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Planungsgarantie

Der Begriff der Planungsgarantie ist in den Allgemeinen Bedingungen (AVB) nicht enthalten. Die Planungsgarantie kann man als Erweiterung der oben besprochenen Qualitätsgarantie betrachten. Die Gewährleistung beinhaltet hier nicht nur die eigentliche Herstellung des Werks, sondern auch die vorangehende Planung.

Generell liegt es im Interesse der Bauherrschaft, dass der Generalunternehmer auch für die Planungsleistungen eine Garantie abgibt. Im Hinblick auf die Diskussion unterscheiden wir nun zwei Fälle: die Haftung für die Ausführungsplanung (Fall A) und die Haftung für vorbestandene Planungsfehler (Fall B).

Fall A: Haftung für die Ausführungsplanung (Planbearbeitung)

Beim Beginn der Ausführungsplanung ist der Generalunternehmer in der Regel schon beigezogen. Das Thema der Planung in dieser Projektphase haben wir im Abschnitt «Projektorganisation» bereits besprochen. Die Haftung des Generalunternehmers für Planmängel ist ohne Weiteres erfüllt, wenn die Planbearbeitung von Planern im Auftrag des Generalunternehmers erbracht wird (siehe Absatz «Fall B: Planer im Auftrag des Generalunternehmers»; nachfolgend).

Es ist aber denkbar, dass der Generalunternehmer diese Garantie abgibt, wenn nicht alle Planer ihm unterstellt sind. Betrachten wir dazu als Beispiel die Projektorganisation «Pragmatische Mischlösung für die Stellung der Planer in der Projektorganisation». Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Architekt direkt dem Bauherrn rapportiert, während die übrigen Planer im Auftrag des Generalunternehmers tätig sind. Die etwas spezielle Form der Organisation ergibt sich dadurch, dass der Architekt bereits vor der Generalunternehmersubmission für den Bauherrn gearbeitet hat und dieser den direkten Draht zu ihm während der Phase der Bauausführung unbedingt beibehalten möchte. Der Architekt hat hier nicht die Funktion des Gesamtleiters, da er nicht die Oberaufsicht über den gesamten Projektablauf hat (siehe Abschnitt «Projektorganisation» im Kapitel 3). Er kann eher als Koordinator der Planung oder Leiter des Planungsteams bezeichnet werden, allerdings unter der übergeordneten Leitung des Generalunternehmers.

Geht der Generalunternehmer nicht ein unverantwortliches Risiko ein, wenn er für allfällige Planungsmängel des Architekten als wichtigstem Planer (Koordinator der gesamten Planung) haftet, wenn dieser gar nicht ihm unterstellt ist? Die Frage kann meiner Ansicht nach mit Nein beantwortet werden. Der Architekt ist ja nicht darum dem Bauherrn unterstellt, weil er sich der Koordination des Generalunternehmers entziehen will, sondern weil der Bauherr die neutrale Beratung und Unterstützung des Architekten schätzt. Hinsichtlich der Projektkoordination jedoch ist er sehr eng in die übergeordnete Projektleitungstätigkeit des Generalunternehmers eingebunden. Dieser weiss sehr genau, was der Architekt tut, und bei Bedarf kann er schnell korrigierend eingreifen.

Die Übernahme der Garantie für Planungsmängel durch den Generalunternehmer darf meiner Meinung nach somit selbst dann verantwortet werden, wenn der Architekt nicht ihm unterstellt ist.

Fall B: Haftung für vorbestandene Planungsfehler

Der Fall B ist viel heikler als Fall A. Es geht hier nämlich um die Projektierung des Bauwerks, die zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, als der Generalunternehmer noch gar nicht im Projekt eingebunden gewesen ist. In der Praxis wird vom Bauherrn häufig angestrebt, dass der Generalunternehmer auch die Risiken dieser Planungsphase (Vorprojekt, Bauprojekt, Bewilligungsverfahren) übernimmt. Zu diesem Zweck lässt man ihn die Pläne prüfen. Die Erwartung des Bauherrn geht dahin, dass der Generalunternehmer für die Qualität der Planung einzustehen hat, sofern er nicht Planmängel geltend macht und abmahnt. Mit anderen Worten soll er haften für vorbestandene Planungsfehler. Diese Haftungsübernahme ist grundsätzlich möglich: «Ist vertraglich eine Übernahme der Haftung für die Vertragspläne durch den Generalunternehmer vereinbart, so hat der Bauherr diesem eine angemessene Frist für die eingehende Prüfung einzuräumen und ihm im Haftungsfall den Rückgriff auf seine Beauftragten zu gewährleisten» (Art. 10.4 AVB).

