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Garantie für die Mängelfreiheit der Leistungsverzeichnisse

Bei diesem Thema sprechen wir von einer Garantie, bei der man sich wundert, wieso sie überhaupt zur Sprache kommt: Spielen Leistungsverzeichnisse bei der Generalunternehmersubmission überhaupt eine Rolle?

In den Allgemeinen Bedingungen (AVB) des Generalunternehmer-Werkvertrags findet man den Begriff des Leistungsverzeichnisses tatsächlich nicht. Die üblichen Vertragsunterlagen sind Baubeschrieb und Vertragspläne. Trotzdem lassen Bauherrschaften, sowohl kleinere private wie auch grosse öffentliche, die detaillierten Leistungsverzeichnisse von ihren Planern gelegentlich erstellen.

Motive zur Erstellung der Leistungsverzeichnisse

Gemäss meinen Erfahrungen gibt es zwei Motive, wieso detaillierte Leistungsverzeichnisse oft schon zum Zeitpunkt der Generalunternehmersubmission erstellt worden sind.

  • Motiv 1: Erstellung für die normale Submission (Arbeitsgattungen)

Bei diesem ersten Motiv hat die Erstellung gar nichts mit der Generalunternehmersubmission zu tun. Die detaillierten Leistungsverzeichnisse werden vielmehr angefertigt, damit die Bauherrschaft bereits während der Planungsphase (also noch vor der Generalunternehmersubmission) mit ihnen Richtofferten von Einzelunternehmern einholen kann und somit einen besser abgesicherten Kostenvoranschlag erhält. Gelegentlich führt sie mit den detaillierten Leistungsverzeichnissen auch eine Parallelsubmission durch (parallel zur Submission von Arbeitsgattungen unter Einzelunternehmern wird gleichzeitig eine Generalunternehmersubmission durchgeführt). Näheres dazu siehe Abschnitt «Parallele Submission für General- und Einzelunternehmer»).

  • Motiv 2: Erstellung im Hinblick auf eine bessere Generalunternehmersubmission

Beim zweiten Motiv werden die detaillierten Leistungsverzeichnisse extra für die Generalunternehmersubmission erstellt. Die Bauherrschaft braucht sie also für keinen anderen Zweck, weder für eine genauere Erstellung des Kostenvoranschlags anhand von Richtofferten noch für eine Parallelsubmission.

Dahinter steht die Überlegung, dass anhand von detaillierten Leistungsverzeichnissen der Generalunternehmer eher in der Lage ist, ein mängelfreies Angebot auszuarbeiten. Er erkennt die Anforderungen (Spezifikationen) des Bauherrn besser und kann sie korrekt in sein Angebot einrechnen. Es ist für ihn einfacher, die Preise der Leistungen seiner Subunternehmer einzuholen. Missverständnisse und Fehler können eher vermieden werden. Die Qualität des Angebots wird also besser.

Die häufige Verwendung von Leistungsverzeichnissen bei Generalunternehmersubmissionen hat mich selber überrascht. Im Zusammenhang mit Recherchen zu diesem Buch bin ich dieser Frage näher nachgegangen. Ich bin zum Schluss gekommen, dass es auch von den Generalunternehmern geschätzt wird, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits detaillierte Leistungsverzeichnisse vorliegen. Als besonders nützlich werden sie bei komplizierten Arbeitsgattungen empfunden.

Als kompliziert gelten besonders die Arbeitsgattungen, wo die Leistungsverzeichnisse von Fachplanern ausgearbeitet werden. Dazu gehört die ganze Gebäudetechnik, aber auch die Statik (Leistungsverzeichnis des Bauingenieurs), die Fassade (Leistungsverzeichnis des Fassadenplaners) und allfällige weitere mehr.

