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Vorwort

Sie haben ein Bauherrenbuch vor sich. Es beleuchtet die Welt des Bauens aus der Sicht der Bauherrschaft. Es geht aber nur um einen Teil des Bauens: Betrachtet wird nämlich primär die Bauausführung.

Ganz grob kann man ein Bauvorhaben in zwei Hauptphasen unterteilen: die Bauplanung und die Bauausführung. Die Zäsur zwischen diesen beiden Hauptphasen ist das Baubewilligungsverfahren. Die Bauausführung fängt dann an, wenn das Projekt geplant ist und aufgrund des eingereichten Baugesuchs in einem recht engen Korsett definiert ist. Während der Bauausführung können am bewilligten Projekt nur noch in einem kleinen Umfang Änderungen vorgenommen werden.

Beim Beginn der Bauausführung ist die Planung, abgesehen vom Erstellen der Ausführungspläne, erbracht. Zentrale Resultate der Bauplanung sind die Projektpläne, der Kostenvoranschlag und der Baubeschrieb. Im Rahmen der nun beginnenden Ausführung geht es um die eher pragmatischen Aspekte des Bauens und weniger um baukünstlerische Fragen. Voraussetzung für ein erfolgreiches Gelingen sind etwa zuverlässige Bauhandwerker, eine vorausschauende Bauleitung, mängelfreie Konstruktionen, eine minutiöse Überwachung der Kosten oder sorgfältig ausgearbeitete Verträge.

Varianten der Bauausführung

Eine zentrale Frage bei der Bauausführung betrifft die Organisationsform. Bei der traditionellen Form der Bauausführung beschafft die Bauherrschaft die Ausführungsleistungen portionenweise, und zwar gegliedert nach Arbeitsgattungen wie Aushub, Baumeisterarbeiten, elektrische Installationen oder Gipserarbeiten. Hier kümmert sich die Bauleitung im Auftrag der Bauherrschaft um die Koordination der Bauarbeiten.

Es gibt aber noch eine ganz andere Organisationsform der Bauausführung. Die Bauherrschaft kann nämlich auch zu einer spezialisierten Bauausführungsfirma gehen, welche die Ausführung von kompletten Bauprojekten in einem einzigen Werkvertrag anbietet. Solche Komplettanbieter werden als Generalunternehmer bezeichnet. Die Bauleitung ist eine ihrer Kerntätigkeiten.

Das Hauptziel dieses Buches besteht darin, die Bauherrschaft für die beiden Grundvarianten der Bauausführung zu sensibilisieren, also die traditionelle Bauausführung mit Einzelunternehmern und das Generalunternehmermodell. Bei den beiden klassischen Realisierungsmodellen haben sich nämlich durchaus unterschiedliche Kulturen entwickelt.

Daneben betrachten wir noch drei abgeleitete Varianten der Projektrealisierung näher, die sich mehr oder weniger stark von den Grundvarianten unterscheiden und teilweise als Mischlösungen bezeichnet werden können. Es handelt sich dabei um das Typenhausgeschäft, den Kostengarantievertrag SIA sowie die Totalunternehmersubmission.

Bei allen Erscheinungsformen der Projektrealisierung wird dargelegt, durch welche Eigenschaften sie sich auszeichnen. Die Kriterien zur Auswahl werden beleuchtet. Dazu gehören etwa die Art der Risikobewirtschaftung und der Grad der Beanspruchung der Bauherrschaft durch das Baugeschehen.

Unser Interesse gilt vor allem wirtschaftlichen Fragestellungen. In erster Linie geht es also um Kosten, Termine und Risiken. Die wichtigsten juristischen Aspekte werden zwar auch angesprochen, das Buch ist aber kein Werk über Rechtskunde im Bauwesen.

Auf der Suche nach dem optimalen Realisierungsmodell

Eine vergleichende Beurteilung der verschiedenen Realisierungsmodelle befindet sich am Schluss des Buches, im Teil 4. Der Leserschaft, die auf der Suche ist nach dem optimalen Realisierungsmodell für ihr konkretes Bauvorhaben, kann empfohlen werden, sich zuerst dort etwas umzuschauen. Es handelt sich dabei um das Kapitel 15 «Vergleichende Betrachtungen» und ganz besonders um den Abschnitt «Schlussbilanz». Möglicherweise ergibt sich aufgrund der Lektüre der zwei Seiten der «Schlussbilanz» bereits eine erste Fokussierung auf ein bestimmtes Realisierungsmodell. Dies kann nützlich sein für Personen, die das Buch systematisch durchlesen. Wenn man nämlich bereits ungefähr weiss, wonach man sucht, sind die Sinne entsprechend geschärft.