Die Haftung für vorbestandene Planungsfehler ist eines der Sachgebiete, in denen in der Vergangenheit gelegentlich zu viele Risiken auf die Generalunternehmer überwälzt worden sind. Die Planung vor dem Beizug des Generalunternehmers wird vom VSGU nämlich als Tätigkeit des Eigentümers (Bauherrn) angesehen, und das entsprechende Risiko als Eigentümerrisiko (Bauherrenrisiko). Der Generalunternehmer könne nicht so ohne Weiteres die Planungshaftung für vorbestandene Planungsfehler übernehmen. Der Aspekt wird daher in den VSGU-Standesregeln behandelt.

  • VSGU-Vorbehalt für vorbestandene Planungsfehler

Zum Thema der Haftung für vorbestandene Planungsfehler finden sich in den VSGU-Standesregeln folgende Lösungsansätze (Argumentarium Standesregeln VSGU; Seite 3):

Der Eigentümer erarbeitet die Planung. Die Übernahme der Planungshaftung ist möglich, sofern die Grundlagen auf Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit, Fehlerfreiheit und Plausibilität überprüft werden können, die Beschränkung auf die anerkannten technischen Regeln der Baukunde und das Zugriffsrecht auf die Planer möglich ist. Sollten sich während der Ausführung wesentliche Mängel dieser Planung zeigen, welche der TU bei aller Sorgfalt nicht erkennen konnte, ist dieser berechtigt eine zusätzliche Entschädigung zu fordern. Wesentlich heisst, dass die Funktionstüchtigkeit des Werkes zum üblichen oder vereinbarten Gebrauch erheblich beeinträchtigt ist, der Mangel im Verhältnis zum gesamten Werk erheblich ist und/oder Leib und Leben des Bauherrn oder Benutzers gefährdet ist.
  • Meine Interpretation zur Haftungsübernahme

Aus obigem Text kann entnommen werden, dass die Planungshaftung für vorbestandene Planungsfehler unter Vorbehalten und mit Einschränkungen möglich ist. Nachstehend lege ich anhand von zwei Beispielen dar, wie ich die Argumente des VSGU interpretiere.

— Beispiel 1: Haftungsübernahme nicht möglich
Bei komplizierten Bauwerken ist eine Haftungsübernahme problematisch. Mit solchen hat man es gelegentlich bei Wettbewerben zu tun. Teilweise befindet sich die Ausführbarkeit von Wettbewerbsprojekten an der Grenze des technisch Möglichen. Ein Beispiel dafür ist der Neubau der Frauenklinik in Bern (1998–2002), resultierend aus einem Wettbewerb. Meiner Ansicht nach ist es vertretbar, dass sich der Generalunternehmer bei solchen Projekten weigert, die Planungshaftung für allfällige vorbestandene Planungsfehler zu übernehmen. Beim genannten Beispiel ist es ihm mit vernünftigem Aufwand kaum möglich gewesen, die Güte der Planung im Hinblick auf vorhandene Planmängel zu prüfen.

— Beispiel 2: Haftungsübernahme möglich
Bei einfachen Standardbauwerken ist eine Haftungsübernahme gut möglich. Private Gelegenheitsbauherren streben in vielen Fällen eher einfache Standardbauwerke an. Hier ist es dem Generalunternehmer durchaus zuzumuten, dass er die bauherrenseitige Planung gewissenhaft und mit einem vernünftigen Aufwand überprüfen kann. Die Planungshaftung für vorbestandene Planungsfehler kann deshalb übernommen werden. Die Bauherrschaft soll darauf achten, dass die Prüfungstätigkeit dem Generalunternehmer so einfach wie möglich gemacht wird. Er soll genügend Zeit zur Verfügung haben und einen ausreichenden Erfahrungsaustausch mit den Planverfassern des Projekts pflegen können.