abzurechnen. Siehe «Beispiel 3: Honorare im Zeittarif».

Beispiel 4: Verwaltungsgebäude

Ein wichtiger Aspekt ist bei dieser Bauaufgabe eine gewisse gestalterische Handschrift, denn das Gebäude soll in den meisten Fällen eine repräsentative Wirkung ausstrahlen. Ein naheliegender Weg ist daher die Verpflichtung eines renommierten Architekturbüros, das beispielsweise Wettbewerbserfolge bei ähnlichen Aufgabenstellungen aufweisen kann.

Falls die Bauherrschaft (aufgrund konkreter Anhaltspunkte) beim vorgesehenen Büro an der Kompetenz hinsichtlich Kosten und Terminen zweifelt, kann sie dessen Auftragsumfang einschränken. Eine erste Möglichkeit ist die Abspaltung von Kostenplanung und örtlicher Bauleitung vom Gesamtauftrag und der Beizug von ausgewiesenen Spezialisten, denen diese Aufgaben (im Auftragsverhältnis) übertragen werden (siehe Absatz «Abspaltung von Architektenleistungen»). Eine weitere Möglichkeit ist die Bauausführung (im Werkvertrag) durch einen Generalunternehmer (Kapitel 12).