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Pauschale Vergebungen anstreben

Angebote für Bauleistungen bestehen oft aus umfangreichen Leistungsverzeichnissen. Die Anbieter setzen Position für Position Einheitspreise in die Offerten ein. Bei vielen Arbeitsgattungen ist es nun möglich und sinnvoll, im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine pauschale Vergebung anzustreben. Die Umwandlung eines Angebots mit vorwiegend Einheitspreisen in einen Werkvertrag mit pauschaler Vergütung wird in der Literatur etwa als «Pauschalierung von Einheitspreisverträgen» bezeichnet. Die Vergebung zu einem pauschalen Preis hat den Hauptvorteil, dass die Risiken im Hinblick auf Kostenüberschreitungen reduziert werden können: Nachforderungen infolge angeblich unklarer Einzelpositionen sind weniger wahrscheinlich, und Regiearbeiten können zum grossen Teil ausgeschlossen werden. Zudem erübrigt sich das Ausmessen.

Meiner Ansicht nach ist es zu empfehlen, das Angebot (wie oben beschrieben) in Form von Einheitspreisen einzuholen und nicht als sogenanntes Gesamtpreisangebot, das nur aus einer Zahl besteht. Offertanalysen können bei detaillierten Angeboten viel leichter durchgeführt werden. Zudem ist es einfacher, bei Bestellungsänderungen allfällige Nachtragspreise festzulegen.

Die Pauschalierung von Einheitspreisverträgen ist bei den meisten Arbeitsgattungen möglich: Baumeisterarbeiten, Stahlbau, Heizung, Lüftung, Bodenbeläge und weitere mehr. Es können sogar Malerarbeiten bei Umbauten und Renovationen pauschal vergeben werden. Voraussetzung bei allen Pauschalierungen ist allerdings, dass bereits die Ausschreibung im Hinblick auf eine pauschale Arbeitsvergebung angefertigt wird. Die zu erbringenden Leistungen müssen hinsichtlich Art, Umfang und Qualität eindeutig beschrieben sein. Ferner sollen die Mengen keine (oder offen ausgewiesene) Ausmassreserven enthalten. Es muss auch eine gewisse Gewähr vorhanden sein, dass am Projekt nicht mehr viel geändert wird.

Es empfiehlt sich, den Anbietern die Grundlagen der Massenermittlung (und nicht nur die Ergebnisse) zu überlassen oder ihnen wenigstens Einblick zu gewähren. In der Schweiz existiert diesbezüglich keine spezielle Tradition. In anderen Ländern allerdings, wo die pauschale Vergebung viel häufiger ist, werden Massenauszüge mit einem hohen Grad an Professionalität erstellt. Diese wichtigen Arbeitsunterlagen sind sehr transparent und erleichtern es dem Anbieter, sich auf eine pauschale Leistungserbringung zu verpflichten.

 

  • Offene Abrechnung von Einzelpositionen

Manchmal kann es angezeigt sein, gewisse Teilleistungen aus dem pauschalen Leistungspaket herauszunehmen. Nehmen wir an, zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Baumeisterarbeiten sei noch nicht klar, welche Art der Armierung für eine Bodenplatte einer Industriehalle gewählt wird. Es empfiehlt sich in diesem Fall, die Armierung nach Aufwand offen abzurechnen. Wenn eine Leistung hinsichtlich Quantität oder Qualität nicht genau beschrieben werden kann, sollte sie nicht pauschalisiert werden. Andernfalls übernimmt eine der Vertragsparteien unkalkulierbare Risiken.

Viele der Leistungen dagegen, die bei Einheitspreisverträgen oft in Regie abgerechnet werden, können in den Pauschalpreis eingeschlossen werden. Ein typisches Beispiel sind die sogenannten Zuputzarbeiten des Baumeisters. Zuputzarbeiten sind nötig, um die Aussparungen in Wänden und Decken nach dem Verlegen der Installationen wieder zu schliessen. Ein Blick in die entsprechenden Pläne (Aussparungsplan, Leitungsführungsplan) gibt dem anbietenden Unternehmer Aufschluss über den Umfang der Arbeiten. Weil der Aufwand daher kalkuliert werden kann, darf auch eine pauschale Verrechnung verantwortet werden.

