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Ein neues Realisierungsmodell

Der Kostengarantievertrag SIA ist ein Realisierungsmodell, das von der traditionellen Berufsauffassung der freien Planer bestimmt ist und sich bewusst von den Geschäftsprinzipien der Generalunternehmer unterscheidet. Der Planer ist also im Normalfall nach wie vor ein Beauftragter und kein Werkunternehmer (es kann aber Ausnahmen geben). Für die zusätzliche Garantie, die dem Bauherrn geboten wird, sorgt primär eine Controllinginstanz. Dieser sogenannte Garant bekennt sich ebenfalls zu den Grundsätzen des SIA. Zudem wird im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben eine Versicherung abgeschlossen. Sie wird beansprucht, wenn die dem Bauherrn garantierten Kosten überschritten werden.

Eine Vision wird wahr

In meinem Buch «Günstiger bauen», erschienen 1999, habe ich mich bei der Beschreibung des Generalunternehmermodells dem Philosophieren hingegeben und versucht, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Wie könnte sich der Markt der Bauausführung entwickeln? Ich habe damals vermutet, dass sich Generalunternehmer und freie Planer eines Tages annähern könnten (Günstiger bauen; Seite 293).

Ausgangspunkt der spekulativen Betrachtung ist die Feststellung gewesen, wonach aus der Sicht der Bauherrschaft die Realisierung eines Bauprojekts gar nicht so verschieden ist, ob es sich bei den Vertragspartnern nun um freie Planer oder Generalunternehmer handelt. Das neuere Preisbestimmungsinstrument der Generalunternehmer, die offene Abrechnung mit Kostendach, bietet nämlich eine vergleichbare Kostentransparenz, wie sie die freien Planer seit jeher kennen.

Der Hauptunterschied der beiden Realisierungsmodelle ist der Vertragstyp: Freie Planer sind Beauftragte, Generalunternehmer sind Werkunternehmer mit vielfältigen Garantien. Könnten nun die freien Planer nicht versuchen, ähnliche Garantien zu entwickeln wie die Generalunternehmer?

Ich habe damals postuliert, dass die freien Planer routinemässig ein festes Kostendach garantieren, das nur wenige Prozente über dem KV liegt. Damit würden sie, was die Kostengarantie anbelangt, mit den Generalunternehmern ungefähr gleichziehen. Ich habe mir auch überlegt, wie sie diese Risikoübernahme finanzieren könnten. Im Unterschied zu den meist grossen und solide finanzierten Generalunternehmern können sie das Risiko nicht selber tragen, sondern müssen es versichern. Eine solche Versicherung hat es aber damals noch nicht gegeben. «Es ist nicht auszuschliessen, dass eine Versicherung in diese Lücke springt und mit einem Produkt auf den Markt kommt, mit dem freie Planer ihre Kostenvoranschläge ‹versichern› können».

Ich habe weiter spekuliert, dass eines Tages auch die Termin- und Qualitätsgarantie versicherbar sein würden im Architektenmodell. «Wenn wir einmal soweit sein werden, dürften sich die Konturen zwischen freien Planern und Generalunternehmern langsam auflösen. Planer treten am Markt auf wie Generalunternehmer und umgekehrt. Es gibt planende Generalunternehmer und ausführende Generalplaner. Jeder, ob klein oder gross, wird zum Totalunternehmer».

Diese Zeilen habe ich, wie gesagt, 1999 geschrieben. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Vision so schnell Konturen annehmen sollte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch nicht gewusst, dass es bereits eine westschweizerische Version des Kostengarantiemodells SIA gegeben hat (siehe dazu den Absatz «Historisches», nachfolgend).

Der Kostengarantievertrag SIA in Kürze

Das Wesen des Kostengarantievertrags des SIA besteht darin, dass ergänzend zum normalen Planungsteam eine Prüf- und Kontrollinstanz auftritt, die dem Bauherrn zusätzliche Sicherheiten gewährt, die ein unabhängiger Planer normalerweise nicht bieten kann. Der neutrale Sachverständige wird als Garant bezeichnet. Er ist eine Art zusätzlicher Treuhänder für den Bauherrn (auch der Architekt ist ja ein Treuhänder) und hat unter anderem die wichtige Aufgabe, die Kosten zu überwachen. Zusätzlich zum Garanten gibt es noch eine Versicherung. Sie wird aber nur beansprucht, falls durch die Tätigkeit des Garanten allein die Kostengarantie nicht erreicht werden kann. – Der Kostengarantievertrag SIA zeichnet sich vor allem durch zwei Teile aus: dem Garanten als Controllinginstanz und der Versicherung.

