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Weitere Empfehlungen zur Ausschreibung

Nachfolgend befassen wir uns mit einigen weiteren Empfehlungen, die bei der Ausschreibung optional in Betracht gezogen werden können. Wir sprechen von der pauschalen (funktionalen) Ausschreibung (Option A), von Unternehmervarianten (Option B) und der Bildung von grossen Leistungspaketen (Option C).

Option A: Pauschale Ausschreibung mit Beschrieb und Plänen

Eine Strategie zu mängelfreien Ausschreibungsunterlagen kann darin bestehen, Leistungsverzeichnisse mit Normpositionen zu vermeiden und die Lieferung eines Teilwerks pauschal auszuschreiben. Im Prinzip geht man hier ähnlich vor wie bei der Generalunternehmersubmission, wobei Gegenstand der Ausschreibung nicht ein ganzes Bauwerk ist, sondern nur eine einzelne Arbeitsgattung (oder Teile davon). Baubeschrieb und Vertragspläne spezifizieren nicht ein Bauwerk, sondern ein Teilwerk. Grundsätzlich wird also in beiden Fällen nur beschrieben, welche Leistungsmerkmale das geforderte Werk erfüllen muss. Es wird lediglich mit Beschrieb und Plänen dokumentiert. Auf eine Mengenermittlung wird verzichtet, ebenfalls auf eine detaillierte Aufgliederung der Gesamtleistung auf kleine Leistungseinheiten (Normpositionen).

Die pauschale Ausschreibung in obigem Sinne (mit Beschrieb und Plänen) eignet sich meiner Ansicht nach für eine breite Palette von Arbeitsgattungen (z.B. Erstellen einer Baugrube, Ausführung von Schreinerarbeiten nach historischem Muster in einem alten Wohnhaus, Sanierung und Erweiterung einer Küche etc.).

  • Beispiel

Nehmen wir an, für den Umbau eines alten Wohnhauses seien Schreinerarbeiten auszuschreiben. Unter anderem geht es dabei um Verkleidungen von Wänden. Die Ausführung soll dem traditionellen Erscheinungsbild von Holzverkleidungen entsprechen, mit horizontalen und vertikalen Zierleisten.

Es zeigt sich schon an diesen Zeilen, dass mit Worten komplizierte Bauleistungen wenig anschaulich beschrieben werden können. Es ist zwar ohne Weiteres möglich, für eine Wandverkleidung ein Leistungsverzeichnis zu erstellen, das nur aus Normpositionen besteht. Aber alle Vor- und Nebenarbeiten einschliesslich allfälliger Zuschläge müssen dabei umständlich beschrieben werden. Die Gefahr ist gross, dass man dabei etwas vergisst.

Viel eleganter ist es, komplette Bauteile wie etwa die Verkleidung eines Wandstückes im Detail zu zeichnen und als Einheit pauschal auszuschreiben. Anhand der Detailzeichnung (siehe Beispiel) erkennt der Anbieter genau, welche Nebenarbeiten er in den Pauschalpreis einrechnen muss (Anpassungen an Fenster, Decken, Innenecken etc.). Missverständnisse können dadurch vermieden werden.

Plan für die pauschale Ausschreibung eines komplizierten Bauteils (Schreinerarbeiten; Verkleidung eines Wandstücks)

  • Beurteilung der pauschalen Ausschreibung mit Beschrieb und Plänen

Mit pauschal ausgeschriebenen Werkleistungen entfällt das Risiko von mangelhaften Leistungsverzeichnissen. Finanzielle Nachforderungen, die damit begründet werden, sind somit nicht zu erwarten. – Es ist aber weiterhin möglich, dass der Beschrieb oder die Vertragspläne Mängel enthalten, die zu Nachforderungen Anlass geben können.