Bei seriösen Ausschreibungen und detaillierten Plänen gibt es nicht viele Arbeiten, die nur in Regie und nicht pauschal abgerechnet werden können. Der Autor hat schon aufwendige Schreinerarbeiten für Umbauten pauschal vergeben, die diverse Ausbesserungen und Anpassungen an der vorhandenen alten Bausubstanz enthalten haben. Dieses Vorgehen ist nach getaner Arbeit von beiden Vertragsparteien als gute Lösung bezeichnet worden.

Von Preisabsprachen, Tiefpreisen und Unternehmerklauseln

Im folgenden wollen wir einige Fragen aufgreifen, die anlässlich von Vertragsverhandlungen häufig auftauchen. Manchmal sorgt man sich über zu hohe Angebotspreise (Preisabsprachen), manchmal über zu tiefe (Unterangebote) und manchmal über fehlenden Verhandlungsspielraum (Unternehmerklauseln).

 

  • Preisabsprachen

Es ist eine Tatsache, dass es in der Baubranche unter den Marktteilnehmern zahlreiche (verdeckte) Preisabsprachen gibt. Allerdings ist das Ausmass der Absprachen sehr unterschiedlich, abhängig von Marktsegment (Arbeitsgattung), Region und sogar der Konjunktur. In einer grösseren Gemeinde sprechen vielleicht die drei Elektriker regelmässig über die eingegangenen Offerten und die Konditionen. In der Stahlbaubranche gelingen möglicherweise sogar Absprachen unter allen Anbietern einer Region. Anderswo treffen sich die Baumeister, aber nur in guten Zeiten, während sie sich in der Rezession aufs Messer bekämpfen.

Es ist klar, dass Absprachen unter Konkurrenten den Prinzipien einer Marktwirtschaft frontal zuwiderlaufen. In einer echten Marktwirtschaft wie den USA müssen Firmen, die gegenseitig die Preise absprechen, mit harten Sanktionen rechnen. Nicht so in der Schweiz: Hier gilt ein Unterlaufen des Wettbewerbs nach wie vor höchstens als Kavaliersdelikt.

Wie kann sich die private Bauherrschaft dagegen schützen? Zunächst soll sie (am besten in den Ausschreibungsunterlagen) deutlich erklären, dass sie Preisabsprachen nicht tolerieren will. Nach Gauch (Gauch, Werkvertrag, Seite 138) sind verdeckte Preisabsprachen als Täuschung (nach Art. 28 OR) des Ausschreibers zu betrachten. Die getäuschte Bauherrschaft braucht sich nicht an den Vertrag zu halten und kann möglicherweise sogar Schadenersatz verlangen. - Es empfiehlt sich, den Teilnehmern der Ausschreibung diese Botschaft in aller Klarheit zu übermitteln. Bei jeder Preisabsprache besteht nämlich die Möglichkeit, dass sie aufgedeckt werden kann, sei es von einem neidischen Konkurrenten oder einem unzufriedenen Mitarbeiter.

Eine weitere Schutzmassnahme besteht darin, bei Ausschreibungen mindestens einen auswärtigen Anbieter zur Offertstellung einzuladen. Unmöglich werden Preisabsprachen dadurch nicht, aber zumindest doch etwas erschwert. Im Unterschied zur öffentlichen Hand, die kaum um die Wahl der ortsansässigen Unternehmer herumkommt, hat die private Bauherrschaft nämlich durchaus die Möglichkeit, einen günstigeren auswärtigen zu berücksichtigen.

 

  • Tiefpreisangebote

Soll man sogenannte Tiefpreisangebote annehmen? Vielfach versuchen finanziell angeschlagene Unternehmen, mit tiefen Angeboten zu Aufträgen zu kommen. Aber auch starke Unternehmen können zeitlich befristet eine aggressive Tiefpreisstrategie verfolgen, um Marktanteile zu gewinnen.

Tiefpreisangebote muss man selbstverständlich in Betracht ziehen. Erhöhte Vorsichtsmassnahmen im Hinblick auf einen möglichen Bankrott sind zwar angezeigt. Speziell das Bauhandwerkerpfandrecht ist zu beachten. Aber man darf auch bedrängten Unternehmen eine Chance geben. Wenn finanziell angeschlagene Firmen keine Aufträge erhalten dürften, gäbe es in der Schweiz viele renommierte Unternehmen, die zeitweise in Schieflagen gewesen sind, nicht mehr: Oerlikon-Bührle, Ascom, SMH, AGIE, Alusuisse, von Roll und viele weitere mehr.

