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Varianten der Projektrealisierung

Eine der zentralen Fragen, mit denen wir uns in diesem Buch befassen, lautet wie folgt: Auf welche Weise soll eine Bauherrschaft ihr Bauvorhaben angehen hinsichtlich der Bauausführung? Welches Realisierungsmodell soll sie wählen?

Zum Begriff der «Projektrealisierung»

Im Vorgängerbuch «Günstiger bauen» haben wir die Möglichkeiten, wie Bauprojekte abgewickelt werden können, als Realisierungsmodelle bezeichnet (Röthlisberger, Günstiger bauen, 1999, Seite 45). Wir haben dabei Modelle behandelt wie das traditionelle Architektenverfahren oder die Bauausführung durch einen Generalunternehmer. An diese Wortwahl wollen wir uns auch im vorliegenden Buch halten: Die Varianten der Bauausführung sind Varianten der Projektrealisierung. Mehr oder weniger synonym dazu verwendet wird der Begriff des Realisierungsmodells.

Vom Begriff «Projektrealisierung» zu unterscheiden ist ein verwandter Begriff aus der Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff., der ebenfalls als «Realisierung» bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um die Phase 5 «Realisierung» aus dem Leistungsbeschrieb (siehe Leistungstabelle hier).

Das Realisierungsmodell bezeichnet also eine Variante der Bauausführung, die von der Bauherrschaft gewählt werden kann, während die Phase 5 «Realisierung» ein genau definiertes Leistungspaket aus der Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff. beschreibt.

Hauptvarianten der Projektrealisierung

Es gibt zwei Hauptvarianten: die Bauausführung mit Einzelunternehmern und das Generalunternehmermodell. Die Rolle der Bauherrschaft ist bei den beiden Grundmodellen unterschiedlich. Die Unterschiede zeigen sich primär im Umfang der Risiken, denen sie ausgesetzt ist. Zu nennen sind aber auch Kriterien wie die Transparenz des wirtschaftlichen Geschehens, Einflussmöglichkeiten bei der Wahl der Unternehmer (Handwerker), die Beanspruchung der Bauherrschaft für die Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben oder die Möglichkeit, während der Bauausführung noch Projektänderungen vornehmen zu können.

Nicht bei jedem Bauvorhaben hat die Bauherrschaft die Wahl. Manchmal ist das Realisierungsmodell durch die Umstände bereits gegeben (Projektart; Vertragspartner; Projektgrösse etc.). Wenn die Wahlfreiheit aber besteht, sollte die Evaluation mit der gebotenen Umsicht durchgeführt werden, denn es handelt sich um einen Entscheid mit erheblicher Tragweite. – Wir werden in diesem Buch daher die beiden Grundvarianten der Projektrealisierung intensiv besprechen. Nach einem zweiten einführenden Kapitel zu Honorarfragen kümmern wir uns im Teil 1 um die traditionelle Bauausführung mit Einzelunternehmern unter der Leitung des Architekten, anschliessend im Teil 2 um das Generalunterneh-mermodell.

Das traditionelle Modell mit Einzelunternehmern dürfte den meisten Lesern aufgrund ihrer Lebenserfahrung mindestens zu einem gewissen Grad vertraut sein. Viele haben selbst schon gebaut, oder dann kennen sie andere Personen, die damit Erfahrungen gemacht haben. Vielleicht ist es dabei auch nur um eine kleine Sanierung oder einen Umbau gegangen.

Ganz anders ist es beim Generalunternehmermodell. Die Zielgruppe dieses Buches, die durchschnittliche Gelegenheitsbauherrschaft, dürfte dieses Verfahren deutlich weniger gut kennen. Man hat zwar schon oft davon gehört, aber aus eigener Erfahrung kennt man es nicht so genau. Wir werden sehen, dass das Generalunternehmermodell nicht in der Form eines universellen Standardprinzips daherkommt, sondern dass es diverse Untervarianten davon gibt. Die Einflussmöglichkeiten der Bauherrschaft dürften vielfältiger sei, als den meisten Lesenden vermutlich bewusst ist.

  • Marktanteile

In der Praxis wird das traditionelle Realisierungsmodell mit Einzelunternehmern nach wie vor weitaus am meisten angewendet. Im Jahre 2009 haben die im Verband Schweizerischer Generalunternehmer (VSGU) organisierten Generalunternehmer mit einem Umsatz von etwa 5.6 Mia. Fr. einen Marktanteil von etwa 13–14 Prozent am gesamten Hochbauvolumen der Schweiz von rund 42 Mia. Fr. erreicht. (Quelle: «40 Jahre erfolgreich» – Jubiläumsausgabe: 40 Jahre VSGU Verband Schweizerischer Generalunternehmer – Beilage zu «die baustellen» und «intelligent bauen»; 2010).

Es sei nochmals festgehalten, dass die Betrachtung der Modelle nicht darauf hinausläuft, eines davon empfehlen zu wollen. Ich bin kein Interessenvertreter, sondern ein neutraler Bauherrenberater. Beide Verfahren haben ihre Berechtigung. Je nach Ausgangslage dürfte eher das eine oder das andere vorteilhafter sein. Wenn dieses Buch zu den Evaluationskriterien einige brauchbare Argumente liefern kann, hat es seinen Zweck erfüllt.

Spezialfälle der Projektrealisierung

Neben den oben beschriebenen Hauptvarianten der Projektrealisierung werden noch einige Spezialfälle der Bauausführung besprochen, und zwar im Teil 3.

  • A. Typenhäuser

Auf den ersten Blick könnte das Typenhaus-Modell als Generalunternehmermodell für den kleinen Bauherrn bezeichnet werden. Ganz falsch ist diese erste Einschätzung nicht. Sie muss aber relativiert werden. Zunächst ist dieses Realisierungsmodell kein reines Generalunternehmermodell, da oft Planung und Ausführung aus einer Hand stammen: Es ist also ein Totalunternehmermodell. Zudem unterscheiden sich die Usanzen der Projektabwicklung und die Merkmale der Vertragsgestaltung meist mehr oder weniger stark von reinen Generalunternehmergeschäften. Vertragsfragen bei Typenhäusern sind daher nicht einfacher als bei traditionellen Generalunternehmerprojekten, sondern deutlich komplizierter.

  • B. Kostengarantievertrag SIA

Dieses Vertragsmodell basiert auf der traditionellen Bauausführung durch Einzelunternehmer unter der Bauleitung eines Architekten, zusätzlich enthält es aber einige Elemente des Generalunternehmermodells, insbesondere eine starke Preisgarantie. Es ist also eine Art Mischform der beiden Grundvarianten.

  • C. Totalunternehmersubmission

Dieses Vorgehen ist eine Mischform zwischen Architektenwettbewerb und Ge-neralunternehmermodell. Die am Wettbewerb teilnehmenden Generalunternehmer arbeiten zunächst in einem Konkurrenzverfahren je ein Projekt aus und geben dafür einen verbindlichen Werkpreis an. Der Bauherr kann somit im Hinblick auf die Bauausführung aus verschiedenen Projekten auswählen, für welche die Preise verbindlich vorliegen.