Durch die pauschale Ausschreibung verschiebt sich der Planungsaufwand zwischen Planern und Werkunternehmern. Bei den Planern wird der Arbeitsaufwand durch pauschal ausgeschriebene Werkleistungen tendenziell geringer. Nicht nur die Devisierungstätigkeit entfällt, bei einzelnen Arbeitsgattungen fällt auch der Verzicht auf das Ausmessen ins Gewicht. – Für den Werkunternehmer jedoch dürfte die pauschale Ausschreibung eher aufwendiger sein. Er kann sich nicht damit begnügen, in ein vorgängig ausgearbeitetes Leistungsverzeichnis die Preise einzusetzen. Er muss die einzelnen Arbeitsschritte selber identifizieren und auch die Mengen selber ermitteln. Aus diesem Grund ist die pauschale Ausschreibung nicht besonders gut geeignet für Arbeitsgattungen, bei denen der Arbeitsumfang für das Ermitteln der Vorausmasse gross ist. Dies ist beispielsweise gerade bei den mehrfach erwähnten heiklen Gipserarbeiten der Fall. Hier ist es unter Umständen eher angezeigt, ein mängelfreies Leistungsverzeichnis durch einen spezialisierten externen Bauplaner erstellen zu lassen (Beispiel siehe hier).

Von der pauschalen Ausschreibung mit Beschrieb und Vertragsplänen (aber ohne Leistungsverzeichnis) zu unterschieden ist die sogenannte Pauschalierung von Einheitspreisverträgen, auf die wir später eingehen. Hier wird für die Ausschreibung zuerst ganz normal ein Leistungsverzeichnis erstellt. Erst im Rahmen der Vergabe wird eine pauschale Vergütung vereinbart.

  • Funktionale Ausschreibung als Untervariante der pauschalen Ausschreibung

Eine Unterform der pauschalen Ausschreibung ist die funktionale Ausschreibung. Den Begriff der funktionalen Ausschreibung findet man vorzugsweise bei gebäudetechnischen Installationen. Hier werden Leistungswerte definiert, die das zu liefernde Teilwerk erfüllen muss. Es kann sich dabei etwa um eine Heizung oder eine Lüftungsanlage handeln. Es wird in der Regel darauf verzichtet, ein Leistungsverzeichnis zu erstellen und die Vorausmasse zu ermitteln. Das funktional ausgeschriebene Werk wird pauschal vergeben.

Option B: Unternehmervarianten prüfen

In Leistungsverzeichnissen ist normalerweise die Art der Arbeitsausführung im Detail festgelegt. Was passiert nun, wenn ein Unternehmer eine gute Idee hat und die ausgeschriebene Arbeit oder einen Teil davon auf eine andere Art besser oder günstiger ausführen kann? Vielfach werden derartige Vorschläge zu wenig ernsthaft geprüft. Es ist bei traditionellen Ausschreibungen zwar meistens möglich, dass ein Anbieter sogenannte Unternehmervarianten einbringen kann, aber oft ist es nicht mehr als eine Alibiübung. Viele Planer haben kein Interesse an Gegenvorschlägen, weil sie dadurch nur mehr Aufwand haben und allenfalls noch weniger Honorar bekommen. Etliche Unternehmer haben es daher aufgegeben, eigene Vorschläge zu unterbreiten, weil oft gar nicht darauf reagiert wird.

Hier gilt es Gegensteuer zu geben. Unternehmervarianten sind eine Chance, und die Bauherrschaft hat es in der Hand, das gedeihliche Klima dafür zu schaffen. Sie kann den Anbietern klar zu verstehen geben, dass eigene Vorschläge erwünscht sind und dass die Planer sie wohlwollend prüfen werden. Das Interesse der Planer an kostensparenden Unternehmervarianten kann allenfalls auch dadurch zusätzlich gesteigert werden, indem man ihnen für eine Unterschreitung des Kostenvoranschlags einen Bonus in Aussicht stellt (siehe Abschnitt «Bonus für kostenbewusste Bauausführung»). Unternehmervarianten sind bei allen Arbeitsgattungen möglich. – Allerdings gibt es taugliche und untaugliche Vorschläge.

