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Projektausarbeitung in Konkurrenz

Sobald die (meist) zwei Teilnehmer bekannt sind, erhalten diese die Aufgabe, unabhängig voneinander je ein komplettes Projekt auszuarbeiten. In diesem Abschnitt gehen wir darauf ein, was ein komplettes Projekt umfasst und welche Schritte der Bauherr unternehmen muss, bis der Vertrag mit dem Gewinner der Submission abgeschlossen werden kann.

Projekt und Angebot ausarbeiten

Für die Erstellung des Projekts steht den ausgewählten Bewerbern eine Frist von etwa zwei bis drei Monaten zur Verfügung. Falls bereits eine Projektskizze existiert, wird auf diese zurückgegriffen. Am Schluss liegt ein genügend detailliertes und komplett dokumentiertes Bauprojekt vor. Die Kosten sind verbindlich angegeben und basieren auf einer soliden Grundlage. In wirtschaftlicher Hinsicht hat dieses Vorgehen eindeutige Vorteile: Da während der Projektausarbeitung Konkurrenz vorhanden ist, wird kostenbewusst geplant.

Allerdings bringt die Projektausarbeitung durch konkurrierende Planungsteams auch gewisse Nachteile mit sich. Zu berücksichtigen ist namentlich der Aspekt der Wettbewerbssituation während der Projektausarbeitung, welche das Verfahren verlangsamt. Weniger kritisch sind die Planungskosten, auch wenn zwei Teams zu entschädigen sind, denn die Totalunternehmersubmission gilt als günstiges Planungsverfahren. Beide Gesichtspunkte werden wir in den Abschnitten «Kosten der Totalunternehmersubmission» resp. «Planungsdauer» näher betrachten.

Es ist zweckmässig, dass die Bauherrschaft am Anfang mit beiden Teams (unabhängig voneinander) das skizzenartige Projekt aus der Vorauswahl bespricht. Sie legt dar, wo sie generelle Verbesserungsmöglichkeiten sieht. Es ist ferner denkbar, dass Erkenntnisse aus der baulichen Planung Auswirkungen auf die Anforderungen der Bauherrschaft (Pflichtenheft) haben. Falls dies zutrifft, sind beide Teilnehmer in gleicher Weise über die Änderungen zu informieren.

Der kreative Wettstreit während der Projektausarbeitung soll fair durchgeführt werden. Das geistige Eigentumsrecht an Ideen ist zu respektieren. Man soll es unterlassen, wesentliche Lösungsansätze eines Kandidaten bei der Konkurrenz einfliessen zu lassen.

Umfang und Gliederung der Angebote

Ein Totalunternehmerangebot hat in der Regel die gleichen Bestandteile wie ein Generalunternehmerangebot. Dazu gehören Vertragsentwurf, Vertragspläne, Preisangaben, Baubeschrieb und dergleichen. Der Unterschied bei den beiden Verfahren liegt darin, dass beim Generalunternehmermodell die angebotenen Projekte identisch sind, beim Totalunternehmermodell jedoch verschieden. Bei Ersterem ist das Projekt eine Vorgabe der Bauherrschaft, dokumentiert in Vertragsplänen und Baubeschrieb. Bei Letzterem werden die Projekte erst während des Submissionsverfahrens von den Anbietern ausgearbeitet.

Die nachfolgenden Erläuterungen geben Aufschluss über die wichtigsten Bestandteile eines Totalunternehmerangebots. Siehe dazu auch die entsprechenden Ausführungen im Teil 3 über das Generalunternehmermodell (Abschnitt «Vertragsbestandteile»).

  • Entwurf für den Vertrag

Kernstück des Totalunternehmerangebots ist der Vertragsentwurf, der als Basis für die Vertragsverhandlungen dient. Er hat den Charakter eines Generalunternehmer-Werkvertrags, wobei die Planungsleistungen für die Ausführungsplanung darin eingeschlossen sind.

