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B. Vollmacht der Bauleitung

Die Vollmacht des Architekten und speziell der Bauleitung wird im Rahmen des Architektenvertrages mit der Bauherrschaft geregelt, der zum Zeitpunkt der Bauausführung in der Regel längstens abgeschlossen ist. Im Werkvertrag geht es somit nur darum, dem Unternehmer kundzugeben, was im Architektenvertrag hinsichtlich der Stellvertretungsbefugnisse bereits vereinbart worden ist.

Die Vollmacht des Architekten im Architektenvertrag

Der Architekt ist beim Bauen in vielerlei Hinsicht der Stellvertreter der Bauherrschaft. Seine Legitimation, im Namen des Auftraggebers gewisse Rechtshandlungen (Tätigkeiten) vorzunehmen, bezeichnet man als Vollmacht. Wie bei jeder Stellvertretung ist es auch hier nötig, den Umfang der Vertretungsbefugnisse genau zu vereinbaren. Der Architekt soll nicht Entscheide treffen, welche die Bauherrschaft eigentlich sich selber vorbehalten möchte. Zudem müssen die Unternehmer wissen, für welche Entscheide oder Anordnungen er legitimiert ist – und für welche nicht.

Zentrale Bestimmungen zur Vollmacht des Architekten finden sich im Artikel 1.3 der SIA-Honorarordnung 102. Ich zitiere daraus den dritten Abschnitt (Vertretung des Auftraggebers; Art. 1.3 Abs. 3 SIA 102):

Daraus lässt sich ableiten, dass die wirklich wichtigen Rechtshandlungen vom Architekten nicht ohne Absprache vorgenommen werden können. Darunter fallen insbesondere solche, die mit finanziellen Konsequenzen verbunden sind. Völlig klar ist beispielsweise, dass nur die Bauherrschaft (und nicht der Architekt) Bauarbeiten vergeben und Werkverträge abschliessen kann. Bei einem breiten Feld von Tätigkeiten ist aber eine Stellvertretung möglich und notwendig. Das Paradebeispiel ist die örtliche Bauleitung, also das Erteilen von Weisungen auf der Baustelle. An vielen Stellen des umfangreichen Leistungsbeschriebs (Art. 4 SIA 102) werden dazu konkrete Beispiele aufgeführt (Ausmasse aufnehmen, Werke prüfen, Mängelrügen erheben etc.).

Die Vollmacht der Bauleitung in der SIA-Norm 118

Zur allgemeinen Verwunderung stellt man fest, dass die Normbestimmungen zur Vollmacht in den «Allgemeinen Bedingungen für Bauarbeiten» SIA-Norm 118 wesentlich von den Vereinbarungen in der SIA-Honorarordnung 102 abweichen. Der Artikel 33.2 SIA 118 besagt: «Soweit der Werkvertrag in der Vertragsurkunde nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, vertritt die Bauleitung den Bauherrn gegenüber dem Unternehmer; alle Willensäusserungen der Bauleitung, die das Werk betreffen, sind für den Bauherrn rechtsverbindlich, insbesondere Weisungen, Bestellungen, Bestätigungen und Planlieferungen (...).» Einzelne Juristen betrachten diese sehr weit gefasste Vollmacht in der SIA-Norm 118 fast als Generalvollmacht (Schwager, in: Gauch / Tercier, Architektenrecht; Seite 270).

An und für sich ist es nicht unproblematisch, diesen offensichtlichen Widerspruch einfach stehen zu lassen. Da es aber relativ selten Streitigkeiten zur Vollmacht der Bauleitung gibt, kann man aus meiner Sicht auf präzisierende Vereinbarungen in den Werkverträgen mit den Einzelunternehmern zum Thema Vollmacht verzichten. Eine gewisse Aufmerksamkeit kann aber im Verkehr mit dem Architekten resp. seiner Bauleitung nicht schaden, speziell bei jenen Punkten, bei denen in der SIA-Norm 118 die Stellvertretungsbefugnisse der Bauleitung zu weit gehen. Meines Erachtens trifft dies vor allem bei folgenden Punkten zu, auf die wir im weiteren Verlauf dieses Abschnittes eingehen: Regierapporte, Bestellungsänderungen, Schlussabrechnung sowie Abnahmen.