  • Ein guter Vorschlag

Ein Stahlbauer schlägt vor, bei einer 20 Meter hohen Halle die Stahlstützen in der Betondecke einzuspannen und nicht als Gelenk auszubilden. Ferner empfiehlt er ein anderes Stahlprofil. Der Bauingenieur rechnet den Vorschlag durch. Weil die Kosten tatsächlich geringer sind als bei der bisher vorgesehenen Lösung, erhält der Stahlbauer unter anderem aufgrund seines Unternehmervorschlags den Auftrag.

  • Ein untauglicher Vorschlag

Eine Montagefirma schlägt vor, für die Dachisolation anstelle der angegebenen einheimischen Wärmeisolation (Steinwolle) ein anderes, ausländisches Produkt zu verwenden. Nachforschungen ergeben aber, dass das preisgünstigere ausländische Fabrikat qualitativ nicht vergleichbar ist. Namentlich ist festgestellt worden, dass nach wenigen Jahren die ursprüngliche Dicke von 10 cm deutlich einfallen kann. Dieser Unternehmervorschlag wird daher nicht berücksichtigt.

Das Prinzip der Unternehmervarianten gilt es zu kultivieren. Dahinter steht die Grundüberlegung, dass man zwar die allgemeinen Anforderungen (Spezifikationen) für eine bestimmte Leistung vorschreiben soll, nicht aber die technische Lösung. Anders ausgedrückt: Das Ziel ist zu definieren, nicht der Weg zum Ziel.

Option C: Grosse Leistungspakete bilden

Das Thema der Bildung von grossen Leistungspaketen könnte man an und für sich auch im nachfolgenden Abschnitt «Bauarbeiten vergeben» behandeln. Da es aber aus meiner Sicht bereits bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen sinnvoll ist, den Aspekt der Bündelung von Leistungen einzubeziehen, behandeln wir ihn schon jetzt. Beispielsweise ist es möglich, durch eine geschickte Wahl der Bauteile und Konstruktionen die Anzahl der benötigten Handwerker zu reduzieren.

In der Industrie ist das Beschaffungswesen in den letzten Jahren erheblich verändert worden. Die Unternehmen sind zunehmend dazu übergegangen, die Anzahl ihrer Lieferanten zu reduzieren und von den wenigen übrig gebliebenen umfassende Leistungspakete zu beziehen. Diese Beschränkung auf wenige Unternehmer mit grossen Leistungsumfängen kann auch im Bauwesen handfeste Vorteile bringen, und zwar für beide Seiten, Bauherr und Unternehmer.

  • Vorteile für die Unternehmer

Ein Unternehmer kann mit einem um-fangreicheren Auftrag oft kostengünstiger arbeiten. Viel Potential für rationellere Arbeit besteht namentlich an den Schnittstellen zwischen den einzelnen Tätigkeiten. Nehmen wir an, ein einziger Unternehmer werde mit dem Auftrag für alle Oberflächenverkleidungen (Malerei, Teppiche, Plättli, Gipser etc.) betraut. Dadurch werden eine Reihe interessanter Vereinfachungen möglich. Alle Arbeitsgänge werden von der gleichen Führung koordiniert, was ein zügiges Arbeiten erlaubt. Der oft beträchtliche Reiseanteil zwischen den verschiedenen Baustellen wird reduziert. Leerläufe können minimiert werden. Aber auch die Qualität wird vermutlich besser. Der Gipser beispielsweise wird kaum die Arbeit des Malers beschädigen – und umgekehrt.

  • Vorteile für den Bauherrn

Die Arbeit wird auch für den Bauherrn respektive seine Bauleitung einfacher, wenn weniger Unternehmer ein grösseres Arbeitsvolumen ausführen. Um viele Schnittstellenprobleme muss sie sich nicht kümmern.

