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D. Bestellungsänderungen

Obwohl Aenderungen an Projekt und Werkpreis in der Praxis eine relativ hohe Bedeutung haben, sind sie in den Allgemeinen Bedingungen (AVB) auf nur zwei Seiten abgehandelt. Im folgenden betrachten wir zwei Arten von Aenderungen näher: die sogenannten «notwendigen Aenderungen» und die Aenderungswünsche des Bauherrn. Auf die Aenderungsvorschläge des Generalunternehmers gehen wir nicht näher ein.

 

  • Notwendige Aenderungen

Aenderungen gelten als «notwendig», wenn sie auf höhere Gewalt, neue behördliche Vorschriften und dergleichen zurückzuführen sind. Wenn die Behörden beispielsweise im Rahmen der Baubewilligung, entgegen anderslautenden früheren Zusicherungen, den Einbau einer Sprinkleranlage fordern, kann von einer notwendigen Änderung gesprochen werden. Der Generalunternehmer hat im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von dieser Forderung keine Kenntnis gehabt, und er kann dafür folglich auch nicht verantwortlich gemacht werden. In den Allgemeinen Bedingungen AVB ist vorgesehen, dass der Generalunternehmer die Mehrkosten infolge notwendiger Aenderungen ausserhalb des vertraglichen Werkpreises offen abrechnen kann, einschliesslich der entsprechenden Honorare und der Risikoentschädigung (Art. 20.3 AVB). Die Bauherrschaft ist über notwendige Aenderungen unverzüglich zu orientieren.

 

  • Aenderungswünsche der Bauherrschaft

Diese sind in der Praxis viel wichtiger als die «notwendigen» Aenderungen. In den Allgemeinen Bedingungen AVB ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Bauherr berechtigt ist, «jederzeit Aenderungen der in den Vertragsunterlagen festgelegten Ausführung zu verlangen» (Art. 21.1 AVB). Der Bauherr hat also, analog zur SIA-Norm 118, ein Aenderungsrecht.

Die Generalunternehmer kultivieren bei Projektänderungen von jeher ein ausgefeiltes System von Genehmigung und Preisanpassung. Im Unterschied zum üblichen Architektenverfahren wird nicht improvisiert geändert. Eine Projektänderung, die die Bauherrschaft in Betracht zieht, wird minuziös ausgearbeitet, und die damit verbundenen Kostenfolgen werden sorgfältig berechnet. Es ist ausdrücklich vorgesehen (Art. 21.4 AVB), dass Offerten für Projektänderungen vom Bauherrn schriftlich akzeptiert werden müssen. Erst nach der formellen Unterzeichnung wird die Projektänderung ausgeführt. Mit der Annahme der Offerte wird der Werkpreis entsprechend angepasst, nach oben oder nach unten. In die Offerte eingerechnet werden die Honorare und die Risikoentschädigung.

Es ist wichtig, dass der Bauherr vor Vertragsabschluss das teilweise recht komplizierte Verfahren der Preisanpassung bei Projektänderungen genau begreift. Erfahrungsgemäss gelingt dies am ehesten anhand von Beispielen. Im Teil III des Buches führe ich einige Beispiele von Projektänderungen auf (siehe Absatz «Beispiele von Preisanpassungen»).

E. Das Bauhandwerkerpfandrecht und die Erfüllungsgarantie

Das Bauhandwerkerpfandrecht ist vor allem beim Generalunternehmer-Werkvertrag eine Bedrohung für die Bauherrschaft, denn diese haftet mit ihrem Grundstück für allfällige Schulden, die der Generalunternehmer nicht begleichen kann. Das Grundstück haftet somit als Pfand für eine Schuld, die sich gar nicht an die Bauherrschaft richtet, sondern an einen Dritten, nämlich den Generalunternehmer. Betrachten wir dazu ein Beispiel.

 

  • Achtung, Bauhandwerkerpfandrecht!

