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Einige Kriterien für die Auswahl des Architekturbüros

In den letzten Abschnitten haben wir festgestellt, dass es auf dem Markt ausgesprochen verschiedenartige Architekturbüros gibt. Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Grundhaltung hinsichtlich der architektonischen Gestaltung, sondern auch durch den Grad der Spezialisierung, die Firmengrösse und viele weitere Gesichtspunkte.

Im folgenden gehen wir auf einige Kriterien näher ein, die nützlich sein können, um für eine bestimmte Bauaufgabe das passende Büro auszuwählen.

Kriterium 1: Architektonische Qualität

Obwohl eine objektive Definition der architektonischen oder planerischen Qualität kaum möglich ist (vgl. Kapitel 5), besteht trotzdem Einigkeit darüber, dass die Güte der Arbeit ein ausgesprochen wichtiges Kriterium ist für die Wahl eines Architekturbüros. Je nach Projekt und Bauherrschaft stehen eher messbare (funktionale) oder nicht messbare (ästhetische) Aspekte der Qualität im Vordergrund. Für einen kostenbewussten industriellen Investor reduziert sie sich möglicherweise weitgehend auf das Messbare: Wenn das Bauwerk einigermassen nutzbar ist und es nicht hineinregnet, stimmt für ihn die Qualität. Schönheit ist ein Nebenthema. Bei Wettbewerben der öffentlichen Hand dagegen dreht sich fast alles um die künstlerisch-städtebauliche Güte.

Auch die Qualität von alltäglichen Bauaufgaben wie Einfamilienhäusern wird je nach Standpunkt höchst kontrovers beurteilt. Eine Zeitschrift für Fachleute wie das «Werk» beispielsweise versteht unter einem qualitativ hochstehenden Wohnhaus nicht unbedingt das gleiche wie eine PR-Zeitschrift für Typenhaus-Interessenten. Schönheit ist subjektiv.

Kriterium 2: Günstige Baukosten

Die Fähigkeit einer Planungsfirma, günstig zu bauen, hat in diesem Buch einen ganz hohen Stellenwert. Allerdings ist es für eine Bauherrschaft nicht einfach, die Bewerber für einen Auftrag diesbezüglich einzuschätzen. Anhand der folgenden Informationsquellen kann sie Anhaltspunkte für eine Beurteilung erhalten.

 

  • Kostendaten

Neutrale Analysen von unabhängigen «Rating-Agenturen» (Prüforganisationen) gehören zu den besten Entscheidungsgrundlagen überhaupt für Bauherrschaften. Im Idealfall wird dabei das Preis-Leistungs-Verhältnis von ausgewählten Bauobjekten verglichen. Ein vorbildlicher derartiger Test ist im Kapitel 3 beschrieben (Abschnitt «Ein Testbericht über Wohnbauten»). Leider ist Transparenz nicht die Stärke der Bauwirtschaft: neutrale Tests gibt es nur wenige.

Eine andere Informationsquelle sind Kostenanalysen nach der Elementmethode, die öffentlich publik gemacht werden. In der Fachzeitschrift «Werk» beispielsweise findet man regelmässig derartige Analysen. Für nicht Sachkundige sind sie allerdings nicht ganz einfach zu interpretieren.

Nützlich sind ebenfalls Kostendaten von ausgeführten Projekten, die zwar nicht publiziert sind, aber interessierten Bauherren zur Verfügung gestellt werden. Es gibt leistungsfähige Planungsfirmen, die damit recht freigiebig umgehen. Bei übertriebener Zurückhaltung ist meines Erachtens eine gewisse Vorsicht angezeigt. Vielleicht ist der Grund der Diskretion schlicht ein mangelhafter Leistungsausweis.

 

  • System der Kostenermittlung

Ein effizientes System der Kostenermittlung ist ein gutes Indiz dafür, ob eine Planungsfirma in der Lage ist, kostenbewusst zu bauen. Es ist für sie eine Art Navigationsinstrument, um im Dschungel der technischen Möglichkeiten das ökonomische Optimum zu finden. Die Firma muss in der Lage sein, die Kosten verschiedener Ausführungsvarianten präzise und schnell berechnen zu können. - Im Kapitel 10 gehen wir näher auf die Instrumente der Kostenplanung ein.

 

  • Einhaltung des Kostenvoranschlags

Eine Planungsfirma, die den Kostenvoranschlag einhält, baut nicht zwangsläufig günstig - aber sie reduziert immerhin das Risiko für die Bauherrschaft. Wenn es ihr fünfmal nacheinander gelingt, dürfte sie es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch beim nächsten Mal schaffen. Umgekehrt kommt eine Kostenüberschreitung selten allein. Die Bauherrschaft tut deshalb gut daran, sich bei einigen Projekten nach dem Ergebnis der Schlussabrechnung zu erkundigen - und zwar bei den Auftraggebern.