Dies zeigt sich beispielsweise bei der Leichtbaufassade eines Industriebaus, wo für die Montage in der Regel ein Gerüst benötigt wird. Die Bauleitung hat zwar die nötigen Kenntnisse, um die Fassade und das Gerüst je einzeln auszuschreiben und zu bestellen. Vielfach ist es aber besser, wenn das Gerüst im Leistungsumfang des Fassadenbauers eingeschlossen wird und dieser sich darum kümmert. Er kann das nämlich mindestens so gut wie ein Architekt oder Bauleiter. Dadurch ist die Bauleitung aber einige Sorgen los. Der Fassadenbauer ist jetzt verantwortlich, dass das Gerüst rechtzeitig aufgestellt wird und seinen Ansprüchen genügt, insbesondere auch was die Sicherheit anbelangt. Im eigenen Interesse nimmt er diese Verantwortung vollumfänglich wahr.

Generell wird die Projektführung einfacher, wenn weniger Unternehmer zu koordinieren sind. Durch die Bildung grosser Leistungspakete wird ein Teil der Führungsarbeit von der Bauleitung auf die Unternehmer verlagert. Zudem nimmt der Aufwand für die Administration ab. Es gibt weniger Ausschreibungen, Abgebotsverhandlungen, Verträge und dergleichen. Man braucht weniger Zeit und produziert weniger Papier.

Nicht vergessen darf man allerdings, dass das Risiko von Bauhandwerkerpfandrechten ansteigt, wenn die Unternehmer viele Leistungen an Subunternehmer vergeben. Dagegen kann man sich aber recht gut absichern. Näheres siehe die Ausführungen zum Bauhandwerkerpfandrecht.

  • Beispiel: grosse Leistungspakete bei einem kleinen Umbau

Am Beispiel eines kleinen Umbauvorhabens wollen wir uns mit dem Prinzip der grossen Leistungspakete befassen. Kleinere Bauvorhaben und speziell Umbauten haben den Ruf, besonders teuer zu sein. Hier lohnt es sich, Unternehmer auszuwählen, denen möglichst grosse Arbeitspakete übertragen werden können. Je kleiner die Bauaufgabe ist, desto geringer soll die Anzahl der beteiligten Unternehmer sein.

Im konkreten Projekt wird ein Stockwerk eines alten Holzhauses behindertengerecht umgebaut. Unter anderem wird ein neues Badezimmer eingerichtet und die Raumeinteilung etwas abgeändert. An der Fassade sind nur geringe Eingriffe nötig, und das Dach ist gar nicht betroffen. Obschon bei diesem Bauvorhaben alle üblichen Installationsarbeiten vorkommen (Sanitär, Heizung, Stark- und Schwachstrom), kommt man mit drei Haupthandwerkern und einigen Nebenhandwerkern aus.

Vielfach leistet bei Holzhäusern der Bauschreiner die Hauptarbeit. Sein Gebiet umfasst Wandverkleidungen, Türen, Fenster, Parkettböden und dergleichen. Es ist sinnvoll, dass er ebenfalls nichttragende Leichtbauwände ausführt, wodurch man sich den Gipser spart. Weitere zwei Haupthandwerker sind nötig für die Installationen. Der eine ist mit Vorteil ein Allrounder für Sanitär und Heizung, der andere ein Elektriker.

Neben diesen drei Haupthandwerkern sind für meist kleinere Arbeiten weitere Handwerker nötig für den Rohbau (Baumeister, Zimmermann) sowie für den Ausbau (Plättlileger, Maler). Zusammen kommt man auf fünf bis sieben Handwerker. Gemäss meinen Erfahrungen reicht diese Anzahl bei vielen Umbauten aus.

Benötigte Handwerker für ein kleines Bauvorhaben (Umbau eines alten Holzhauses)

>> zum Inhaltsverzeichnis – Kapitel 5, Bauarbeiten ausschreiben und vergeben


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