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A. Die kubische Berechnung

Die sogenannte kubische Berechnung ist im Bauwesen eine uralte Methode zur Abschätzung der Baukosten. Die Grundüberlegung geht von der naheliegenden Annahme aus, dass die Baukosten abhängig von der Grösse des Gebäudes sind. Es geht also darum, zunächst das Volumen eines Bauwerkes zu ermitteln und anschliessend daraus mittels eines Erfahrungswertes, des sogenannten Kubikmeterpreises, die Baukosten zu berechnen.

Im Kubikmeterpreis eingeschlossen sind die gesamten Gebäudekosten einschliesslich der Honorare. Fachleute bezeichnen diese Kostengruppe als BKP 2. Nicht enthalten im Kubikmeterpreis und separat zu ermitteln sind alle übrigen Hauptgruppen des Baukostenplanes BKP (Vorbereitungsarbeiten, Umgebung, Erschliessung und Baunebenkosten).

Die Ermittlung des Bauvolumens nach der SIA-Norm 116

An und für sich wäre es möglich, das effektive (reine) Bauvolumen als Basis für die Berechnung der Baukosten zu nehmen. Vor allem bei komplizierteren Dächern, etwa einem abgewinkelten Walmdach mit Mansarden, zeigt es sich aber schnell, dass der geometrisch richtige Rauminhalt von Baukörpern gar nicht so einfach zu berechnen ist.

Die bereits sehr alte SIA-Norm 116 (Normalien für kubische Berechnungen von Hochbauten; erschienen 1952) schafft hier Abhilfe. Sie vereinheitlicht und vereinfacht die Berechnung von Bauvolumen. Volumen von geneigten Dächern beispielsweise werden aufgrund von Dachzuschlägen berechnet, die in der Normalie festgelegt sind. Die SIA-Norm 116 regelt ebenfalls, welche Zuschläge bei Flachdächern, Balkonen und dergleichen in die Berechnung einzusetzen sind. Der Laie kann davon ausgehen, dass das Bauvolumen gemäss SIA 116 aufgrund der Zuschläge normalerweise etwas grösser ist als das effektive (reine) Volumen.

Ohne uns in Details verlieren zu wollen, gehen wir im folgenden auf die wichtigsten Regeln der kubischen Berechnung gemäss der SIA-Norm 116 ein.

 

  • Grundvolumen des Gebäudes

Ausgangspunkt der Berechnung ist das Volumen des Gebäudes ohne Dach. Dieses Volumen wird berechnet aus Gebäudegrundfläche mal Höhe, wobei als Höhe die Distanz von Oberkant Kellerboden bis Oberkant oberste Decke einzusetzen ist. Im nachfolgenden Beispiel betragen die Geschosshöhen (inkl. Decke) für die zwei Wohngeschosse je 2.70 m, für den Keller 2.62 m. Die massgebende Höhe beträgt somit gesamthaft 8.02 m.

 

  • Dachzuschläge

Zum Grundvolumen des Gebäudes werden bei geneigten Dächern Dachzuschläge hinzugerechnet. Bei nicht ausgebauten Dächern (kalte Estriche) beträgt der Dachzuschlag 1 m. Bei ausgebauten Dächern entspricht er normalerweise einer üblichen Geschosshöhe von 2.60 - 2.70 m (technisch ausgedrückt ist als massgebliche Höhe die Distanz von der obersten Decke bis Oberkant Kehlboden einzusetzen). Dachschrägen werden in beiden Fällen nicht abgezogen.