Ein Kriterium muss aber immer erfüllt sein: die Qualität der angebotenen Leistung. Es gibt zwar Anbieter, die nur aufgrund zweifelhafter Qualität günstig anbieten können, aber es gibt eben auch andere. Viele Unternehmer mit wenig Arbeit (Baumeister, Elektriker, Storenbauer etc.) liefern in kritischen Zeiten selbst bei knappsten Konditionen mustergültige Arbeit ab. Wenn sie es nicht täten, wären sie in kürzester Zeit weg vom Markt. Wer sich die Mühe macht, kann ziemlich zuverlässig abklären, wie es um die zu erwartende Qualität steht.

Einen Begriff, den man aus dem Wortschatz streichen sollte, sind die sogenannten Unterangebote. Wenn eine Unternehmung eingeladen wird, ein Angebot einzureichen, hat sie nur zwei Möglichkeiten: sie arbeitet eine Offerte aus, oder sie lässt es bleiben. Wenn sie sich zu einem Angebot entschliesst, kann es günstig oder teuer sein, immer aber ist es das Resultat einer wirtschaftlichen Logik. Nur aus der Sicht der Konkurrenz, die teurer gerechnet hat, ist es ein «Unterangebot». Einen Anbieter nur darum von der Arbeitsvergebung auszuschliessen, weil er der günstigste ist, ist aus kaufmännischer Sicht absurd.

 

  • Unternehmerklauseln

Unternehmerklauseln sind eine Plage in der Bauwirtschaft. Im juristischen Sinn sind sie als Vorverträge zu verstehen, die eine Bauherrschaft dazu verpflichten, mit einem bestimmten Unternehmer für eine Bauleistung einen Werkvertrag abzuschliessen. Unternehmerklauseln entstehen vielfach dadurch, dass Grundstücke mit sogenannten Handwerkerverpflichtungen verkauft werden. Der Käufer erwirbt ein Grundstück mit der Auflage, für die spätere Bauausführung einen bestimmten Baumeister, Gipser oder Spengler bei der Arbeitsvergebung zu berücksichtigen, und zwar zu «mittleren Konkurrenzpreisen». Im Falle eines Handwerkerkonsortiums kann es eine ganze Gruppe von Handwerkern sein.

Für die Bauherrschaft stellt sich bei Handwerkerverpflichtungen das ernsthafte Problem, dass sie nur schwer herausfinden kann, was «mittlere Konkurrenzpreise» sind, weil gar keine echte Konkurrenz möglich ist. Sie hat gemäss Gauch (vgl. Gauch, Werkvertrag, Seite 125 f.) zwei Möglichkeiten, bei aussenstehenden Unternehmern Angebote einzuholen. Beide sind undankbar: (1) Sie kann den angefragten Unternehmern reinen Wein einschenken und erklären, dass ihre Offerten nur Alibiübungen sind. Dann wird sie vermutlich auch nur unsorgfältige Alibiofferten erhalten. Oder (2) sie verheimlicht den Unternehmern den wahren Sachverhalt. Dann bringt sie die getäuschten Unternehmer gegen sich auf und riskiert allenfalls sogar, wegen des Verstosses gegen Treu und Glauben rechtlich belangt zu werden.

Meines Erachtens kann noch eine dritte Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, angefragte Unternehmer über die Unternehmerklausel offen zu informieren, aber für die Ausarbeitung einer Offerte etwas zu bezahlen. Dadurch besteht die reelle Chance, am Markt orientierte Offerten zu bekommen, ohne die Anbieter täuschen zu müssen.

Wenn eine Bauherrschaft erwägt, sich nicht an eine vorhandene Unternehmerklausel zu halten, steht sie je nach Situation möglicherweise gar nicht mit so schlechten Karten da. Beispielsweise sei daran erinnert, dass Unternehmerklauseln verjähren können. Ein versierter Jurist kann im Einzelfall die Situation rasch beurteilen. Eines jedenfalls ist sicher: es ist praktisch ausgeschlossen, dass bei einer Handwerkerverpflichtung der Abschluss eines Werkvertrages richterlich erzwungen werden kann (Gauch, Werkvertrag, Seite 128).