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B. Vertragsunterlagen

Generalunternehmer-Werkverträge basieren auf anderen Vertragsunterlagen als gewöhnliche Werkverträge im Bauwesen. Beim Architektenverfahren mit Einzelunternehmern steht das Leistungsverzeichnis im Zentrum, in dem die einzelnen Positionen detailliert aufgeführt sind. Bei GU-Werkverträgen hingegen geht es nicht um Quantitäten und Preise von Einzelpositionen, sondern um das Bauwerk als Ganzes.

 

  • Baubeschrieb und Vertragspläne

Die massgeblichen Vertragsunterlagen des GU-Werkvertrages sind der Baubeschrieb und die Vertragspläne. Es liegt auf der Hand, dass diese Dokumente mit grosser Sorgfalt erstellt werden müssen, damit später bei der Ausführung unliebsame Diskussionen über die Interpretation des Vertrages vermieden werden können.

Die Vertragspläne legen fest, welche Quantitäten an Material aller Art vorgesehen sind (Mauern, Fenster, Bodenbeläge, Türen, Umgebungsflächen etc.). Präzisierende Ergänzungen über Qualitäten und Leistungsstandards der Bestandteile des Werkes sind im Baubeschrieb (andere Bezeichnung: Raum- und Arbeitsgattungsbeschrieb) aufgeführt. Allerdings enthalten auch die Vertragspläne Angaben zur Qualität. Der konstruktive Aufbau einer Fassade beispielsweise geht primär aus detaillierten Schnittzeichnungen hervor. Ein fortgeschrittener Stand der konstruktiven Bearbeitung ist bei den Vertragsplänen daher unbedingt zu empfehlen.

Sowohl Baubeschrieb wie Vertragspläne können, gemessen an der Papiermenge, relativ bescheidene Dokumente sein. Für ein Einfamilienhaus oder eine kleine Fabrik besteht der Baubeschrieb vielleicht aus zehn bis zwanzig Seiten. Für die Zeichnungen genügt vielfach ein einziger Plan. Beim Architektenverfahren mit Einzelunternehmern wäre vermutlich bereits ein einziger Werkvertrag, etwa für die Baumeisterarbeiten oder die elektrischen Installationen, umfangreicher.

 

Ausschnitt aus einem Baubeschrieb für ein Fabrikgebäude (Montagebau in Stahl)
  • Stahlkonstruktion für Hallenbau aus Stahlprofilen; alle Stahlteile sandgestrahlt;Rostschutzanstrich mit Kaltzinkfarbe (Farbe nach Wahl)
  • Fassadenkonstruktion mit isolierten Metallprofilen;Innenwandkassette Stahlblech verzinkt, bandlackiert, horizontal verlegt; Wärmedämmung 10 cm, punktweise geklebt; Aussenwandprofil Alublech, sinusförmig, kleinwellig, vertikal verlegt
  • Dachbleche für Dachkonstruktion; einbrennlackiert; Untersicht hellgrau; Dachneigung 1.5% für Flachdach; Dampfbremse; Wärmedämmung 10 cm

 

  • Planbearbeitung

Es ist eine Besonderheit von GU-Werkverträgen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die definitiven Ausführungspläne meist noch nicht vorliegen. Vereinbarungen über die Art der Ausführungsplanung (Planbearbeitung) gehören daher im weiteren Sinne auch zu den Vertragsunterlagen. Die Bauherrschaft kann aus zwei Möglichkeiten auswählen: Sie kann die Ausführungsplanung selber beauftragen, sie kann sie aber auch in das Leistungspaket des Generalunternehmers einschliessen. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile.