Kriterium 3: Erfahrung und Referenzen

Eines der Grundgesetze der Wirtschaft ist das Gesetz der Erfahrungskurve. Es besagt, dass (etwas vereinfacht ausgedrückt) die Fähigkeit zum Kostensenken mit zunehmender Erfahrung ansteigt. Ob das Potential aber auch genutzt wird, ist eine andere Frage: viel Erfahrung macht kostengünstige Lösungen möglich, eine Garantie dafür ist sie nicht.

Das Gesetz der Erfahrungskurve (auch Boston-Effekt genannt) gilt selbstverständlich auch in der Bauwirt-schaft. Allerdings kann sich hier der Boston-Effekt nicht richtig entfalten, weil er mit einem Naturgesetz kollidiert, das im Bauwesen fest verankert ist: dem Gesetz des Generalistentums. Viele Baufachleute und insbesondere die meisten Architekten nehmen für sich in Anspruch, dass sie alles können. Sie wehren sich daher vehement gegen jede Form der Spezialisierung.

Die Bauherrschaft hat es in der Hand, Erfahrungen zu honorieren. Sie hat kein Interesse daran, dass die von ihr beauftragten Planer ständig das Rad neu erfinden. Einschlägige Erfahrungen sind etwas sehr Praktisches, wenn es um kostengünstige Lösungen geht. Anhand der Referenzenliste kann sich die Bauherrschaft ein Bild davon machen, welche Erfahrungen die Interessenten für den Auftrag mitbringen. Referenzen sind für Bauwillige ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Man sollte sich durch eine lange Referenzenliste aber nicht vorschnell blenden lassen. Eine grosse Anzahl Aufträge muss nicht zwangsläufig heissen, dass die Güte der Arbeit immer über jeden Zweifel erhaben ist. Diese Erfahrung habe ich, um ein konkretes Beispiel herauszugreifen, einmal anlässlich einer Besichtigungstour im Elsass gemacht. Ein bekannter Industriearchitekt hat der kleinen Delegation eines Bauinteressenten seine Projekte gezeigt. Seine Referenzenliste ist beeindruckend gewesen und hat Bauvorhaben von erstklassigen Firmen enthalten. Nach und nach hat sich aber herausgestellt, dass hinter der schönen Fassade vieles faul gewesen ist. Bei einem Objekt ist der Architekt von der Bauherrschaft wegen Bauschäden und mangelhafter Bauführung eingeklagt worden. Bei einem anderen Projekt hat er sogar Hausverbot gehabt, so dass wir das Objekt nur von aussen haben besichtigen dürfen.

Mit Vorteil werden Referenzen daher genauer angesehen. Man muss sicher sein, dass es auch gute Referenzen sind. Besichtigungen vor Ort und Gespräche mit ehemaligen Auftraggebern sind empfehlenswert, um einen objektiven Eindruck von der Güte der Arbeit zu bekommen. Höchste Vorsicht ist geboten, wenn der schludrige Eindruck eines ausgeführten Bauwerks mit fadenscheinigen Ausreden begründet wird. Beliebt ist etwa die Erklärung, dass man halt habe Kosten sparen müssen.

Kriterium 4: Kompetenz der Teammitglieder

Die Kompetenz der vorgesehenen Teammitglieder ist entscheidend für ein erfolgreiches, kostengünstiges Projekt. Speziell am Projektleiter hängt sehr viel. Niemand anders als er kann letztendlich verantwortlich sein, dass das Gesamtoptimum bei einer Bauaufgabe erreicht wird. Ist er fähig, die grossen Linien vorzugeben, und kann er sich durchsetzen?

Die architektonische oder planerische Qualität hängt primär von den Fähigkeiten des Entwurfsarchitekten ab. Mit dem Entwurf und der damit verbundenen konstruktiven Bearbeitung werden aber auch weitgehend die Kosten bestimmt. Hat der Entwurfsarchitekt das nötige Bewusstsein für die Kosten?

Für eine kostenbewusste Bauausführung ist im weiteren der Bauleiter verantwortlich. Mit umsichtig erstellten Ausschreibungsunterlagen trägt er dazu bei, dass die Bauleistungen günstig eingekauft werden können. Er sorgt auch für einen friktionsfreien Ablauf auf der Baustelle. Ist er bekannt als zäher Statthalter der Bauherrschaft?

Grundsätzlich ist die Einsatzfreude, die von den Teammitgliedern erwartet werden darf, eine ausserordentlich wichtige Eigenschaft. Hohe Motivation kann eine etwas bescheidene Referenzenliste, die noch keine renommierten Projekte enthält, durchaus aufwiegen.

Ein Indiz für die allgemeine Leistungsfähigkeit einer Planungsfirma kann die Zugehörigkeit zu einem Fachverband wie dem SIA sein (siehe dazu auch «Mitgliedschaft in Fachverbänden»).

Kriterium 5: Höhe des Honorars

Der Preis für die Dienstleistung des Planungsbüros ist nur ein Kriterium unter anderen und keineswegs das entscheidende. Ganz ausser acht lassen soll man es aber auch nicht. Auf die Honorarermittlung gehen wir im Detail im Kapitel 8 ein.