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Vertragsbestandteile

Ein erster Punkt, der in den Allgemeinen Vertragsbedingungen angesprochen wird, sind die Vertragsbestandteile des Generalunternehmer-Werkvertrags. Sie werden in Art. 2.1 AVB behandelt. Allerdings wird dort nur gesagt, dass die Vertragsbestandteile sowie die Rangordnung ihrer Gültigkeit im Vertrag festzulegen seien. – In den AVB wird unterschieden zwischen den Vertragsbestandteilen (siehe nachfolgende Ausführungen) und den später besprochenen Vertragsunterlagen.

Umfang der Vertragsbestandteile

Ein Generalunternehmer-Werkvertrag kann mehrere Ordner Dokumente umfassen. Die nachfolgende Liste gibt Aufschluss über die üblichen Vertragsbestandteile. Die wichtigsten davon sind Vertragsurkunde samt Allgemeinen Vertragsbedingungen, Baubeschrieb, Vertragspläne, Bauprogramm und Zahlungsplan.

Vertragsurkunde

Wie bereits oben erwähnt stellt der VSGU ein Musterformular für die Vertragsurkunde zur Verfügung. Dadurch ergibt sich meist ein recht kompaktes Dokument mit einem Umfang von etwa 10 Seiten. Die wichtigsten Vereinbarungen zum Generalunternehmer-Werkvertrag sind hier festgehalten (Termine; Werkpreis einschliesslich Methode der Preisbestimmung; Leistungen des Generalunternehmers; Sicherheiten; besondere Vereinbarungen etc.).
Für Details wird in der Vertragsurkunde auf die übrigen Vertragsbestandteile verwiesen (z.B. auf das Bauprogramm).
Als wichtigstes Dokument des ganzen Vertragswerks wird die Vertragsurkunde von den Vertragsparteien unterzeichnet.

Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB)

Die AVB werden in diesem Kapitel ausführlich erläutert. Es ist anzustreben und praktisch der Normalfall, dass sie in unveränderter Form übernommen werden. Sie werden ebenfalls unterzeichnet von den Vertragsparteien (die Unterzeichnung wird verlangt gemäss Art. 2.1 des Musterformulars für die Vertragsurkunde). Allfällige Abweichungen von den AVB sind in der Vertragsurkunde zu regeln.

Wichtige vertragsbezogene Korrespondenz

Es handelt sich hier um wichtige Schriftstücke, die im Vorfeld des Vertragsabschlusses zwischen Besteller und Generalunternehmer ausgetauscht worden sind. Ein typisches Beispiel ist eine Auftragsbestätigung des Bestellers an den Generalunternehmer. Sie präzisiert die erzielten Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien. Häufig enthält sie auch wichtige Nebenpunkte, die noch geklärt werden müssen.

Baubeschrieb

Näheres zu diesem absolut zentralen Dokument siehe hier.

Leistungsverzeichnisse (optional)

Unter Umständen werden nicht nur der Baubeschrieb in die Vertragsunterlagen aufgenommen, sondern auch die detaillierten Leistungsverzeichnisse von einzelnen oder allen Arbeitsgattungen. Näheres dazu siehe hier.

Vertragspläne

Zu den Vertragsplänen gehören neben den unerlässlichen Architektenplänen (Projektplänen) auch Detailpläne sowie Konzeptpläne der Fachplaner. Oft wird auch das komplette Dossier mit den bewilligten Plänen des Bauentscheids beigelegt. Näheres dazu siehe hier.

Leistungstabellen

Mit den Leistungstabellen werden die Leistungen des Generalunternehmers auf dem Gebiet der Bauplanung (Ausführungsplanung, Bauleitung etc.) gemäss den SIA-Honorarordnungen 102 ff. präzisiert. Ein Beispiel dafür befindet sich hier.

Bauprogramm

Die vereinbarten Termine gemäss Vertragsurkunde sind oft in einem Bauprogramm festgehalten.

