Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Buch bestellen Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

Der revidierte Kostenvoranschlag

Bisher haben wir mehrheitlich vom Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt der Baueingabe gesprochen. Es ist notwendig, dass zu diesem Zeitpunkt zuverlässige Kostenaussagen vorliegen, weil mit der Baueingabe das Bauvorhaben weitgehend festgelegt wird und nachher nicht mehr so einfach geändert werden kann. Gekoppelt mit der Genehmigung des Kostenvoranschlags muss zudem die Finanzierung des Bauvorhabens sichergestellt werden. Der Kostenvoranschlag kann, wie erläutert, nach Arbeitsgattungen oder nach Elementen gegliedert sein. Empfohlen wird die elementbasierte Gliederung.

Der Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (revidierter Kostenvoranschlag)

Der nächste wichtige Meilenstein für die Bauherrschaft nach der Baueingabe ist der formelle Baubeschluss. Dieser wird meist etwa drei bis sechs Monate nach Einreichen des Baugesuchs gefällt, je nachdem, wie lange das Baubewilligungsverfahren dauert.

Der Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses ist in der Regel genauer als derjenige zum Zeitpunkt der Baueingabe. Bei Letzterem beruhen die Kosten auf Erfahrungszahlen, und zwar sowohl beim Kostenvoranschlag nach Arbeitsgattungen (BKP 2001) wie beim elementbasierten Kostenvoranschlag (eBKP-H 2012). Beim Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses jedoch ist ein grosser Teil der Arbeiten bereits ausgeschrieben und die Unternehmerleistungen sind mit realen Offerten hinterlegt. Die Kosten beruhen somit auf Marktpreisen. Dies betrifft beispielsweise die Arbeitsgattungen Aushub, Spezialfundationen, Baumeisterarbeiten, Stahlbau, Gebäudeinstallatio-nen oder Lifte.

Der Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses weist somit nur noch geringe Unsicherheiten auf. Eine Genauigkeit von +/– 5% ist durchaus möglich. Aber Achtung! Weil man zwischenzeitlich die Marktpreise besser kennt, wird nur die Toleranz der Kostenprognose kleiner (5% statt 10%). Die Projektrisiken dagegen sind immer noch die gleichen und somit auch die Höhe der KV-Position «Unvorhergesehenes (offene Reserven)».

Erläuterungen zum Beispiel

Grundlage des nachfolgend dargestellten Beispiels ist der Kostenvoranschlag nach Arbeitsgattungen, den wir weiter vorne bereits kennengelernt haben. Zum Zeitpunkt der Genehmigung (Frühling 2009) beträgt die Summe des Kostenvoranschlags 916 500 Fr. In der Zwischenzeit werden im Rahmen der Bauvorbereitung für viele Arbeitsgattungen Offerten von Werkunternehmern eingeholt, wodurch die Kostensicherheit besser wird.

Wir stellen nun fest, dass sich mit den zusätzlichen Kosteninformationen die formale Gliederung des Zahlenwerks verändert. Es werden zusätzliche Spalten eingefügt. Die Tabelle nimmt dadurch die Form an, die wir später im Zusammenhang mit der Baukostenüberwachung kennenlernen werden. Die Grundidee der Aktualisierung des Kostenvoranschlags zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (revidierter Kostenvoranschlag) besteht darin, die Spalte «Kostenvoranschlag» (Spalte 3) unverändert zu lassen und die zusätzlichen Kostenerkenntnisse in der Spalte «Prognose» (Spalten 6a und 6b) abzubilden. Der früher genehmigte KV-Betrag von 916 500 Fr. wird also bewusst in der bisherigen Höhe belassen.

Zur einfacheren Verständlichkeit wird die Spalte «Prognose» in zwei Teilspalten aufgegliedert (Spalten 6a und 6b). In der Spalte 6a sind die Arbeitsgattungen aufgeführt, zu denen bereits Offerten vorliegen. In der Spalte 6b befinden sich die Arbeitsgattungen, welche nach wie vor auf Schätzungen beruhen.

Das Ergebnis sieht so aus, dass 64% der Prognosesumme auf Offerten basiert (580 300 Fr.) und 36% (330 000 Fr.) unverändert auf Schätzungen. Gesamthaft ergibt sich eine Kostenprognose von 910 300 Fr. Sie liegt etwas unter dem Kostenvoranschlag von 916 500 Fr. Die Genauigkeit wird mit +/– 5% angegeben.

Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt Baubeschluss (revidierter Kostenvoranschlag)

  • Verträge und Zahlungen

Es fällt auf, dass im Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (revidierter Kostenvoranschlag) in den Spalten 4 und 5 bereits Beträge für Verträge und Zahlungen eingesetzt sind. Diese betreffen allerdings ausschliesslich die bisherige Planungsphase bis zum Baubeginn. Konkret handelt es sich dabei um die Honorare der Bauplaner sowie um Nebenkosten wie die Gebühren für die Baubewilligung. Die Summe der entsprechenden Kosten beträgt 35 000 Fr.

Man kann vermeiden, dass im Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (revidierter Kostenvoranschlag) bereits Zahlungen enthalten sind, indem für die Planungsphase ein separater Kredit bereitgestellt wird (Planungskredit). Viele öffentliche Bauherren gehen so vor. Dann sind im Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses nur noch beeinflussbare Kosten enthalten, nicht aber Verpflichtungen, welche die Bauherrschaft bereits eingegangen ist.

Der Begriff des «revidierten Kostenvoranschlags» nach SIA

Anhand der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) befassen wir uns damit, wie das Thema des revidierten Kostenvoranschlags im SIA-Normenwerk behandelt wird. Ausführungen dazu finden wir in der Teilphase 4.41 «Ausschreibung, Offertvergleich, Vergabeantrag» des Leistungsbeschriebs. In Bezug auf die Revision des Kostenvoranschlags wird unterschieden zwischen einer Grundleistung und einer besonders zu vereinbarenden Leistung. Beide betrachten wir nachfolgend näher.

Die Leistungen beim revidierten Kostenvoranschlag gemäss Art. 4.41 SIA 102:

— Grundleistung
Revidieren der Kostenermittlung aufgrund der Angebote und Vergleich mit dem Kostenvoranschlag

— Besonders zu vereinbarende Leistung
Erstellen eines revidierten Kostenvoranschlags, analog Art 4.32, auf der Grundlage der eingegangenen Angebote

Im Normalfall (Grundleistung) wird somit aufgrund der Angebote eine revidierte Kostenermittlung erstellt und mit dem Kostenvoranschlag verglichen. Der Kostenvoranschlag bleibt unverändert. Dies ist genau das, was im obigen Beispiel (Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt Baubeschluss) geschieht: Nur die Prognose wird aktualisiert (Spalte 6), nicht aber der Kostenvoranschlag (Spalte 3). Der Kostenvoranschlag beträgt unverändert 916 500 Fr., wie schon zum Zeitpunkt der Genehmigung vor der Baueingabe. Die aktualisierte Kostenprognose aufgrund der eingeholten Angebote jedoch beläuft sich auf 910 300 Fr., etwas weniger als der Kostenvoranschlag.

Der Spezialfall ist viel seltener, also das Erstellen eines revidierten (veränderten) Kostenvoranschlags, und zwar auf der Grundlage der eingegangenen Angebote. Man erbringt hier den Leistungsbereich «Kostenvoranschlag» aus der Teilphase 4.32 «Bauprojekt» noch ein zweites Mal, und es erstaunt deshalb nicht, dass diese Planungstätigkeit zusätzlich honoriert werden muss («Besonders zu vereinbarende Leistung»). Eine derartige Revision des Kostenvoranschlags drängt sich meist nur dann auf, wenn die eingegangenen Angebote stark von den entsprechenden KV-Beträgen abweichen.

Zur Gliederung des revidierten Kostenvoranschlags

Der Kostenvoranschlag kann bekanntlich konventionell nach Arbeitsgattungen gegliedert werden (BKP 2001) oder aber elementbasiert (eBKP-H 2012). Genau das Gleiche gilt für den revidierten Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeginns.

Die Zukunft gehört der elementbasierten Gliederung. Zurzeit herrscht aber noch die traditionelle Gliederung vor wie in obigem Beispiel (Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt Baubeschluss), selbst dann, wenn der Kostenvoranschlag elementbasiert (nach eBKP) erstellt worden ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Planer mit der traditionellen Gliederung nach Arbeitsgattungen besser vertraut sind. Da der BKP 2001 und der eBKP-H 2012 miteinander kompatibel sind, ist es relativ einfach, den traditionellen Kostenvoranschlag nach Arbeitsgattungen in einen revidierten Kostenvoranschlag umzurechnen, der auf der elementbasierten Kostengliederung basiert.

Vermehrt dürfte sich aber durchsetzen, dass die für den Kostenvoranschlag gewählte elementbasierte Gliederung (eBKP-H 2012) während der ganzen Phase der Bauausführung bis zur Bauabrechnung beibehalten wird.