Die Entwickler des Modells streichen heraus, dass mit ihrer Methode finanzielle Ziele erreicht werden können, ohne dass Abstriche bei der (architektonischen) Qualität gemacht werden müssen. – Als minimale Projektgrösse für das Kostengarantiemodell wird ein Betrag von 3 Mio. Fr. angegeben.

Historisches

Der Kostengarantievertrag SIA ist 1991 durch innovative Genfer Architekten in der Westschweiz entwickelt worden, wo er anschliessend auch eine gewisse Bedeutung erlangt hat. In der Deutschschweiz hat er jedoch lange nicht richtig Fuss fassen können. Erst in den letzten Jahren ist nochmals ein Anlauf genommen worden, um dem Modell zum Durchbruch zu verhelfen. Erste Bauprojekte, bei denen der Kostengarantievertrag angewendet worden ist, sind am 16. Januar 2007 anlässlich einer Informationsveranstaltung des SIA in Zürich vorgestellt worden (Quelle: TEC 21, Ausgabe vom 5. Feb. 2007, Seite 14 f.). Seither ist mehrmals über weitere Projekte berichtet worden.

  • Ein Vorläufermodell

In der Bauplanungsbranche hat es aber noch früher als 1991 einen Garantievertrag gegeben. Er ist in den Jahren um 1980 angewendet worden von Suter + Suter, der damals zeitweise grössten Planungsfirma in Europa. Ich bin selber einige Jahre für dieses namhafte Unternehmen tätig gewesen, das an der Börse kotiert gewesen ist. Im Zuge der grossen Immobilienkrise der Neunzigerjahre ist es in Konkurs gegangen. Im Unterschied zum Kostengarantievertrag SIA ist der Garantievertrag Suter + Suter ein (Generalunternehmer-)Werkvertrag gewesen. Die Firma ist ähnlich wie ein Generalunternehmer aufgetreten, hat sich aber bewusst nicht so bezeichnet. Man hat grossen Wert darauf gelegt, eine SIA-Planungsfirma zu sein und hat die SIA-Branchenkollegen keineswegs verärgern wollen. Generalplaner ist man aus Leidenschaft gewesen, Generalunternehmer hat man als SIA-Mitglied nicht sein dürfen.

Marktanteil

Der Marktanteil des Kostengarantievertrags SIA ist nach wie vor überschaubar, wobei er in der Westschweiz höher ist als in der Deutschschweiz. Wenn wir das gesamtschweizerische jährliche Projektvolumen mit 200 Mio. Fr. annehmen (eigene Schätzung), ergibt dies etwa 3.5% des jährlichen Projektvolumens der Generalunternehmer von 5.6 Mia. Fr. im Jahr 2009 (Näheres siehe hier). Gemessen am gesamten Hochbauvolumen von rund 42 Mia. Fr. liegt der Marktanteil im Bereich einiger Promille. Es ist somit noch reichlich Potential für Wachstum vorhanden. Der Raum, der dem Kostengarantievertrag SIA in diesem Buch beigemessen wird, liegt deutlich über dessen Marktanteil. Dies liegt nicht daran, dass ich selber SIA-Mitglied bin, sondern daran, dass ich den Kostengarantievertrag SIA als interessantes Modell der Projektrealisierung betrachte. Der interessierten Bauherrschaft sei empfohlen, die Anwendung in Betracht zu ziehen.

Wissensbasis des Autors

Den Kostengarantievertrag SIA kenne ich, anders als das traditionelle Architektenmodell (Teil 1 des Buches) und das Generalunternehmermodell (Teil 2 des Buches), nicht aus eigener Erfahrung. Die Ausführungen in diesem Kapitel 13 basieren zum grossen Teil auf Fachgesprächen mit Personen, die mit dem Realisierungsmodell des Kostengarantievertrags SIA gut vertraut sind. Dazu gehört primär Beat Walder, langjähriger Geschäftsführer der Garantenfirma SGC AG in Basel. Er darf als einer der Pioniere des Kostengarantievertrags SIA in der Deutschschweiz bezeichnet werden. Er hat übrigens auch massgeblich am oben genannten Vorgängermodell mitgearbeitet, dem Garantievertrag Suter + Suter (siehe oben). Beat Walder hat sich zwischenzeitlich aus dem aktiven Erwerbsleben zurückgezogen.