Kostenvoranschlag

Der vereinbarte Werkpreis in der Vertragsurkunde basiert auf einem Kostenvoranschlag. In der Vertragsurkunde ist aber meistens nur der Werkpreis enthalten, während der Kostenvoranschlag ein eigenständiger Vertragsbestandteil ist. Sein Detaillierungsgrad basiert oft auf zweistelligen BKP-Positionen (Beispiel: BKP 21 Rohbau 1 etc.). Daraus ergibt sich ein Umfang von einigen wenigen Seiten.

Zahlungsplan

Ein Beispiel eines Zahlungsplans befindet sich hier.

Organigramm

Nähere Erläuterungen zum Organigramm sind im Abschnitt «Projektorganisation» zu finden.

Neben diesen oben aufgeführten Positionen können je nach Projekttyp noch weitere Vertragsbestandteile in den Generalunternehmer-Werkvertrag integriert werden (Perimeter des Leistungsumfangs; Präzisierung der Schnittstelle zwischen Grundausbau und Mieterausbau; Fragen und Antworten aus der Submissionsphase; Mehr- und Minderpreise etc.).

Problematik der Rangordnung der Gültigkeit

Gemäss Art. 2.1 AVB ist die Rangordnung der Gültigkeit der Vertragsbestandteile zu definieren. Präzisierungen sind insbesondere dort nötig, wo Vereinbarungen zum gleichen Thema in unterschiedlichen Dokumenten enthalten sind. Wir wollen die Problematik anhand eines Beispiels näher betrachten. Es geht dabei um den Sonnenschutz. Bei der Generalunternehmersubmission ist der Baubeschrieb das geeignete Instrument zur Beschreibung dieser Arbeitsgattung. In Textform kann das vorgesehene System eindeutig beschrieben werden. Informationen zum gleichen Gebiet findet man aber allenfalls auch auf Plänen. Auf einem Fassadenschnitt beispielsweise ist der vorgesehene Sonnenschutz detailliert im Schnitt dargestellt, und ein Konzeptplan der Haustechnik gibt Aufschluss über die zentrale Steuerung der Storenanlage. Vielleicht hat der Generalunternehmer sogar ein detailliertes Leistungsverzeichnis der Storenanlage erhalten. – Es ist nun denkbar, dass in allen Dokumenten unterschiedliche Spezifikationen enthalten sind.

Vertragsbestandteil 1: Baubeschrieb

Im Baubeschrieb ist vorgesehen, dass die Verbundraffstoren motorisch angetrieben sind. Zusammenhängende Gruppen von Storen (z.B. in einem Mehrpersonenbüro) können mit einem Wandtaster bedient werden.

Vertragsbestandteil 2: Schnittplan Fassade

Die Lösung gemäss Fassadenschnitt ist nicht kompatibel mit der Spezifikation im Baubeschrieb. Der Plan ist nämlich vom Lehrling des Architekturbüros zu Ausbildungszwecken gezeichnet worden, und er hat nicht gewusst, dass Elektromotoren vorgesehen sind. In seinem Plan werden die Storen von Hand mit einer Kurbel bedient.

Vertragsbestandteil 3: Konzeptplan Elektro

Die im Elektroplan beschriebene Lösung geht weiter als die Lösung gemäss Baubeschrieb. Hier ist nämlich noch eine zentrale Steuerung vorgesehen. Diese beinhaltet eine zentrale Bedienung, eine Beschattungsautomatik sowie Sicherheitsfunktionen für Wind, Regen und Frost.

Vertragsbestandteil 4: Leistungsverzeichnis

Das Leistungsverzeichnis schliesslich orientiert sich zwar am Baubeschrieb, enthält aber gewisse Abweichungen, vor allem bei speziellen Fenstertypen. Im Erdgeschoss beispielsweise sind hochschiebesichere Storen vorgesehen, die einen gewissen Einbruchschutz bieten.

Grundsätze der Rangordnung

Es gibt mehrere plausible Sichtweisen, wie die Problematik der Rangordnung geregelt werden kann. Nachfolgend befassen wir uns primär mit den Vertragsplänen und dem Baubeschrieb, den wichtigsten Dokumenten.

  • These A: Baubeschrieb geht vor

Häufig findet man den Grundsatz, dass der Baubeschrieb den anderen Dokumenten vorgehe, insbesondere den Plänen. Dahinter steht die Überlegung, dass die Spezifikationen der Bauherrschaft ihren Niederschlag vor allem im Baubeschrieb finden. Er ist ein relativ kompaktes Dokument, das Aussagen zu praktisch allen Arbeitsgattungen enthält. Die Bauherrschaft befasst sich sehr intensiv mit ihm. Dies gilt auch für ein allfälliges Raumbuch, das eine Variante des Baubeschriebs darstellt, allerdings eine ziemlich umfangreiche. Die Pläne dagegen sind gemäss dieser Auffassung eher ein Instrument der Planer und enthalten Informationen, die für die Bauherrschaft oft schlecht lesbar sind (zum Beispiel Detailzeichnungen).

  • These B: Pläne gehen vor

In der Praxis kann die Rangordnung auch so geregelt werden, dass die Pläne dem Baubeschrieb vorgehen. Dahinter steht primär die Überlegung, dass Pläne in der Regel anschaulich sind. Anhand von Plänen lässt sich sehr gut darstellen, was die Bauherrschaft will. Dies betrifft auch die Gebäudetechnik, sofern dazu anschauliche Konzeptpläne erstellt werden (beispielsweise zur Lüftung oder zur Versorgung mit Stark- und Schwachstrom).

  • Fazit, Empfehlung

Im VSGU-Mustervertrag findet sich unter der Ziffer 2 «Vertragsbestandteile» folgende Aussage zur Rangordnung: Folgende Dokumente, in der nachstehenden Reihenfolge, sind Bestandteile dieses Vertrages:

(1) Der Baubeschrieb des Generalunternehmers vom ...
(2) Die Vertragspläne gemäss beiliegender Liste
(...)

Der Baubeschrieb ist in obiger Liste in der ersten Position aufgeführt. Gemäss VSGU-Mustervertrag geht somit, falls nichts anderes vereinbart wird, der Baubeschrieb den Vertragsplänen vor. – Meiner Ansicht nach ist diese Form der Priorisierung nachvollziehbar, und der Wahl dieses Grundsatzes der Rangordnung ist somit zuzustimmen.

Eine ähnliche Regelung findet sich auch in der SIA-Norm 118 (Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten), dort allerdings den Werkvertrag des Einzelunternehmers betreffend. Gemäss Art. 21 SIA 118 gehen die Baubeschrei-bung und das – für unsere Betrachtung hier nicht relevante Leistungsverzeichnis – den Plänen vor.

Ganz ausser Acht lassen sollte man die Vertragspläne aber dennoch nicht bei der Festlegung der Rangordnung. Ich kann mir Situationen vorstellen, in denen es sinnvoller ist, ihnen die erste Priorität einzuräumen. Stellen wir uns beispielsweise schön ausgearbeitete Konzeptpläne für Heizung, Lüftung und Kühlung vor. Aus ihnen geht anschaulich hervor, nach welchen Grundsätzen die zahlreichen Räume klimatisch versorgt werden (Luftwechselzahlen, Kühlung, Befeuchtung etc.). Unter Umständen wäre es nicht abwegig, auch solchen Plänen im Rahmen eines Generalunternehmer-Werkvertrages selektiv die erste Priorität einzuräumen. Zuerst gilt zwar nach wie vor der Baubeschrieb, aber bei einzelnen seiner Positionen haben die Pläne Vorrang: Ein Plan sagt mehr als tausend Worte. – In der Praxis habe ich diese selektive Priorisierung noch nie praktiziert, aber sie dürfte eine Überlegung wert sein.

Leistungsverzeichnis am Schluss der Rangordnung

In der Regel geht der Baubeschrieb auch den Leistungsverzeichnissen vor, sofern diese überhaupt ein Vertragsbestandteil sind. Leistungsverzeichnisse sind für die Bauherrschaft nämlich kaum lesbar. Zudem besteht das Risiko, dass sie Mängel enthalten (vergessene Positionen; fehlerhaft ermittelte Vorausmasse etc.). – Näheres dazu siehe Abschnitt «Garantie für die Mängelfreiheit der Leistungsverzeichnisse».