Grundprinzip der kubischen Berechnung (gemäss SIA-Norm 116)

 

  • Uebrige Zuschläge

Bei diversen übrigen Bauteilen sind gemäss SIA-Norm 116 Zuschläge vorzusehen. In der nachfolgenden Tabelle sind einige wichtige Beispiele aufgeführt.

begehbare Flachdächer
und Terrassen
Dachzuschlag 1 m
Kellerräume mit erhöhtem Ausbaustandard
(z. B. mit Wärmeisolation)
Bodenzuschlag 1 m
Balkone (begehbar) und Vordächer massgebliche Höhe
— bis Ausladung 1.50 m
1.50 m
— über Ausladung 1.50 m
2.00 m

Beurteilung der kubischen Berechnung

Die kubische Berechnung gilt zu Recht als nicht sehr genau, weil sie ein sehr summarisches Verfahren der Kostenermittlung ist. Die Kostenprognose hängt nur von einem einzigen Schätzwert ab, nämlich dem Kubikmeterpreis. Es kommt noch ein weiteres Problem hinzu, das meiner Ansicht nach in der Praxis zuwenig bekannt ist. Die kubische Berechnung wird nämlich von den Architekten ziemlich unterschiedlich gehandhabt. Falls sie dies bewusst tun, kann man von einem Manipulieren der Berechnung sprechen. Gemäss meinen Erfahrungen passiert dies gelegentlich.

 

  • Beispiel einer Manipulation

Eine beliebte Methode der Manipulation besteht darin, das Volumen zu hoch auszuweisen. Das ist leicht möglich, insbesondere durch zu hohe Zuschläge. Einmal bin ich auf die kubische Berechnung eines Einfamilienhauses gestossen, wo sich der Architekt bei einem ausgebauten Dachgeschoss nicht mit der zulässigen Höhe von ca. 2.70 m begnügt hat (siehe Abbildung oben). Aus unerfindlichen Gründen hat er darüber hinaus noch einen separaten Dachzuschlag von 1 m in die Berechnung eingesetzt. Dadurch hat sich bei der Abrechnung ein Kubikmeterpreis ergeben, der um mehr als 10% zu tief gewesen ist. Die Bauherrschaft hat Freude gehabt am angeblich tiefen Kubikmeterpreis. Niemand hat die unsaubere Berechnung gemerkt, die Bauherrschaft schon gar nicht.

Aufgrund der leichten Manipulierbarkeit empfiehlt es sich daher, Kubikmeterpreisen von Dritten mit einer gewissen Vorsicht zu begegnen. Man sollte, um ein Wort von Churchill etwas abzuwandeln, nur kubischen Schätzungen vertrauen, die man selber frisiert hat.

 

  • Fazit

Bei kubischen Berechnungen überlagern sich zwei Quellen von Unsicherheit: erstens kann ein summarisches Verfahren mit nur einem einzigen (umfassenden) Schätzwert wie dem Kubikmeterpreis systembedingt nicht sehr genau sein, und zweitens kann die Berechnung relativ leicht manipuliert werden. All das heisst aber nicht, dass kubische Berechnungen wertlos seien. Wenn ein Architekturbüro immer wieder ähnliche Bauprojekte bearbeitet (Wohnungsbau, Einfamilienhäuser etc.) und bei der Anwendung der Methode keine Fehler macht (oder regelmässig die gleichen ...), kann vermutlich eine Genauigkeit von 10% erreicht werden. Diese Präzision genügt für die Investitionsrechnung zum Zeitpunkt der Baueingabe meistens durchaus.

Eine gewisse Vorsicht ist bei der kubischen Berechnung stets dann angezeigt, wenn die Methode auf Bauobjekte angewendet wird, die zwar ähnlich sind, sich aber in einem wesentlichen Merkmal unterscheiden. Bei Wohnblöcken beispielsweise hängt der Kubikmeterpreis von der Anzahl der Geschosse ab, selbst dann, wenn die Grundrisse und der Ausbaustandard absolut identisch sind. Der Grund dafür ist der unterschiedliche Anteil kostengünstiger Kellerräume am gesamten Bauvolumen. Ein Wohnblock mit drei Wohngeschossen hat einen tieferen (mittleren) Kubikmeterpreis als einer mit vier Wohngeschossen.

Noch mehr Vorsicht ist angebracht, wenn für kubische Berechnungen fremde Kennzahlen verwendet werden. Nicht empfehlenswert schliesslich ist die Methode bei Bauvorhaben, die dem Planungsbüro wenig vertraut sind. Wer beispielsweise noch nie eine Industriehalle gebaut hat, sollte die Kosten nicht mit einer kubischen Berechnung ermitteln.