  • Vertragspläne

Die Vertragspläne umfassen in erster Linie die sogenannten Architektenpläne (Grundrisse, Schnitte, Fassaden, wichtige Details etc.). Bei den meisten Projekten ist es auch nötig, Pläne der Haustechnikplaner beizulegen. Diese beinhalten die Konzepte der gebäudetechnischen Systeme (Starkstrom, Schwachstrom, Sanitär, Heizung, Lüftung etc.). Bei statisch anspruchsvollen Projekten gehören ferner Angaben über das statische Konzept in die Plandokumentation.

  • Preisangaben

Es ist zweckmässig, wenn nicht nur der pauschale oder globale Werkpreis angegeben wird, sondern wenn der Preis in einem gewissen Detaillierungsgrad aufgeschlüsselt wird. Erst dadurch ist für die Bauherrschaft eine Plausibilitätsüberprüfung und ein aussagekräftiger Angebotsvergleich möglich (siehe dazu den nächsten Absatz). Die Gliederung wird vorzugsweise vorgängig zwischen Bauherrschaft und Anbieter vereinbart, abgestimmt auf die Art des Bauvorhabens.

  • Baubeschrieb

Die vorgesehenen Leistungen und Qualitäten sind genügend genau in einem Baubeschrieb festzuhalten. Diese Unterlagen, geordnet nach der Systematik der Kostenermittlung, können recht umfangreich sein. Oft werden einzelne Bauteile mit Prospekten von Lieferanten anschaulich dokumentiert.

Angebotspreise analysieren und vergleichen

Die Bauherrschaft interessiert sich erfahrungsgemäss in hohem Masse für die Preise der Angebote. Wenn es nicht so wäre, bräuchte sie den Aufwand einer Totalunternehmersubmission nicht auf sich zu nehmen und könnte beispielsweise einem oder mehreren Architekten einen Studienauftrag erteilen, bei dem die Kosten nur grob geschätzt werden.

Bei der Totalunternehmersubmission sind Preisanalysen allerdings aufwendig, da die Projekte der Anbieter unterschiedlich sind. Damit sich die Bauherrschaft vertieft mit der Offerte auseinandersetzen kann, braucht sie ein gewisses Minimum an Detailinformationen über die Preise. Mindestens die Preise der wichtigsten Arbeitsgattungen oder Bauelemente sollte sie kennen. Je komplexer das Bauprojekt ist, desto detaillierter sollen die Preisangaben sein. Bei Standardbauvorhaben dagegen (beispielsweise Wohnungsbau) ist es eher zulässig, dass die Preisangaben wenig differenziert sind.

Beide Seiten, Bauherrschaft und Offertsteller, sind daran interessiert, dass die Offerten seriös geprüft werden. Mit einigen Detailangaben zu den Preisen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Prüfung Auslassungen, Rechenfehler oder falsche Interpretationen entdeckt und bereinigt werden können.

  • Preisunterschied

Man hört gelegentlich, dass bei Totalunternehmer-submissionen grosse Preisunterschiede zwischen den Angeboten zu erwarten seien. Es mag zwar tatsächlich derartige Fälle geben, sie sind aber keineswegs der Normalfall. Es ist genauso gut denkbar, dass die bereinigten Angebote nur um 1 bis 2% voneinander abweichen, selbst bei komplexen Bauprojekten. Darf man aus derart kleinen Preisunterschieden nun schliessen, dass eine Totalunternehmersubmission unnötig sei? Das wäre ein Trugschluss. Kleine Preisunterschiede können ein Zeichen von Qualität sein. Man erhält dadurch nämlich nachträglich die Bestätigung, ein solides Pflichtenheft ausgearbeitet und zwei wirklich kompetente Anbieter ausgewählt zu haben, die mit einer gewissen Folgerichtigkeit schliesslich auch einen ähnlichen Werkpreis kalkulieren.

