Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Printausgabe Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

Die Bauherrschaft als Mitglied des Planungsteams

Die Aussage mag auf den ersten Blick verblüffen, dass die Bauherrschaft als Teil des Planungsteams zu verstehen sei. Auf dem Organigramm ist die Bauherrschaft zuoberst dargestellt. Es ist klar, dass alle wesentlichen Entscheide von ihr gefällt werden. Aber hat sie auch etwas mit der Planung zu tun? Bei dieser Frage zeigt es sich deutlich, dass ein Organigramm nur ein abstraktes Abbild der Wirklichkeit ist.

Es gibt diverse Bauherrschaften, die aktiv die Lösungssuche und die Entscheidungsvorbereitung verfolgen. Sie wollen sehen, wie die Konzepte entwickelt und aufeinander abgestimmt werden. Es ist wie in einem Parlament: Das wirklich Interessante passiert nicht im grossen Plenum, sondern im trauten Kreis der Kommissionen. Die Lösung entsteht bei der Vorberatung und nicht bei der Schlussabstimmung.

Daraus darf man nicht schliessen, dass ein Delegierter der Bauherrschaft an allen Planungsbesprechungen präsent sein müsse. Einige ausgewählte Koordinationssitzungen des Planungsteams genügen zu diesem Zweck vollauf. Die Bauherrschaft tut gut daran, diesen Aufwand auf sich zu nehmen und damit temporär zu einem Mitglied des Planungsteams zu werden. Mit dieser Vorinformation wird die spätere Entscheidungsfindung im Entscheidungsgremium viel einfacher.

Beispiel 1: Projektorganisation eines einfachen Projektes

Die Projektorganisation in diesem ersten Beispiel ist eine der häufigsten überhaupt im ganzen Bauplanungsgewerbe. Das Planungsteam besteht aus lauter unabhängigen Planungsfirmen, sogenannten Einzelleistungsträgern: dem Architekten, dem Bauingenieur und drei Planern für die Haustechnik (Heizung, Sanitär und Elektro). Da bei einfachen Projekten die Lüftungsanlagen meist von untergeordneter Bedeutung sind (z. B. nur Entlüftung von innenliegenden Sanitärräumen), überträgt man die entsprechenden Planungsarbeiten vielfach dem ohnehin vorhandenen Heizungsplaner.

 

Projektorganisation eines einfachen Projekts

 

Gesamthaft kommen wir auf fünf unabhängige Planungsfirmen, die zusammen das Planungsteam bilden. Je nach Bauaufgabe können noch Fachleute wie Geologen oder Bauphysiker das Team ergänzen, wobei diese Einsätze meistens zeitlich beschränkt sind. Der vorwiegend temporäre Charakter dieser Beratungstätigkeit wird dadurch unterstrichen, dass die entsprechenden Leistungen als Stabsfunktionen im Organigramm eingetragen sind.

Normalerweise ist der Architekt der Gesamtleiter des Planungsteams. Er erscheint somit an zwei Stellen im Organigramm, als Gesamtleiter sowie als Fachplaner für den Planungsbereich der Architektur. In einem gewissen Sinn überwacht er sich dadurch selber. Die Fachkoordination als Teil der Projektführung wird vom gesamten Planungsteam unter der Leitung des Gesamtleiters erbracht. Demzufolge gibt es im Organigramm keinen sogenannten «Besonderen Fachkoordinator».

Im Beispiel nimmt der Nutzer oder Investor die Bauherrenfunktionen selber wahr, was bei nicht allzu komplexen Projekten häufig der Fall ist. Die Bauherrschaft ist nur sporadisch auf externe Unterstützung angewiesen, selbst dann, wenn sie nicht sachkundig ist. Sie kann darauf vertrauen, dass der Architekt als Gesamtleiter sie nach bestem Wissen und Gewissen in allen Belangen berät. Die fallweise Beratung der Bauherrschaft durch einen aussenstehenden Fachmann ist im Organigramm als Kästchen dargestellt, das neben der Führungslinie angeordnet ist. In der Baubranche wird diese Art der Beratung etwa als «Einflüsterungs-Projektmanagement» bezeichnet (siehe Absatz «Varianten der Bauherrenberatung»). Der Projektmanager tritt gegenüber den beauftragten Planern nicht als ständiger Vertreter der Bauherrschaft in Erscheinung, sondern zeigt sich nur fallweise oder bleibt sogar gänzlich unsichtbar.

Beispiel 2: Projektorganisation eines komplexen Projektes (Industriebau)

Beim folgenden Beispiel gehen wir davon aus, dass ein etabliertes Industrieunternehmen eine bauliche Erweiterung realisieren will. Die Bauherrschaft führt die betriebliche Planung selber durch, weil sie bei früheren Gelegenheiten mit dieser Methode gute Erfahrungen gemacht hat. Für die baulichen Belange wird ein Team von lokalen Bauplanern beigezogen, das man aus anderen Aufgaben bereits kennt.

 

Projektorganisation eines komplexen Projektes

 

Bei dieser Ausgangslage zeichnet sich die Projektorganisation dadurch aus, dass Bauplanung und Betriebsplanung als zwei weitgehend autonome Planungsgebiete betrachtet werden. Sie erscheinen im Organigramm als nebeneinander angeordnete, gleichwertige Blöcke. Sie stellen zwei völlig verschiedene Welten dar. Das betriebliche Geschehen ist in schnellem Wandel begriffen, und je nach Branche gibt es gelegentlich nicht vieles, was als gesicherte Erkenntnis gelten kann. Die Bauplanung dagegen ist weitgehend standardisiert, und der technische Fortschritt ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, eher gemächlich (siehe auch Absatz «Bauen ist (relativ) einfach»).

Die übergeordnete Führungsstelle, welche die betrieblichen und baulichen Planungsgebiete zusammenbringt, wird im Organigramm als Projektmanagement bezeichnet. Diese oberste Projektleitung ist eine Bauherrenaufgabe. Der (bauherrenseitige) Projektmanager kann aus der Stammorganisation der Bauherrschaft stammen, aber auch ein externer, im Auftragsverhältnis honorierter Fachmann ist denkbar (siehe Absatz «Varianten der Bauherrenberatung»). In jedem Fall soll er unabhängig von den Bauplanern sein. Dadurch ist gewährleistet, dass er nicht Diener zweier Herren ist und ausschliesslich die Interessen der Bauherrschaft vertreten kann.

Innerhalb des Teilprojektes «Bauplanung» ist, wie im Beispiel 1, der Architekt der Gesamtleiter. Unterschiedlich ist aber die Zusammensetzung der Leistungsträger für die Planung der einzelnen Fachgebiete. Neben dem Elektroplaner wird für die Haustechnik nur eine einzige weitere Firma beauftragt, die das gesamte Paket Heizung / Lüftung / Sanitär abdeckt. Im Hinblick auf die Fachkoordination (siehe Absatz «Die Fachkoordination») ist diese Konstellation sehr günstig.