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Weitere Unterscheidungsmerkmale von Architekturbüros

Architekturbüros unterscheiden sich nicht nur durch die primären Werthaltungen oder Arbeitsprinzipien, sondern durch eine Vielzahl von weiteren Kriterien. Auf einige wollen wir nachfolgend näher eingehen:

 

  • Spezialisierung auf Bauaufgaben

Für viele Architekten ist eine Spezialisierung auf einzelne Bauaufgaben ausgesprochen verpönt. Ein zünftiger Architekt sieht sich als Inbegriff des Generalisten und nimmt für sich in Anspruch, ohne Probleme zunächst vielleicht ein Spital zu entwerfen und nachher ein Hochregallager oder eine Wohnsiedlung.

Wie überall in der Wirtschaft zeigt sich aber auch beim Bauen, dass wahrhaft ökonomische Lösungen nur dem Erfahrenen vorbehalten sind. Nun sind allerdings die Kosten nicht überall gleich wichtig. Bei einigen öffentlichen Bauvorhaben oder bei repräsentativen Verwaltungsgebäuden der Privatwirtschaft spielen sie eher eine untergeordnete Rolle. Bei sehr vielen anderen Bauaufgaben jedoch sind die Finanzen von eminenter Bedeutung. Dazu gehören etwa Bauten für Industrie und Gewerbe sowie ein grosser Teil des Wohnungsbaus. Der spezialisierte und somit einschlägig erfahrene Planer ist hier im Vorteil.

 

  • Leistungsumfang

Der Umfang der erbrachten Leistungen ist eine weitere Art, wie sich Planungsbüros unterscheiden können. Es ist in der Branche ein gewisser (allerdings recht schwacher) Trend vorhanden, dass sich die Architekten auf den reinen Entwurf konzentrieren und die gesamte Ausführungstätigkeit weglassen.

Auf den ersten Blick scheint diese Fokussierung sinnvoll zu sein. Man glaubt Parallelen zur Industrie zu erkennen, wo Konzentration auf die Kernfähigkeiten das Gebot der Stunde ist. Für eine Maschinenbaufirma beispielsweise kann eine vernünftige Strategie darin bestehen, sich auf ihre Stärken Engineering und Marketing zu konzentrieren und die gesamte Fertigung aufzugeben. Die extern hergestellten Teile und Komponenten werden dann beim weltweit günstigsten Lieferanten eingekauft.

Leider hinkt der Vergleich mit der Industrie, wo «Outsourcing» durchaus erfolgreich ist. Alle Tätigkeiten des Voll-Architekten sind nämlich Kerntätigkeiten: Entwurf, Kostenwesen und Bauleitung. Wer sich nur auf den Entwurf konzentriert, gewinnt zwar möglicherweise Architektenwettbewerbe, verliert aber den Bezug zur Bautechnik und damit zu den Kosten. Entwurf ohne intimes Ausführungswissen ist wie ein Blindflug ohne Navigationsinstrumente.

Wenn eine Bauherrschaft ein reines Entwurfsbüro mit der Planung eines kostenkritischen Bauwerks beauftragen will, muss sie dafür sorgen, dass das beim Architekten allenfalls nur spärlich vorhandene Kostenwissen trotzdem jederzeit zur Verfügung steht. Sie verpflichtet mit Vorteil von Anfang an (und nicht erst für die Bauausführung) eine Beratungsinstanz, die intensiv auf die Kosten schaut und die Projektoptimierung übernimmt. Der Idealfall dafür scheint mir eine kompetente Generalunternehmung zu sein. Eine Spur weniger geeignet sind spezialisierte Baukostenplaner, die sich zwar in den Kosten auskennen, aber den rauhen Winden des Marktes nicht direkt ausgesetzt sind.