Bei einer Totalunternehmersubmission kann der Veranstalter mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Kostensparpotentiale gut ausgeschöpft werden. Bei einem Angebot ohne Konkurrenz hat er diese Garantie weniger.

Qualität des Projektvorschlags beurteilen

Da bei der Totalunternehmersubmission unterschiedliche Projekte eingereicht werden, müssen diese von der Veranstalterin vergleichend beurteilt werden. Es geht dabei um Aspekte wie Funktionserfüllung und gestalterische Qualität.

Nachfolgend einige typische Fragen zur Beurteilung bei einem Fabrikprojekt:

— Durch welche gestalterischen Qualitäten zeichnet sich das Bauprojekt aus?
— Wie gut ist die betriebliche Funktionserfüllung?
— Ist das Projekt in Etappen realisierbar?
— Sind allfällige spätere Erweiterungen möglich?
— Wie sind die Betriebs- und Unterhaltskosten zu beurteilen?

Vertragsverhandlungen

Bei der hier besprochenen pragmatischen Version der Totalunternehmersubmission für private Bauherrschaften wird der Vergabeentscheid in den meisten Fällen vermutlich nicht gleich aufgrund der eingegangenen Angebote getroffen, sondern es werden vorgängig noch Vertragsverhandlungen geführt. Die Angebote werden zwar analysiert und beurteilt, das Resultat dient aber primär als Grundlage für die Verhandlungen mit den beiden Anbietern. – Die Verhandlungspunkte umfassen einerseits alle Aspekte des normalen Generalunternehmer-Werkvertrags, andererseits aber auch das Projekt an und für sich.

In der folgenden Liste werden typische Punkte aufgeführt, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Bauherrschaft und den Anbietern zur Sprache kommen können.

  • Preis

Bei preislich eng beieinanderliegenden Angeboten gibt die Bauherrschaft den Anbietern oft Gelegenheit, den Preis nochmals anpassen zu können (siehe auch nachfolgendes Beispiel). In der Praxis ist es möglich, dass der ursprüngliche Angebotspreis dadurch noch um einige Prozente reduziert wird.

  • Nochmalige Projektüberarbeitung

Bei der Totalunternehmersubmission sind die Projekte der Anbieter verschieden. Es kann daher mit einem Totalunternehmer vereinbart werden, dass sein Projekt in gewissen Teilen nochmals überarbeitet wird. Beispielsweise ist es denkbar, dass sich der Anbieter verpflichtet, die Fassade des Bürogebäudes noch etwas repräsentativer zu gestalten. Diese nachträgliche Modifikation des Entwurfs soll im Werkpreis enthalten sein und nicht zu einer preislichen Nachforderung führen.

  • Vereinbarungen zu Risiken

Bei Werkverträgen mit Generalunternehmern sind Vereinbarungen zur Bewirtschaftung der Risiken generell entscheidende Verhandlungspunkte. Näheres dazu siehe Kapitel 9 «Bewirtschaftung der Risiken».

  • Weitere Punkte

Gegenstand von Vertragsverhandlungen können beliebige Elemente des Totalunternehmer-Werkvertrags sein. Dazu gehören Aspekte wie Methode der Preisbestimmung (Pauschalpreis, offene Abrechnung mit Kostendach etc.), Vorgehen bei Projektänderungen, Zahlungsplan, Mängelhaftung etc. Näheres dazu siehe Kapitel 8 «Generalunternehmer-Werkvertrag».

Vergabeentscheid und Vertragsabschluss

Der Entscheid, welchem der beiden Anbieter der Totalunternehmerauftrag erteilt wird, kann erfahrungsgemäss heikel sein. Er ist schwieriger zu fällen als bei der Vergabe von Generalunternehmer-Werkleistungen, bei denen es vor allem um finanzielle Gesichtspunkte geht. Bei einem Totalunternehmerprojekt spielt neben dem Preis insbesondere auch die Qualität des Projekts eine Rolle. Gesucht ist also das Projekt mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Was tut man nun, wenn beide Projekte qualitativ vergleichbar sind und die Angebote preislich eng beieinanderliegen? Wenn man sich beim Entscheid vor allem von finanziellen Erwägungen leiten lässt, schafft man eine gewisse Objektivität. Es ist fair, wenn der günstigere Anbieter den Auftrag erhält.