Wenn die Bauherrschaft die Planer selber beauftragt, ist die Kommunikation mit ihnen direkt und einfach. Unter Umständen ist dadurch eher gewährleistet, dass letzte Nuancen des Gebrauchsnutzens von Bauwerken ausgeschöpft werden. In Einzelfällen dürfte auch die formale Gestaltung mit mehr Sorgfalt durchgeführt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass der konstruktive Aufwand des Ausführungsprojektes nicht höher sein darf als derjenige des Vertragsprojektes. Andernfalls besteht die Möglichkeit, dass dies vom Generalunternehmer als Aenderungswunsch des Bauherrn aufgefasst wird, was entsprechende finanzielle Konsequenzen zur Folge haben kann (Art. 11.4 AVB). Ein weiterer Vorteil ist die neutrale Stellung der Planer: Bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Generalunternehmer kann die Bauherrschaft auf Sachverständige zurückgreifen, die von diesem unabhängig sind.

Der Nachteil der eigenen Beauftragung der Ausführungsplanung jedoch ist die Haftung. Die Bauherrschaft ist für Fehler der beauftragten Planer selber verantwortlich. Immerhin ist der Generalunternehmer gehalten, allfällige offensichtliche Planmängel anzuzeigen (Art. 11.3 AVB).

Bei der Planbearbeitung durch den Generalunternehmer sind die genannten Vor- und Nachteile naturgemäss gerade umgekehrt. Der Hauptvorteil ist vermutlich die Haftungsfrage. Nachteilig kann die Qualität der formalen Detailgestaltung sein, falls die Ausführungsplanung baukünstlerisch wenig engagierten Fachleuten anvertraut wird. Bei einem derartigen Generalunternehmer wird der Bauherr nur auf Unverständnis stossen mit allfälligen Anliegen nach mehr «Schönheit». Ästhetik lässt sich nämlich in keinem Baubeschrieb festschreiben. Der Bauherr kann sich gegen eine grobschlächtige Detailgestaltung kaum wehren, sofern sie einigermassen den Vertragsplänen und dem Baubeschrieb entspricht (Art. 12.3 AVB).

Möglicherweise ist ein Kompromiss zwischen den beiden beschriebenen Varianten ein gangbarer Weg. Diese Lösung sieht so aus, dass die Ausführungsplanung zwar beim Generalunternehmer eingeschlossen ist, der Besteller aber vorschreibt, welcher Architekt damit zu beauftragen sei. So erhält der Besteller die angestrebte Gewähr für die künstlerische Gestaltung und geht keine zusätzlichen Risiken ein.

C. Preisbestimmung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie bei Generalunternehmer-Werkverträgen der Werkpreis festgelegt werden kann. Die älteste und am besten bekannte Methode ist der Pauschalpreis (Globalpreis). Neueren Datums ist die offene Abrechnung, meistens mit Kostendach.

 

  • Pauschalpreis und Globalpreis

Beim ursprünglichen Generalunternehmerprinzip wird für die Ausführung eines Bauwerks ein einziger, fester Werkpreis vereinbart, der alle Leistungen umfasst, die im Werkvertrag aufgeführt sind. Hier stellt sich nur die Frage, ob eine allfällige Teuerung zu berücksichtigen sei. Beim Pauschalpreis sind teuerungsbedingte Mehrkosten inbegriffen (Art. 15 AVB), beim Globalpreis können sie zusätzlich verrechnet werden (Art. 14 AVB).

Wer beispielsweise ein Typeneinfamilienhaus für einen Pauschalpreis erstellen lässt, erlebt das traditionelle Generalunternehmerprinzip in reiner Form: Angebot, Werkvertrag und Rechnung enthalten im Idealfall nur eine Zahl. Falls zwischen Vertragsabschluss und Abrechnung am Projekt keine Aenderungen vorgenommen werden, sind zudem die Zahlen identisch. - Die traditionelle Pauschalpreisvergütung ist aber auch bei grossen, individuell konzipierten Bauten ohne weiteres möglich. Ein komplexes Bürogebäude mit Dutzenden vom Millionen Franken Anlagekosten kann problemlos zu einem Pauschalpreis bestellt werden.

