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Die Projektorganisation

Bei jedem Projekt muss festgelegt werden, worin die Aufgaben der diversen Beteiligten an der Projektarbeit bestehen. Es braucht auch Vereinbarungen darüber, wie die Teammitglieder zusammenarbeiten und wie das Projekt geführt wird. Zu diesem Zweck stellt man ein mehr oder weniger umfassendes System von Spielregeln auf, etwa über Entscheidungsfindung, Informationsflüsse, Protokollwesen und vieles andere mehr. Die Gesamtheit dieser Vereinbarungen bezeichnet man als Projektorganisation. In diesem Abschnitt befassen wir uns näher damit.

Das Organigramm

Eines der zentralen Instrumente der Projektorganisation ist das Organigramm. Es gibt Aufschluss über die Aufbauorganisation und damit die hierarchische Gliederung der Projektbeteiligten. Bei vielen kleineren und mittleren Projekten beschränkt sich die Projektorganisation in erster Linie auf das Organigramm. Die übrigen Vereinbarungen organisatorischer Art werden mehr oder weniger stillschweigend getroffen.

Das Organigramm eines Projektes ist völlig anders zu interpretieren als etwa eine Aufbauorganisation im Militär. Das militärische Denken ist geprägt von Begriffen wie Kommandolinien und Dienstwegen. Projekte jedoch beinhalten komplexe, vielschichtige, kreative und zuweilen auch chaotische Prozesse. Das Organigramm bei Projekten kann daher nicht mehr als nur ein ganz grobes Abbild der Wirklichkeit sein.

Am Schluss dieses Abschnittes diskutieren wir anhand einer einfachen und einer komplexeren Bauaufgabe zwei typische Beispiele von Projektorganigrammen. Zunächst betrachten wir einige organisatorische Aspekte näher, die charakteristisch sind für Projekte im Bauwesen. Sie betreffen die Gesamtleitung, die Fachkoordination sowie die Stellung der Bauherrschaft im Planungsteam.

Die Gesamtleitung (Projektleitung)

Wir haben schon früher erwähnt, dass im Bauwesen die Projektleitung eines Bauvorhabens als Gesamtleitung bezeichnet wird. In den einschlägigen SIA-Honorarordnungen (SIA 102, 103 und 108) ist ausschliesslich von Gesamtleitung die Rede. Der Gesamtleiter ist der Chef des Planungsteams. Er ist somit die wichtigste Vertrauensperson der Bauherrschaft. Im Hochbau ist in den meisten Fällen der Architekt der Gesamtleiter.

Es gibt verschiedene Nuancen, wie der Architekt als Gesamtleiter seine Projektführungsfunktion interpretieren kann: er kann das Planungsteam entweder dominieren oder eher moderierend wirken.

 

  • Fall A: Architekt als Dominator

Bei dieser Interpretation der Rolle der Gesamtleitung hat bei den Planungsentscheiden ausschliesslich der Architekt das Sagen. Aesthetische Gesichtspunkte haben höchste Priorität. Die Spielräume für Bauingenieur und Haustechniker sind klein. Mitunter pfuscht der Architekt sogar den Betriebsplanern ins Handwerk. Diese kompromisslose Grundhaltung ist nicht gerade förderlich, um für eine Bauaufgabe das Gesamtoptimum zu erreichen. In extremen Fällen kann man den Architekten fast als Diktator bezeichnen.

Die Gesamtleitung durch überaus dominante Architekten ist etwas antiquiert und heute nicht mehr so verbreitet. Architekten, die als Gesamtleiter ästhetische Belange über alles stellen, haben das Aufkommen von Totalunternehmern ungemein gefördert. Totalunternehmer können mit Leichtigkeit nachweisen, dass viele Bauprojekte derartiger Architekten beispielsweise hinsichtlich der haustechnischen Belange alles andere als optimal sind.

 

  • Fall B: Architekt als Moderator

Bei dieser Interpretation der Projektführungsrolle ist der Architekt als Gesamtleiter gegenüber den anderen Planern ein «Primus inter pares» (Erster unter Gleichen). Er führt zwar, aber nur sehr schwach. Konsens geht über alles. Niemand im Projektteam darf sich überfahren vorkommen. Die Anforderungen von Statik und Haustechnik werden so lange diskutiert, bis eine allseits befriedigende Lösung gefunden werden kann. Vor allem die Haustechniker sehnen sich nach einem Gesamtleiter, der in erster Linie als Moderator wirkt. Am liebsten hätten sie für diese Funktion nicht einen Architekten, sondern einen Betriebspsychologen mit Spezialgebiet Gruppendynamik. Weil sie sich jahrzehntelang unterjocht gefühlt haben, möchten sie endlich ernst genommen werden.

 

  • Die Synthese

Welche Interpretation der Gesamtleitung ist besser? Meiner Ansicht nach braucht es beides, eine starke Führung und gleichzeitig viel Dialog. Ich kann mir kein Projekt vorstellen, das ohne straffe Leitung zu einem befriedigenden Resultat kommt. Jedes erfolgreiche Projekt hat ein Management mit Visionen, Zielen und Kompetenzen, sei es in der Softwarebranche, in der Investitionsgüterindustrie oder eben im Bauwesen. Gleichzeitig ist aber auch ein erhebliches Mass an Kommunikation nötig. Eine überzeugende Lösung als Summe der Beiträge von mehreren Planern muss in einem mühsamen Prozess errungen werden. Für die Gesamtleitung ist somit ein führungsstarker Kommunikator gefragt. Er ist dialogfähig, und er vermittelt. Mit anderen Worten: er ist ein echter Generalist.