Wissensbasis des vorliegenden Buches

Ich bin dipl. Architekt ETH (Abschluss 1980) und verfüge über eine Nachdiplomausbildung als Betriebsingenieur (Betriebswissenschaftliches Institut BWI der ETH).

Das vorliegende Buch basiert primär auf meinen Erfahrungen als selbständiger Bauherrenberater seit dem Jahr 1989. Es handelt sich also um Praxiswissen und nicht um Theoriewissen. Bei den wenigen beschriebenen Sachgebieten, in denen ich nicht auf praktische Erfahrungen zurückgreifen kann, gebe ich es jeweils an. Dies betrifft vor allem den Kostengarantievertrag SIA, einen der beschriebenen Spezialfälle der Bauausführung.

In der Zeit bis etwa 2005 bin ich primär für mittelgrosse Privatfirmen tätig gewesen. Bei den dabei betreuten Bauvorhaben ist es vorwiegend um Geschäftshäuser und Industriegebäude gegangen. Im Jahr 2005 bin ich angefragt worden, beim Umbau des Parlamentsgebäudes in Bern als Berater der Nutzerorganisation mitzuwirken. Während mehrerer Jahre habe ich dann das Privileg genossen, auf dem Gebiet der Nutzerberatung und Nutzerprojektleitung an der Sanierung dieses überaus bekannten Gebäudes (populär als Bundeshaus bezeichnet) mitzuwirken. Später habe ich auch an anderen Projekten im Bundeshausperimeter mitgearbeitet. Dabei habe ich die Arbeitsweise des Baufachorgans der Schweizerischen Eidgenossenschaft kennen und schätzen gelernt, des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL). Einige Erfahrungen aus diesem effizienten und hochprofessionellen Arbeitsumfeld sind ebenfalls in dieses Buch eingeflossen.

Publikationen und Spontanberatung

Seit langem verfasse ich Publikationen, die sich an Bauherrschaften richten (nähere Angaben dazu siehe www.roeplaner.ch). Daraus haben sich als Nebentätigkeit zur eigentlichen Bauherrenberatung vielfältige Kontakte zu Bauherren von überschaubaren Bauvorhaben ergeben, die ich in meist kleinem Rahmen beraten habe (sogenannte Spontanberatung). Typischerweise ist es dabei um die Gestaltung von generalunternehmer-ähnlichen Verträgen gegangen. Die dabei gemachten Erfahrungen sind in das Kapitel 12 über das Typenhausgeschäft eingeflossen.

Ziel des Buches

Welches Ziel wird mit der vorliegenden Publikation verfolgt? An und für sich könnte man sich verschiedene Möglichkeiten vorstellen: Theoretische Abhandlung, Praxisbericht, Lehrbuch oder Ratgeber, um die wichtigsten zu nennen.

Das Ziel ist eindeutig: Das Buch soll ein praxisbezogenes Lehrbuch sein, und zwar für Laien (Gelegenheitsbauherrschaften). Es wird also nicht eine in sich abgeschlossene Theorie ausgebreitet, die man in einer Schule lernen kann. Es geht vielmehr darum, Praxiserfahrungen zu verschiedensten Themen zu beschreiben und diese miteinander zu verknüpfen. Aufgrund dieser Befunde wird dann das Feld der Bauausführung abgesteckt, vermessen und kartografiert.

Nachfolgend betrachten wir zwei ausgewählte konkrete Beispiele von Praxiserfahrungen näher.

Beispiel 1: Projektänderungen beim Generalunternehmermodell

Beim ersten Beispiel einer Praxiserfahrung geht es um die Abrechnungsmethode der offenen Abrechnung mit Kostendach beim Generalunternehmermodell. Landläufig geht man davon aus, dass hier Projektänderungen durchaus einfach ablaufen. Der Generalunternehmer erstellt für die beabsichtigte Änderung nämlich eine Offerte samt verbindlicher Preisangabe, die vor der Ausführung von der Bauherrschaft genehmigt werden muss.
In der Praxis stellt man aber nicht selten fest, dass der Preis vor der Ausführung gar nicht so einfach angegeben werden kann. Eine ungefähre Angabe ist zwar möglich, aber nicht eine präzise. Diese Unschärfe hat Auswirkungen auf das ganze Kostenwesen beim Generalunternehmermodell mit offener Abrechnung. Das entsprechende Vorgehen wird im Buch im Detail beschrieben. Siehe Absatz «Änderungswünsche des Bauherrn» sowie Absatz «Kontrolle des aktualisierten Kostendachs anhand der Baubuchhaltung (ohne vollständige Nachträge)».

