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Kurzer Rückblick auf die Geschichte des Honorarwesens

Im Buch «Günstiger bauen» aus dem Jahr 1999 ist das Kapitel 8 den Planeraufträgen gewidmet; es geht dabei auf über 50 Seiten um Verträge und Honorare von Bauplanern. Ein grosser Teil dieser Ausführungen ist zwischenzeitlich überholt, denn speziell auf dem Gebiet der Planerhonorare haben sich tiefgreifende Änderungen ergeben.

In diesem ersten Abschnitt zeichnen wir zunächst die wichtigsten Entwicklungen im Honorarwesen bis zur Einführung des heute (Jahr 2004) gültigen Systems der Honorarordnungen nach.

Die lange Phase der festen Tarife für Planungsleistungen

Bis etwa zum Jahr 2000 ist in Sachen Honorierung für das Bauplanungsgewerbe die Welt mehr oder weniger in Ordnung; sie ist stabil und berechenbar. Das Honorar von Planungsleistungen (Architekten, Bauingenieure, etc.) wird nämlich in den weitaus meisten Fällen nach einer jahrzehntealten Formel berechnet, der Honorarformel. Gemäss diesem Konzept bemisst sich die Entschädigung einer Planungsleistung nach einem «Tarif», dem sogenannten Kostentarif.

Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass es neben dem Kostentarif immer auch andere Honorarberechnungsarten gegeben hat, insbesondere den Zeittarif. Da diese Berechnungsarten aber in der Praxis eine untergeordnete Bedeutung gehabt haben, konzentrieren wir uns auf den Kostentarif.

Es gibt eine ganze Familie von Honorarordnungen für das Bauplanungsgewerbe (vgl. «Günstiger bauen», Abschnitt «Die SIA-Honorarordung 102 als Regelwerk eines privaten Vereins»), namentlich die Ordnungen LHO SIA 102 (Architekten), 103 (Bauingenieure) und 108 (Maschinen- und Elektroingenieure sowie Fachingenieure für Gebäudeinstallationen). Im Folgenden beschränken wir uns primär auf die Ordnung SIA 102 der Architekten, da sie für die meisten Bauherrschaften vermutlich am wichtigsten ist: Viele Bauherren sind ja beim Abschliessen des Architektenvertrages ganz auf sich alleine gestellt, während sie bei den übrigen Verträgen vom Architekten massgeblich unterstützt werden.

Die Honorarordnung SIA 102, welche die stabile Phase der Achtziger- und Neunzigerjahre prägt, kommt 1984 heraus, stammt aber in den Grundzügen aus dem Jahre 1969. Der Kostentarif bestimmt also über dreissig Jahre lang die Preise von Bauplanungsleistungen.

Die Honorarberechnung im Kostentarif ist im Buch «Günstiger bauen» auf den Seiten 128–134 ausführlich beschrieben. Es kann daher an dieser Stelle auf eine detaillierte Erläuterung verzichtet werden.

Wir wollen die Honorarformel verwenden, um für ein konkretes Beispiel das Honorar zu ermitteln. Es geht um den Architektenauftrag für ein Einfamilienhaus mit 0.5 Mio. Fr. honorarberechtigten Baukosten, wobei der Auftrag lediglich die erste Planungsphase bis zur Baueingabe umfasst (Annahme: 30 Teilleistungen von 100). Das Honorar gemäss Honorarformel beträgt 28 650 Fr.

Beispiel für die Berechnung des Architektenhonorars nach dem Kostentarif
(gemäss Art. 8.1 LHO SIA 102; Ausgabe 1984)

Honorarformel:
H = B · p · n · q · r

B = honorarberechtigte Baukosten Beispiel: 500 000 Fr.
p = Honorar-Grundprozentsatz Beispiel: 19.1%
(Jahr 2001; Tabellenwert)
n = Schwierigkeitsgrad Beispiel: 1.0
q = Leistungsanteil Beispiel: 30% (bis Baueingabe)
r = Korrekturfaktor Beispiel: 1.0

Honorar H = 500 000 Fr. · 19.1% · 1.0 · 30% · 1.0 = 28 650 Fr.

Latente Kritik am Kostentarif

Die Honorarformel des Kostentarifs ist während ihrer langen Existenz von den Bauherren als Vertragspartner der Bauplaner immer wieder in Frage gestellt worden. Im Folgenden gehe ich auf zwei häufig vorgebrachte Einwände ein:

 

  • Einwand 1: Sparen wird nicht belohnt

Eine erste Kritik besagt, dass der Kostentarif nicht zum kostenbewussten Bauen motiviere. Da das Honorar von den Baukosten abhänge, sei der Architekt durchaus an hohen Baukosten interessiert: Nur was koste, gäbe Honorar. Der kostenbewusste Architekt werde bestraft, indem durch seine Sparanstrengungen sein Honorar kleiner ausfalle.

 

  • Einwand 2: Die Honorarformel ist unzuverlässig

Es wird auch bemängelt, dass die Honorarformel nicht in allen Fällen gleich plausible Resultate liefere. Das Honorar wird ja beim Kostentarif nicht aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Vorkalkulation ermittelt, sondern (grob vereinfacht ausgedrückt) aus einer Preistabelle abgelesen. Durch dieses schematische Vorgehen ergäben sich in gewissen Situationen falsche Resultate, indem die geforderten Honorare zu hoch seien. Je grösser das Projekt, desto unzuverlässiger sei tendenziell die Formel.

Dieses Argument wird näher ausgeführt bei der Diskussion des Teamfaktors i.