  • Vertragsabschluss

Der Abschluss des Totalunternehmer-Werkvertrags mit dem ausgewählten Anbieter kommt zustande, indem die Bauherrschaft erklärt, dass sie seine Offerte annimmt. Was in der Theorie sehr einfach tönt, kann in der Praxis komplizierter sein. Das Problem ist nämlich, dass dem Vertragsabschluss in der Regel noch mehr oder weniger intensive Verhandlungen vorausgehen und sich die Offerte in dieser Zeit laufend verändert. Möglicherweise muss der Anbieter noch Preiszugeständnisse machen, kürzere Termine garantieren, härtere Konventionalstrafen akzeptieren und weiteres mehr.

Einmal aber kommt der Punkt, wo sich beide Seiten finden: Der Anbieter hat sein Angebot so weit angepasst, dass sein Verhandlungspartner damit einverstanden ist. Wenn Letzterer nun erklärt, dass er das Angebot annehmen will, ist der Vertrag zustande gekommen. Mündlich ist der Vertrag abgeschlossen.

Aus juristischen Gründen genügt ein mündlicher Vertrag. Bei Verträgen dieser Tragweite ist es jedoch empfehlenswert, sich an die Schriftform zu halten. Nun ist es allerdings im Bauwesen so, dass nach der (mündlichen) Annahmeerklärung praktisch nie gleich die fertige Vertragsurkunde unterzeichnet werden kann. Die Vertragsdokumente, die der angenommenen Offerte entsprechen, müssen nämlich zuerst aktualisiert werden. Man behilft sich daher damit, dass die Vertragsparteien in einem kurzen Schriftstück die wichtigsten Punkte des abgeschlossenen Vertrages festhalten (siehe nachfolgendes Beispiel).

  • Annahmeerklärung

In der Annahmeerklärung erklärt die Bauherrschaft (der Besteller), dass sie die Offerte des Anbieters xy annimmt und mit ihm das Bauprojekt realisieren will. Dann folgt eine Liste von Punkten, die im Laufe der Vertragsverhandlungen vereinbart worden sind. Mit diesem Schreiben ist das Wesentliche getan. Es ist jetzt zweitrangig, wann die eigentliche Vertragsurkunde ausgefertigt wird. Wichtig ist lediglich, dass der Inhalt der Vertragsurkunde mit der Annahmeerklärung übereinstimmt.

Beispiel einer Annahmeerklärung für einen Totalunternehmer-Werkvertrag
(von juristischen Laien angefertigt)

  • Notwendiges juristisches Wissen

Fragen wir uns zum Schluss, ob die Bauherrschaft für den Abschluss eines Totalunternehmer-Werkvertrags professionellen juristischen Beistand braucht. Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden. Persönlich bin ich der Meinung, dass sie in günstigen Fällen darauf verzichten kann. Ein Alleingang ist vertretbar, wenn auf Bauherrenseite ein gewisses Mass an juristischem Wissen vorhanden ist. Bei einem Industrieunternehmen, das regelmässig auf internationalen Märkten einkauft, dürfte dies beispielsweise gegeben sein. Auch ein versierter Bauherrenberater kann bei nicht allzu schwierigen Fällen das nötige Fachwissen einbringen.

Bauausführung

Da beim Totalunternehmermodell die Bauausführung aus der Sicht der Bauherrschaft grundsätzlich vergleichbar ist mit derjenigen beim Generalunternehmermodell, gehen wir nicht näher darauf ein. Näheres dazu siehe Abschnitt «Bauherrenaufgaben während der Ausführung» im Teil 2.