 

  • Budgetpreis

Manchmal sind im (pauschalen) Generalunternehmer-Werkvertrag Leistungen enthalten, die noch nicht genau definiert sind. Das kann beispielsweise bei einem Einfamilienhaus die Kücheneinrichtung oder der Teppich sein, bei einer Fabrik die Prozesslüftung oder der Hallenboden. In derartigen Fällen ist es vielfach angezeigt, für die entsprechende Leistung im Werkvertrag einen sogenannten Budgetpreis (Art. 18 AVB) einzusetzen. Diese Leistungen werden zu gegebener Zeit innerhalb des Werkpreises separat und offen abgerechnet. Je nach Ergebnis kann der vertragliche Werkpreis höher oder tiefer ausfallen. Die Honorare und die Risikoentschädigung der Budgetpositionen sind in der Regel im Pauschalpreis inbegriffen.

 

  • Offene Abrechnung mit Kostendach

In den letzten Jahren hat sich in der Generalunternehmerbranche vermehrt ein Modell durchgesetzt, dass für die Bauherrschaft wesentlich transparenter ist als das alte Pauschalpreismodell: die offene Abrechnung mit Kostendach (Art. 17 AVB). Es ist hinsichtlich der Transparenz mit dem üblichen Architektenverfahren vergleichbar, wo jede Zahl einsehbar ist. Zugleich bietet es aber den GU-Risikoschutz, indem der Generalunternehmer (neben anderen Garantien) in Form des Kostendaches die maximalen Kosten garantiert.

Der Kostendachpreis ist der maximale Preis, den der Bauherr für die im Werkvertrag vereinbarte Leistung bezahlen muss. Wenn die Schlussabrechnung darüber liegt, muss der Generalunternehmer für den Fehlbetrag aufkommen. Dies entspricht der Usanz beim traditionellen GU-Modell mit Pauschalpreis. Ganz anders wird aber vorgegangen, wenn die Abrechnungssumme unter dem Kostendach liegt: in diesem Fall wird die Kostenunterschreitung zwischen Generalunternehmer und Bauherr nach einem vorher vereinbarten Schlüssel aufgeteilt. Vielfach sind es je 50%.

Es versteht sich, dass das Kostendach bei Projektänderungen angepasst werden muss. Die häufigsten Projektänderungen sind Wünsche des Bauherrn nach Mehr- oder Minderleistungen. Wenn beispielsweise für einzelne Ausbauelemente wie Teppiche oder Wandverkleidungen teurere Ausführungen gewählt werden als im Werkvertrag vorgesehen, muss das Kostendach höher angesetzt werden. Speziell zu regeln ist bei der offenen Abrechnung mit Kostendach die Frage der Teuerung. Das Kostendach kann einschliesslich oder ausschliesslich der Teuerung verstanden werden (Art. 17.2 AVB). Der Bauherr wird zweifellos die Variante ohne Teuerung bevorzugen.

Im Teil III dieses Buches, bei der Besprechung der Gesamtleistungsausschreibung, gehen wir näher auf die nicht immer ganz einfachen rechentechnischen Aspekte der Preisbestimmung bei der offenen Abrechnung mit Kostendach ein (siehe Absatz «Beispiel einer offenen Abrechnung mit Kostendach»).

 

  • Offene Abrechnung (ohne Kostendach)

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch offen abgerechnet werden kann ohne Kostendach (Art. 16 AVB). Hier wird der Werkpreis ermittelt aufgrund der Schlussabrechnung des Generalunternehmers. Die Preisangabe im Werkvertrag ist, ähnlich wie beim Kostenvoranschlag eines Architekten, lediglich als unverbindliche Kostenschätzung aufzufassen. Die Genauigkeit beträgt, je nach Abmachung, beispielsweise 10%. Die übrigen Garantien des Generalunternehmers (Termin, Qualität) sind nicht eingeschränkt.

Da bei dieser Art der Preisbestimmung keine Preisgarantie besteht und somit ein ganz wesentliches Element des traditionellen GU-Gedankens fehlt, gehen wir nicht näher darauf ein.