Beispiel 2: Parallelsubmission

Ein zweites Beispiel einer Praxiserfahrung betrifft die sogenannte Parallelsubmission, also die zeitgleiche Submission (Ausschreibung) von Bauleistungen nach den Geschäftsauffassungen der Architekten (Submission von Arbeitsgattungen) und der Generalunternehmer (Generalunternehmersubmission). Nach Theorie ist dieses Vorgehen nicht vorgesehen: Man findet es weder im Leistungsbeschrieb der SIA-Honorarordnung 102 noch in den Allgemeinen Bedingungen AVB des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer VSGU. Dies bedeutet aber nicht, dass es in der Praxis nicht dennoch angewendet wird. Das Buch gibt Aufschluss über die entsprechenden praxisbezogenen Belange. Siehe Abschnitt «Parallele Submission für General- und Einzelunternehmer».

Kehren wir nach diesen zwei Praxisbeispielen zurück zum Ziel des Buches: Der Leser soll als Bauherr ein mündiger Akteur werden im Bauwesen. Er findet ein praxisbezogen abgestecktes Spielfeld vor. Das Wichtigste, was er über Spielregeln, Strategien, Instrumente und Risiken wissen sollte, wird erläutert. Eine Meinung über das adäquate Vorgehen im konkreten Fall jedoch muss er sich selber bilden.

Wenn sich die interessierte Leserschaft nach dem Umblättern der letzten Seite dieses Buches im Lesesessel entspannt zurücklehnt und mit Befriedigung zur Erkenntnis kommt, dass sie das nun das Wichtigste vom Bauen begriffen hat, und wenn sie dann ungeduldig und voller Energie kaum auf den nächsten Morgen warten kann, um ihre baubezogenen Ideen kenntnisreich und umsichtig umzusetzen – dann hat das Buch sein geheimes Ziel erreicht.

Die vorliegende Publikation will etwas nicht sein: eine Sammlung von Ratschlägen, welche die Leser nicht richtig einordnen können. Ratgeberpublikationen haben oft etwas Sektiererisches an sich. Ich hoffe, dass es mir gelingt, davon Abstand zu nehmen. Ich gebe zwar auch Empfehlungen ab, sehr viele Empfehlungen sogar, aber ich liefere dazu auch die nötigen Argumente mit. Wenn ich also beispielsweise empfehle, im Rahmen des Kostenvoranschlags eine elementbasierte Kostengliederung zu wählen (siehe Abschnitt «Kostenvoranschlag»), dann basiert diese Empfehlung auf fundierten Praxiserfahrungen und sollte nachvollziehbar sein.

Vorgängerpublikation des Buches

Das vorliegende Buch geht zurück auf meine Publikation «Günstiger bauen» aus dem Jahre 1999 (Röthlisberger, Günstiger bauen. Verlag Hans Röthlisberger Kiesen 1999, ISBN 3–9521751–0–2). Das Buch ist im Markt überaus wohlwollend aufgenommen worden. Die «Finanz und Wirtschaft» etwa hat sich in ihrer Ausgabe vom 20. Mai 2000 (Beilage «Invest – Immobilien 2000», Seite 65) darüber wie folgt geäussert: «Geschrieben in einer klaren und verständlichen Sprache, ist dieses Buch Pflichtlektüre für alle, die bauen wollen, denn es spart Ärger, Zeit und Geld». – Das Vorgängerbuch ist zwischenzeitlich vergriffen.

Die Ausführungen über die traditionelle Form der Bauausführung (Architektenmodell) sind zu einem grossen Teil aus diesem Buch übernommen worden. Die Beiträge über das Generalunternehmermodell jedoch habe ich, wesentlich umfangreicher als in «Günstiger bauen», weitgehend neu verfasst. Die Texte über die beiden Spezialfälle der Typenhäuser und des Kostengarantievertrags SIA sind neu hinzugefügt worden, während die Totalunternehmersubmission bereits im Vorgängerbuch behandelt worden ist.

Der ganze Planungsteil aus dem Buch «Günstiger bauen» ist in der vorliegenden neuen Publikation, die sich auf die Bauausführung konzentriert, nur am Rande behandelt. Eine Ausnahme betrifft das Honorarwesen. Hier hat sich zwischenzeitlich so ausserordentlich viel verändert, dass ein grosses Bedürfnis nach einer aktuellen Darstellung besteht. Im Kapitel 2 liefere ich darum einen Abriss über die neueren Entwicklungen im Honorarwesen, ohne aber zu stark auf Einzelfragen einzugehen.

«Günstiger bauen» (1999)
von Hans Röthlisberger


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