Weniger stark oder gar nicht benötigt werden die Leistungsverzeichnisse, die vom Architekten selbst erstellt werden (z.B. alle Oberflächenverkleidungen wie Bodenbeläge, Gipserarbeiten, Malerarbeiten etc.). Auch bei der Umgebung wird ein Leistungsverzeichnis als nicht besonders hilfreich erachtet. Viel nützlicher sind hier die üblichen Instrumente, mit denen Spezifikationen im Generalunternehmergeschäft festgelegt werden (aussagekräftiger Vertragsplan; guter Baubeschrieb einschliesslich Details wie Pflanzliste etc.).

Das Problem des Massenrisikos:
Voraussetzungen zur Übernahme der Garantie

Bauherrenseitig erstellte Leistungsverzeichnisse können das Problem aufweisen, dass sie Mängel enthalten. Das äussert sich etwa darin, dass die ermittelten Mengen pro Position (Vorausmasse) fehlerhaft sind oder einzelne Positionen komplett fehlen. Dieses Thema haben wir im Abschnitt «Vollständigkeit von Leistungsverzeichnissen» ausführlich erörtert. Man spricht in diesem Zusammenhang oft vom Massenrisiko. In der Regel strebt die Bauherrschaft an, dass der Generalunternehmer das Massenrisiko übernimmt.

Aus meiner Sicht sind zwei Voraussetzungen nötig, damit der Generalunternehmer das Massenrisiko übernehmen kann. Darauf gehe ich nachfolgend ein.

— Voraussetzung 1: Wenige Mängel
Die Leistungsverzeichnisse dürfen von vornherein nur geringe Mängel aufweisen (siehe Absatz «Methoden zur Erstellung mängelfreier Leistungsverzeichnisse»).

— Voraussetzung 2: Gute Überprüfbarkeit
Die gute Überprüfbarkeit der Leistungsverzeichnisse durch den Generalunternehmer muss gewährleistet sein (siehe Absatz «Leistungsverzeichnisse gut überprüfbar konzipieren»). Dies setzt selbstverständlich auch voraus, dass genügend Zeit zur Überprüfung gewährt wird.

Die Ausgangslage für eine Garantieübernahme ist beispielsweise dann günstig, wenn es sich um ein Neubauprojekt eines einschlägig erfahrenen Architekten handelt. Sie ist deutlich weniger günstig, wenn es um ein Sanierungsprojekt geht, und der Architekt zudem wenig Routine in der Erstellung entsprechender Leistungsverzeichnisse hat.

Schlussbemerkungen

Die Übernahme des Massenrisikos (Garantie für mängelfreie Leistungsverzeichnisse) ist an und für sich nichts anderes als ein Spezialfall der Garantie des Generalunternehmers für vorbestandene Planungsfehler. Die Leistungsverzeichnisse sind nämlich ein Teil der bauherrenseitig erstellten vorbestandenen Planungsergebnisse. Im Idealfall erhält der Bauherr vom Generalunternehmer eine Garantie für die Gesamtheit der bauherrenseitigen Planung (umfassende Planungsgarantie). Siehe dazu den Absatz «Haftung für vorbestandene Planungsfehler». Falls dies nicht möglich ist, kann vielleicht immerhin eine Garantie für mängelfreie Leistungsverzeichnisse (Massenrisiko) erreicht werden.

  • Verweis auf SIA-Norm 118

Eine ähnliche Regelung wie die Übernahme des Massenrisikos beim Generalunternehmergeschäft findet man auch in der SIA-Norm 118 (Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten), dort allerdings den Werkvertrag des Einzelunternehmers betreffend. In Art. 40 Abs. 2 SIA 118 wird postuliert, dass der Werkunternehmer bei einem Gesamtpreisvertrag (Globalpreis) allfällige Mengenangaben in den Ausschreibungsunterlagen auf ihre Übereinstimmung mit den Plänen prüft. Wenn es sich um einen Pauschalpreis handelt (und nicht um einen Globalpreis), kommt in gleichem Sinne Art. 41 SIA 118 zur Anwendung.

Die Übernahme des Massenrisikos kennt man also auch bei der Bauausführung mit Einzelunternehmern.