Nehmen wir an, eine Bauherrschaft schliesse mit einem als Generalunternehmer tätigen Architekten einen Werkvertrag ab zur schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses. Nachdem der Rohbau fertig ist, geht der Generalunternehmer (Architekt) Konkurs. Nehmen wir weiter an, dass zu diesem Zeitpunkt die Bauherrschaft rund die Hälfte der Werklohnforderung bezahlt habe, pünktlich gemäss Zahlungsplan. Der Generalunternehmer hat das Geld jedoch nicht für die Bezahlung der vom ihm beigezogenen Unternehmer (juristisch korrekt als Subunternehmer bezeichnet) verwendet, sondern damit Löcher gestopft, die aus verunglückten Immobiliengeschäften stammen. Für den Baumeister ist dies fatal. Er hat seine Arbeit zum grössten Teil erbracht, aber lediglich eine erste Akontozahlung erhalten. Weil sein Vertragspartner, der Generalunternehmer, zahlungsunfähig ist, bleibt ihm nichts anderes übrig, als für den grossen ausstehenden Betrag das Bauhandwerkerpfandrecht anzumelden. Innert dreier Monate nach Arbeitsvollendung kann er dies beim Grundbuchamt tun. Der Bauherrschaft ihrerseits bleibt auch keine andere Wahl, als das Pfandrecht abzulösen, will sie nicht riskieren, dass das Grundstück versteigert wird. In der Praxis bedeutet das, dass sie einen grossen Teil der Baumeisterforderung zweimal bezahlen muss.

Es sind auch andere unerfreuliche Entwicklungen für die Bauherrschaft möglich. Nehmen wir an, anstelle des Generalunternehmers gehe der Baumeister Konkurs. Jetzt sind es seine noch nicht bezahlten Subunternehmer (Unterakkordanten) wie etwa die Eisenlegergruppe, die ihre Forderung über das Bauhandwerkerpfandrecht anmelden. Wenn der Generalunternehmer das Pfandrecht nicht ablösen sollte, müsste die Bauherrschaft die Forderung eines Bauhandwerkers begleichen, von dem sie nicht einmal gewusst hat, dass er für ihr Bauvorhaben Leistungen erbracht hat. Das Bauhandwerkerpfandrecht gilt sogar für sogenannte Werklieferungsverträge. Das bekannteste Beispiel ist Frischbeton. Der Betonhersteller, der weder mit dem Generalunternehmer noch mit dem Bauherrn eine vertragliche Beziehung hat, ist ebenfalls pfandberechtigt.

 

  • Schutzmassnahmen

Für die Bauherrschaft steht vor allem die Frage im Vordergrund, wie sie sich vor Doppelzahlungen bei Pfandrechten schützen kann. Ein guter Weg zur Vermeidung von Doppelzahlungen ist sicher die Wahl eines solventen Generalunternehmers. Allerdings sind in den letzten Jahren Marktteilnehmer zusammengebrochen, bei denen man es nie erwartet hätte. Eine relativ sichere Lösung würde theoretisch auch darin bestehen, gegenüber dem Generalunternehmer substantielle Zahlungen so lange zurückzubehalten, bis die Dreimonatsfrist für Pfandrechtanmeldungen abgelaufen ist. Allerdings scheitert das in der Praxis in der Regel daran, dass die Generalunternehmung keine Bank ist und das Bauvorhaben nicht so lange mit eigenen Mitteln vorfinanzieren kann, selbst wenn der Betrag verzinst wird.

Es sind daher andere Schutzmassnahmen in Betracht zu ziehen. Die folgenden Empfehlungen entstammen dem einschlägigen Buch über das Bauhandwerkerpfandrecht von Schumacher (Schumacher, Seite 138 ff.). Der einfachste und vermutlich auch risikoloseste Weg dürfte die Garantie (Solidarbürgschaft) einer Bank oder Versicherung sein. Damit verpflichtet sich der Solidarbürge, anstelle des Generalunternehmers allfällige Bauhandwerkerpfandrechte abzulösen. Eine wesentlich aufwendigere Schutzmassnahme besteht darin, Zahlungen nicht an den Generalunternehmer, sondern direkt an die Subunternehmer zu leisten. Die Bauherrschaft kann das selber tun oder mit dieser Aufgabe einen Treuhänder beauftragen. Der Schutz ist etwas weniger umfassend, weil es immer möglich ist, dass die Bauherrschaft «unsichtbare» Subunternehmer gar nicht erkennen kann.

