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Erste Befreiungsbewegungen aus dem Preiskartell des SIA

Ab etwa 1990 tritt neben den Bauherrschaften eine zusätzliche Mitspielerin auf, die den Kostentarif zunehmend in Frage stellt: die Kartellbehörde. Im Jahre 1995 wird das Kartellgesetz revidiert. Die Wettbewerbskommission des Bundes WEKO verfügt nun über griffigere Instrumente, um Absprachen zu unterbinden, welche den Wettbewerb beeinträchtigen. Sie nimmt dabei im Verlaufe der Zeit auch die Methoden der Preisfestsetzung im Bauplanungsgewerbe genauer unter die Lupe.

Der SIA versucht mit verschiedenen Massnahmen, dem Druck der Wettbewerbshüter zu begegnen.

 

  • Aufhebung der Preisbindung

Lange Zeit hält der SIA eisern an der Honorarformel fest. Er argumentiert, dass ein Wettbewerb der Leistungen spielen soll und nicht ein Wettbewerb der Preise. Erst 1996 findet ein Kurswechsel statt und die Preisbindung wird fallengelassen. Der SIA beschliesst in einer Urabstimmung, dass sich seine Mitglieder nicht mehr an die kartellähnliche Preisabsprache gemäss den SIA-Honorarordnungen 102 ff. halten müssen (siehe «Günstiger bauen», Unterabsatz «Die Preisbindung muss 1996 aufgehoben werden»).

In den folgenden Jahren ist der SIA stark bemüht, diese neue Sicht der Dinge gegenüber den Wettbewerbshütern klar zu kommunizieren. In einem Schreiben des SIA im November 2000 an seine Mitglieder (Grundlagen zur Honorierung für das Jahr 2001) ist deshalb auch folgende Aussage zu finden: «Wir bitten Sie, unsere Empfehlungen wiederum ausschliesslich als Referenzgrundlage für die Kalkulation zu benutzen und damit jeglichem Verdacht auf kartellistische Marktverzerrung vehement entgegenzutreten».

Wie die Geschichte zeigen wird, hat alle Vehemenz nichts genützt: Ende 2002 macht die Wettbewerbskommission des Bundes dem traditionellen Kostentarif den Garaus.

 

  • Beginn der Entwicklung des «Leistungsmodells»

Der SIA versucht mit einer weiteren Massnahme dem Druck der WEKO zu begegnen. Er beginnt nämlich mit der Entwicklung eines völlig neuartigen Vertragsmodells, das gar keine Honorarformel mehr enthält: dem «Leistungsmodell» (siehe «Günstiger bauen», Abschnitt «Das Leistungmodell 95»); es hätte ursprünglich im Jahre 1995 in Kraft gesetzt werden sollen. Effektiv wird das Leistungsmodell (LM SIA 112) aber erst im Jahr 2001 publiziert.

Es ist ein Generalplanermodell und eher für grosse und komplexe Projekte gedacht. Die Leistungen der Planer werden projektspezifisch festgelegt. Im Hinblick auf die Honorarfrage ist bedeutsam, dass das Honorar aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Vorkalkulation berechnet werden soll und somit unabhängig von den Baukosten ist.

Ein neues Paket von Ordnungen – oder:
Der grosse Schritt im Honorarwesen im Jahr 2001

Im Jahre 2001 wird das neue Leistungsmodell (LM SIA 112), an dem man rund zehn Jahre lang gearbeitet hat, endlich publiziert. Mit diesem Instrument kann die gesamte Planungsarbeit (Architekt einschliesslich aller Fachplaner) für ein grosses und komplexes Bauvorhaben in einem einzigen Vertragswerk geregelt werden.

Das Leistungsmodell ist sehr schlank gehalten und besteht nur aus einem Gerüst. Der eigentliche Inhalt wird, separat pro Planungsgebiet (Architektur, Bauingenieurwesen, etc.), aus den entsprechenden bisherigen Leistungs- und Honorarordnungen übernommen. Dies bedeutet, dass im Hinblick auf die gemeinsame Struktur die gesamte Familie der alten Ordnungen LHO SIA 102 ff. überarbeitet werden muss. Das Prinzip des Leistungsbeschriebs ist nun überall einheitlich, im neuen Leistungsmodell wie in den traditionellen Honorarordnungen. Es werden auch überall die gleichen Allgemeinen Vertragsbedingungen verwendet.

Das neue Gesamtsystem zum Honorarwesen der Bauplanungsbranche mit perfekt aufeinander abgestimmten Instrumenten (LM / LHO) hätte zum grossen Wurf werden können, zum Symbol des Aufbruchs ins neue Jahrtausend: Als Grundlage für die Regelung der Tätigkeit von Architekt und Fachplanern hätten die altvertrauten Honorarordnungen LHO SIA 102 ff. gedient. Mit dem Leistungsmodell wäre es möglich gewesen, sämtliche Planungsleistungen projektbezogen und massgeschneidert zu bündeln und in einem einzigen Vertragswerk zusammenzufassen. – Kaum jemand hat damit gerechnet, dass der Kostentarif, als eines der Kernelemente der traditionellen Ordnungen, bereits dem Tode geweiht gewesen ist. Man hat sich nur wenige Monate an den neuen Instrumenten freuen können, bevor die Wettbewerbsbehörden interveniert haben.

Das Paket der vom SIA im Jahr 2001 publizierten Ordnungen wird in folgenden Abschnitten näher erläutert: