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Kosten der Totalunternehmersubmission

In diesem Abschnitt fragen wir uns, nach welchen Kriterien die Teilnehmer der Totalunternehmersubmission entschädigt werden. Mit welchen Auslagen muss die Bauherrschaft rechnen, bis sie entscheidungsreife Offerten für Totalunternehmerleistungen auf dem Tisch hat und den Werkvertrag abschliessen kann?

Keine Entschädigung bei der Vorauswahl

Bei der Vorauswahl stellt sich die Frage der Honorierung nur dann, wenn von den Anbietern ein Projektierungsaufwand verlangt wird. Im weiter oben beschriebenen Fall ist es dabei um eine Projektskizze samt Richtpreis gegangen (Näheres siehe hier).

Gemäss meinen Erfahrungen ist es aber üblich und durchaus vertretbar, bei derartigen Leistungen auch auf eine Honorierung zu verzichten. Mit der Totalunternehmersubmission verlässt man nämlich die traditionelle Welt des Planens und Bauens, in der schon kleine Leistungen eines beauftragten Planers zu bezahlen sind. Totalunternehmer sind primär Werkunternehmer, und Angebote von Werkunternehmern sind in der Regel kostenlos, selbst dann, wenn sie mit einem grossen Erstellungsaufwand verbunden sind.

Höhe der Entschädigung bei der Projektausarbeitung

In der Phase der Projektausarbeitung in Konkurrenz ist eine Entschädigung angebracht. Für deren Bemessung hält man sich am besten an Richtwerte, die man bei den Teilnehmern selber einholt. Sie sollen sich im Rahmen der Vorauswahl dazu äussern, welchen Preis sie für die Ausarbeitung eines verbindlichen Angebots als angemessen erachten. Diese Angaben können natürlich relativ stark schwanken. An beide ausgewählten Totalunternehmer wird die gleiche Entschädigung entrichtet.

Der Aufwand für die Ausarbeitung von Projekt und Angebot hängt ab von Art und Grösse des Bauvorhabens. Es lassen sich daher nur grobe Richtwerte für die Höhe der Entschädigung angegeben. Als Anhaltspunkt kann pro Angebot ein Betrag von 1% der Anlagekosten (ohne Land) eingesetzt werden. Zwei Konkurrenzofferten zusammen ergeben somit 2% der Anlagekosten.

Welche absoluten Beträge für die Entschädigung der Anbieter ergeben sich dadurch? Wir wählen als Beispiel eine Bauaufgabe, die in baukünstlerischer Hinsicht als eher leicht einzustufen ist. Darunter kann man sich beispielsweise einen Anbau an eine Fabrik vorstellen oder eine kleine Wohnüberbauung. Die Anlagekosten (ohne Land) betragen 5 Mio. Fr. Der oben angegebene Richtwert von 1% des Investitionsbetrages führt zu einer Entschädigung von 50 000 Fr. pro Teilnehmer für die Ausarbeitung von Projekt und Angebot. – Wenn man den Richtwert von 50 000 Fr. pro Teilnehmer mit den Verhältnissen bei Gesamtleistungswettbewerben der öffentlichen Hand vergleicht, erscheint er durchaus plausibel. Dort erhalten die Anbieter nämlich vergleichbare Beträge.

Zum Vergleich: Honorare beim Architektenverfahren

Nun fragen wir uns, wie viel wir beim konventionellen Architektenverfahren für die Planungskosten bezahlen müssten.

Es soll grundsätzlich ein vergleichbares Resultat vorliegen, also ein Projekt samt Kostenvoranschlag. Somit müssen die Teilphasen Vorprojekt und Bauprojekt erbracht werden, was einen Leistungsanteil q von 30% ergibt. Die Ermittlung der Planungskosten erfolgt gemäss den Grundsätzen, die wir im Kapitel 2 «Honorarfragen» betrachtet haben. Angewendet wird die aktuelle Honorarformel des Zeitaufwandmodells, enthalten in der Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff. der Ausgabe 2003. Bei Anlagekosten von 5 Mio. Fr. beträgt das Honorar für die Teilphasen Vorprojekt und Bauprojekt (Leistungsanteil q = 30%) 293 000 Fr. (siehe Tabelle unten). Es basiert auf realitätsnahen Annahmen für die Honorarfaktoren. Im Honorar sind neben dem Architekten auch die Fachplaner (Statik und Gebäudetechnik) eingeschlossen. Das Total aller Honorare entspricht ca. 6% der Anlagekosten von 5 Mio. Fr.

Planungshonorare gemäss Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff.
für Vorprojekt und Bauprojekt (Anlagekosten 5 Mio. Fr.)

Anmerkungen:
• alle Kostenangaben inkl. MWSt.
• der Grundfaktor p basiert auf den Z-Werten des Jahres 2009

Vergleich der Planungskosten und Fazit

Die Angaben beziehen sich, wie oben dargelegt, auf ein Bauprojekt mit 5 Mio. Fr. Anlagekosten (ohne Land; aber inkl. Honorare, Nebenkosten und derglei-chen).

  • Totalunternehmersubmission

Bei der Totalunternehmersubmission beträgt die Entschädigung pro Teilnehmer für Projekt und Angebot etwa 50 000 Fr. Gesamthaft ergeben sich bei zwei Teilnehmern somit ungefähr 100 000 Fr. Dies entspricht etwa 2% der Anlagekosten.

  • Architektenverfahren

Beim konventionellen Architektenverfahren ermitteln wir die Planungskosten für ein vergleichbares Planungsresultat (Projekt und Kostenvoranschlag). Das Total aller Honorare (also einschliesslich Fachplaner) beträgt hier bei realitätsnahen Annahmen für die Honorarfaktoren knapp 300 000 Fr. Dies entspricht etwa 6% der Anlagekosten.

  • Fazit

Bei Lichte betrachtet ist somit die Totalunternehmersubmission das kostengünstigere Verfahren. Auch wenn zwei Bewerber Angebote ausarbeiten, wovon die Bauherrschaft zweifellos profitieren kann, sind die Kosten für beide Offerten zusammen deutlich tiefer als vergleichbare Planungsaufwendungen beim konventionellen Architektenverfahren (nur 2% statt 6% der Anlagekosten).

Kostenlose Totalunternehmerangebote?

Je nach Marktlage ist es für eine Bauherrschaft möglich, eine Reihe von Totalunternehmerangeboten völlig kostenlos zu erhalten. Ein Beispiel dafür ist die weiter vorne beschriebene Totalunternehmersubmission für eine Wohnsiedlung in Thun (Näheres siehe hier). Nur der Gewinner wird hier entschädigt (er darf sein Projekt zum vereinbarten Werkpreis ausführen), die übrigen Teilnehmer gehen leer aus. Aus rechtlichen Gründen steht dieser Praxis selbstverständlich nichts im Wege, denn der Aufwand für die Ausarbeitung eines Unternehmerangebots «zählt nach allgemeiner Verkehrsanschauung zu den Gemeinkosten eines Werkunternehmers» (Gauch, Werkvertrag, Seite 182).

Aus meiner Sicht ist es angebracht, den grossen Aufwand der Anbieter zur Erstellung der Totalunternehmerangebote massvoll zu entschädigen.