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Leseprobe aus dem Kapitel 14: Bonusvereinbarungen

Leseprobe 4: «Verpönter Bonus»

Der Bonus hat in der Wirtschaft einen schlechten Ruf. Das Wort Bonus ist teilweise fast zu einem Schimpfwort geworden. Es steht für schamlose Bereicherung, etwa von Managern und Bankern. Bonusjäger gelten als Abzocker. Man vermutet, dass die exzessive Gier nach dem Bonus in der Zeit um 2008 wesentlich zum Ausbruch der letzten grossen Finanzkrise beigetragen hat.

In vielen Sektoren des Dienstleistungsgewerbes und insbesondere bei den klassischen freien Berufen ist der Bonus kaum bekannt. Ein Arzt, der im üblichen einfachen Auftrag für seinen Patienten tätig ist, gibt zwar in der Regel sein Bestes, aber der Patient hat keine Erfolgsgarantie. Er kann nicht davon ausgehen, wieder gesund zu werden. Es wäre verpönt, wenn der Arzt seine Bemühungen daran koppeln würde, im Erfolgsfall einen Bonus zu bekommen.

Auch ein Bergführer bekommt keinen Gipfelbonus, wenn er seinen Gast auf den Berg bringt. Er riskiert unter Umständen sein Leben, um seinem Kunden den Gipfelerfolg zu ermöglichen, aber eine Garantie gibt es nicht. Der Bergführerlohn ist auch dann zu bezahlen, wenn das Matterhorn nicht erreicht wird. Meist liegt es nämlich ausserhalb des Einflussbereichs des Bergführers, ob das Bergvorhaben gelingt. Sehr oft spielt das Wetter nicht mit, oder die Kondition des Kunden reicht nicht aus.

Unterschiedliche Wertschätzung des Bonus im Bauwesen

Im Bauwesen geht es um viel Geld. Es wäre daher naheliegend, dass die Leistungen der zentralen Dienstleister, nämlich der Architekten, mit einem finanziellen Bonus gekoppelt wären. Dazu findet man aber kaum Spuren. Die Honorarordnungen des SIA zeichnen sich seit Urzeiten dadurch aus, dass darauf verzichtet wird, den Beauftragten für wirtschaftliches Handeln besonders zu belohnen. Eine Bonuskomponente könnte darin bestehen, dass das Honorar ansteigt, wenn die Baukosten sinken (wie immer man dies auch messen will). Dieser Mechanismus ist jedoch in der vorherrschenden Honorarberechnung nach den aufwandbestimmenden Baukosten (Art. 7 SIA 102; 2014) nicht vorgesehen.

Mit viel gutem Willen könnte man allenfalls den Honorarfaktor s (Faktor für Sonderleistungen) heranziehen (Art 7.10 SIA 102; Ausgabe 2014; Seite 68 ff.). Das Honorar kann anhand des Faktors s unter anderem dann erhöht werden, wenn durch die Tätigkeit des Architekten der Bauherr «grosse wirtschaftliche Vorteile» erfährt. Die Formulierungen sind aber so vage gehalten, dass man kaum ernsthaft von einer Bonusregelung sprechen kann.

Es gibt allerdings ausserhalb der traditionellen Form der Bauausführung (Bauleitung durch den Architekten) ein anderes wichtiges Realisierungsmodell, bei dem der Bonusgedanke ausgeprägt ist. Wir sprechen vom Generalunternehmergeschäft. Das weit verbreitete Preisbestimmungsmodell der offenen Abrechnung mit Kostendach lebt vom Bonus. Wenn der Generalunternehmer den vereinbarten Kostendachbetrag unterschreiten kann, profitieren beide Seiten davon: Besteller und Generalunternehmer. – Sogar der SIA hat mit dem Kostengarantievertrag SIA ein neueres Realisierungsmodell im Angebot, das den Bonus kennt. Näheres dazu in: «Mit wem baue ich?» (siehe Anhang), Seite 248 ff. (offene Abrechnung mit Kostendach) und Seite 397 ff. (Kostengarantievertrag SIA).

Gemäss meinen Erfahrungen wären viele Bauherren grundsätzlich an einem Modell interessiert, dass die Architekten verstärkt zu wirtschaftlichem Handeln motiviert. Oft handelt es sich dabei um Personen, die in ihrer eigenen beruflichen Tätigkeit mit dem Bonusgedanken zu tun haben (Verkäufer, Manager etc.). Im Unterschied zu vielen anderen auftragsrechtlich tätigen freien Berufen (Ärzte, Bergführer etc.) spielt die Wirtschaftlichkeit in der Bauplanung nämlich eine zentrale Rolle.

Fehlender Mustervertrag

Angesichts der Attraktivität des Bonusgedankens findet man in Planerverträgen gelegentlich selbst konstruierte Bonusmodelle, die aber nicht immer glücklich aufgebaut sind. Das Problem ist nämlich, dass es für dieses Modell keine Vorlagen gibt: keinen Mustervertrag, keine SIA-Norm, keine SIA-Unterstützung, rein gar nichts. Man bewegt sich sozusagen in freier Wildbahn. Man hört darum häufig (nicht zu Unrecht), dass nicht sachkundige Bauherren besser die Finger von diesem Konzept lassen sollten.

Für sachkundige (oder sachkundig beratene) Bauherren jedoch ist das Bonussystem ein sehr effizientes Mittel, mit dem sich die Baukosten in erheblichem Ausmass beeinflussen lassen. Persönlich habe ich damit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Richtig angewendet, wird es nicht nur vom Auftraggeber, sondern auch von den beauftragten Planern geschätzt.