Persönlich habe ich eine eindeutige Präferenz für Architekturbüros mit einem grossen Leistungsumfang, sofern bei einer Bauaufgabe neben den gestalterischen auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte im Vordergrund stehen. Wie mehr Leistungen ein Architekturbüro mit büro-internem Fachwissen selber abdecken kann, desto grösser ist seine Chance, das Gesamtoptimum zu erreichen. Es darf wichtige Teile der Architektenarbeit wie Kostenplanung, Kostenüberwachung oder Bauleitung nicht an Spezialisten und Berater delegieren. Meines Erachtens sollte es sogar bei Planungsleistungen sattelfest sein, die heute praktisch routinemässig von Dritten eingekauft werden (energetische Optimierung, Bauphysik etc.).

 

  • Ausbildung

Die massgebenden Personen eines Architekturbüros, also Büroinhaber, Entwurfsarchitekten oder Projektleiter, können in hohem Masse unterschiedlich ausgebildet sein. Die Ausbildung reicht von einer Berufslehre im Baufach (Bauzeichner, Maurer) über das normale Architekurstudium an HTL oder ETH bis zum Doktorat. Die Ausbildung sagt aber nicht allzuviel aus über den späteren Erfolg. Es gibt ausgebildete Bauzeichner, die als Autodidakten gute und erfolgreiche Architekten werden. Ich habe aber auch schon einen studierten Architekten mit Nachdiplom einer amerikanischen Eliteuniversität angetroffen, der sein Brot als örtlicher Bauleiter verdient hat - und damit gar nicht so unglücklich gewesen ist.

 

  • Grösse

Ein Architekturbüro mit zwanzig Personen gilt in der Branche schon als relativ gross. Die übliche Grösse dürfte bei vier bis sechs Personen betragen. Es gibt auch viele Einzelkämpfer. Planungsunternehmen mit über hundert Personen an mehreren Standorten kann man in der Schweiz an einer Hand abzählen.

 

  • Mitgliedschaft in Fachverbänden

Anders als etwa in der Medizin mit dem FMH gibt es im Bauwesen nicht einen, sondern gleich eine ganze Reihe von Fachverbänden. Viele Baufachleute gehören mehreren an. In der Branche bekannt ist ein strebsamer Bauingenieur, der folgende prächtige Titelsammlung auf der Visitenkarte aufführen darf: Dr. sc. techn. dipl. Bau-Ing. ETH / SIA / STV / VDI.

Die grösste und wichtigste Organisation der Planerbranche ist der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA. Der SIA steht schwergewichtig Architekten und Ingenieuren mit abgeschlossenem Hochschulstudium offen; allerdings können auch qualifizierte Personen mit anderem Werdegang aufgenommen werden. Eine SIA-Mitgliedschaft ist für Fachleute des Bauplanungsgewerbes zweifellos ein Gütekriterium.

Der SIA befindet sich seit einigen Jahren in einer Phase des Umbruchs und der Neuorientierung, was angesichts der tiefen Krise der Bauwirtschaft seit den frühen neunziger Jahren kaum erstaunt. Ein Zukunftsrat ist daran, für seine Mitglieder, unter denen die Architekten neben Ingenieuren unterschiedlicher Fachrichtungen in der Minderheit sind, eine neue gemeinsame Basis schaffen.

Historisch ist der SIA wesentlich mehr als bloss ein Berufsverband, nämlich eine gewaltige Dienstleistungsorganisation für die gesamte Baubranche. Der Schwerpunkt der Tätigkeit ist das Normenwesen, wovon die Honorarordnungen nur ein kleiner Teil sind.

Das höchste Prestige unter den Fachverbänden hat für Architekten der BSA, der Bund der Schweizerischen Architekten. Hier kann man nicht selber beitreten, man wird berufen. Aus Sicht des BSA ist die Mitgliedschaft nur echten Könnern vorbehalten.- Daneben gibt es diverse weitere Fachverbände mit unterschiedlichen Zielen: SWB, STV, GSMBA, FSAI etc.