In den Allgemeinen Bedingungen AVB zum Generalunternehmer-Werkvertrag sind relativ schwache Schutzvorkehrungen zugunsten des Bauherrn enthalten. Der Bauherr muss die Zahlungen gemäss Zahlungsplan auf ein bezeichnetes Bankkonto leisten. Falls er seinen Zahlungspflichten pünktlich nachkommt, «garantiert» der Generalunternehmer, dass seitens der Subunternehmer und Lieferanten keine Bauhandwerkerpfandrechte definitiv eingetragen werden. Falls dies trotzdem geschieht, ist die Bauherrschaft lediglich berechtigt, den entsprechenden Betrag bei der nächsten fälligen Zahlung zurückzubehalten (Art. 32.3 AVB). - Was macht die Bauherrschaft aber, wenn der Generalunternehmer zahlungsunfähig wird?

Immer wieder auftretende spektakuläre Schadenfälle zeigen, dass die Gefahren von Bauhandwerkerpfandrechten nicht unterschätzt werden sollten. Die Bauherrschaft ist gut beraten, für den nötigen Schutz besorgt zu sein.

 

  • Erfüllungsgarantie

Die sogenannte Erfüllungsgarantie (englisch: Performance Bond) ist eine weitere Form der Garantieleistung von Finanzinstituten, mit der die Bauherrschaft ihre Risiken beschränken kann. In der Bauwirtschaft ist sie seit längerem bei Grossprojekten der öffentlichen Hand bekannt, etwa bei Infrastrukturbauten für den Verkehr. In den letzten Jahren ist sie vermehrt auch bei gewöhnlichen privaten Hochbauten angewendet worden.

Die Erfüllungsgarantie ist die Garantie eines Finanzinstitutes (Bank oder Versicherung), für die Sicherheit der Vollendung des vereinbarten Werkes zu bürgen. Wenn der Generalunternehmer Konkurs geht, kann sich der Besteller (Bauherr) an den Solidarbürgen halten, der die Garantie ausgestellt hat. Die Garantiesumme beträgt typischerweise 10% der Werkvertragssumme.

Oft werden die beiden Garantien (Erfüllungsgarantie und Garantie bei Bauhandwerkerpfandrechten) gekoppelt und vom gleichen Institut ausgestellt. Der Besteller kann sie nicht nur bei Generalunternehmergeschäften einfordern, sondern auch bei wichtigen Werkverträgen mit Einzelunternehmern (beispielsweise Baumeistern).

F. Bauabnahme und Garantie

Die Bestimmungen zu Bauabnahme und Garantie (Art. 33 bis 36 AVB) entsprechen sinngemäss der SIA-Norm 118. Analog zu dieser Norm (siehe Absatz «Abnahme des Werkes») besteht beispielsweise die Abnahme in einer gemeinsamen Prüfung des Bauwerks durch Bauherrn und Generalunternehmer, wofür ein detailliertes Protokoll erstellt wird. Speziell ist lediglich, dass der Abnahmetermin in der Regel bereits im Werkvertrag fest vereinbart wird, da die Generalunternehmung ja eine Termingarantie leistet.

Typisch für den Generalunternehmer-Werkvertrag ist ferner die Tatsache, dass die Bauherrschaft nicht ein Bündel von Garantiezusagen bekommt (nämlich von jedem Unternehmer eine), sondern eine einzige. Der Generalunternehmer haftet für die Leistungen und Lieferungen seiner Beauftragten, Subunternehmer und Lieferanten. Abweichend zur SIA-Norm 118 ist allerdings der Ausschluss der Haftung für Mängelfolgeschäden wie beispielsweise Betriebsausfallkosten (Art. 34.5 AVB).

Die Garantiefrist (Rügefrist) beträgt wie in der SIA-Norm 118 (siehe Absatz «Garantiefrist, Garantieschein, verdeckte Mängel») zwei Jahre. Auch die diversen Detailbestimmungen zur Garantie entsprechen dieser Norm (Schlussabnahme, verdeckte Mängel, Verjährung etc.).