Wie jede Art von Führung ist auch die Führung eines Bauprojektes sehr vielschichtig. Scheinbar widersprüchliche Forderungen wie straffe Führung einerseits und offene, vorurteilslose Kommunikation andererseits müssen unter einen Hut gebracht werden. Lernen kann man das nur beschränkt. Entweder man hat es - oder man hat es nicht.

Die Fachkoordination

Gegenstand der Fachkoordination ist die Abstimmung und Optimierung der haustechnischen Systeme. Die traditionell starke Aufsplitterung der Haustechnikplanung auf diverse Einzelleistungsträger ist die Ursache, dass sich die Fachkoordination als mehr oder weniger eigenständige Unterdisziplin der Projektführung entwickelt hat.

Die Fachkoordination kann man in zwei Gebiete unterteilen, die technische und die räumliche Koordination. Bei der technischen Koordination werden die Teilgebiete der Haustechnik wie Heizung, Lüftung oder Kühlung funktionell aufeinander abgestimmt. Das gekoppelte System ist so zu optimieren, dass die angestrebten Ziele möglichst gut erreicht werden. Diese können Aspekte beinhalten wie Betriebskosten, Investitionen oder technische Leistungsmerkmale. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei den Zielen Prioritäten gesetzt werden müssen. Beispielsweise kann ein sehr hochwertiges Raumklima mit im Jahresverlauf annähernd konstanter Raumtemperatur nicht mit minimalen Investitionen erreicht werden.

Das zweite Gebiet der Fachkoordination ist die räumliche Koordination. Hier geht es darum, die «Hardware» der haustechnischen Installationen optimal im Gebäude anzuordnen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Koordination der Leitungsführung, in horizontaler (Installationstrassen) und vertikaler Richtung (Steigzonen).

 

  • Die «Besondere Fachkoordination»

Traditionellerweise wird die Fachkoordination vom gesamten Planungsteam unter der Leitung des Gesamtleiters (meist Architekt) erbracht. In den SIA-Honorarordnungen 102, 103 und 108 ist dies der Normalfall. Bei sehr komplexen Projekten sehen die Honorarordnungen aber vor, dass ein Spezialist für die Fachkoordination eingesetzt werden kann, der «Besondere Fachkoordinator». Für diesen Fall gibt es eine spezielle Empfehlung des SIA, die Empfehlung 111/3 (Besondere Fachkoordination für Gebäudeinstallationen, Leistungen und Honorierung, 1991).

Was ist von der Konzentration der Fachkoordination in einer Hand zu halten? Bei wirklich komplexen Projekten kann sicher nichts dagegen eingewendet werden, wenn sich eine spezialisierte Fachperson mit den Schnittstellen von an und für sich schon komplizierten Teilsystemen beschäftigt. Es ist unbestritten, dass es auf dem Gebiet der Haustechnik viel zu koordinieren gibt und dass diese Aufgabe anspruchsvoll ist. Die meisten Architekten sind überfordert, in solchen Fällen die Fachkoordination federführend zu leiten.

Bei einfacheren Projekten allerdings ist der Einsatz eines Besonderen Fachkoordinators nicht unproblematisch. Meines Erachtens besteht nämlich latent die Gefahr, dass er sich nicht mit der Funktion einer Stabstelle zufriedengibt, die in der Empfehlung 111/3 für ihn vorgesehen ist (Variante A in der Abbildung). Er möchte gleich die Führung der gesamten Haustechnikplanung beanspruchen (Variante B in der Abbildung). Was in der Theorie und auf dem Papier ein grosser Schritt sein mag, der Wechsel von einer beratenden Stabstelle in eine echte Führungsfunktion, ist in der Praxis sehr schnell geschehen. Plötzlich gibt es zwischen Gesamtleitung und Haustechnikplanern eine zusätzliche Führungsstufe. Je nach Qualifikation des Fachkoordinators kann dies negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima innerhalb der Haustechnikplanung haben. Es ist beispielsweise nicht sehr motivierend für einen hervorragenden Elektroplaner, wenn ein Besonderer Fachkoordinator, der von Haus aus vielleicht Sanitärplaner ist und von Strom nichts versteht, den direkten Weg zur Gesamtleitung und zur Bauherrschaft unterbindet.

Überall in der Wirtschaft zeigt sich der Segen von flachen Hierarchien und kurzen Wegen für Führung und Kommunikation. Wieso soll das für die Bauplanung nicht gelten? Aus diesem Grund ziehe ich im Zweifelsfall eine Lösung ohne Besonderen Fachkoordinator vor.

 

Der Besondere Fachkoordinator im Organigramm

 

  • Fachkoordination - der einfache Weg

Am elegantesten kann meines Erachtens die Fachkoordination gelöst werden, wenn die Planung für Heizung, Lüftung und Sanitär (HLS) gekoppelt von der gleichen Firma erbracht wird. Unter dieser Voraussetzung müssen für die gesamte Haustechnikplanung nur zwei Firmen beauftragt werden: eine für die Elektro- und eine für die HLS-Planung. Der grösste Teil aller Koordinationsaufgaben wird bei diesem Vorgehen innerhalb der Firma für HLS-Planung abgedeckt. Wie sie das im Detail macht, bleibt ihr überlassen. Vielfach ist der Heizungsplaner federführend für die HLS-Planung, und er kümmert sich primär um die Koordinationsfragen. Als zusätzliche Koordination bleibt lediglich die Abstimmung mit dem Elektroplaner und dem Architekten übrig. Dafür braucht es im Normalfall keinen Besonderen Fachkoordinator.

Die Konstellation mit nur zwei Firmen für die Haustechnikplanung weist viele Vorteile auf, und ich habe damit gute Erfahrungen gemacht.