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Basiswissen über Werkverträge (SIA-Norm 118)

In der Praxis ist in den weitaus meisten Fällen die «Handwerkernorm» SIA 118 (Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten) die massgebliche Grundlage für baubezogene Werkverträge. Wir gehen in diesem Abschnitt näher auf diese im Bauwesen zentrale Norm ein und machen uns dadurch mit den wichtigsten Aspekten des Werkvertragsrechtes in der Bauwirtschaft vertraut. Allerdings greife ich nur jene Punkte heraus, die aus meiner subjektiven Sicht für Bauherrschaften speziell wichtig sind. Einzelne Gebiete, die in der SIA-Norm 118 teilweise viel Raum einnehmen (z.B. Teuerungsabrechnung), lasse ich weg. Diese Schrift ist kein Rechtshandbuch. Für eine systematische Darstellung des Werkvertragsrechtes verweise ich auf das Standardwerk «Der Werkvertrag» von Peter Gauch (Detailangaben siehe Literaturverzeichnis). Auf 1077 Seiten finden sich in diesem gewichtigen Werk (gut 2 Kilo) Antworten auf wohl die meisten Fragen, mit denen Bauherren konfrontiert sein können. Die juristischen Ausführungen in diesem Kapitel 4 basieren massgeblich auf dem genannten Sachbuch.

Literaturempfehlung: Gauch, Werkvertrag, 5. Auflage 2011

Erinnern wir uns daran, dass die Bestimmungen der SIA-Norm 118 keine Gesetzeskraft haben, sondern als unverbindliche «Allgemeine Vertragsbedingungen» zu betrachten sind, herausgegeben von einem privaten Verein (SIA). Die Parteien können die Norm gesamthaft oder in Teilen in den individuellen Werkvertrag übernehmen. Jede Klausel kann gestrichen oder abgeändert werden. Davon darf bei Bedarf auch Gebrauch gemacht werden. Wie erwähnt, liegt es primär am Architekten (Gesamtleiter), die Bauherrschaft diesbezüglich zu beraten. Es ist eine seiner wichtigsten Aufgaben, für seinen meist nicht sachkundigen Auftraggeber möglichst vorteilhafte Vertragskonditionen zu erreichen.

SIA-Norm 118 immer vereinbaren

Aus meiner Sicht ist es unbedingt zu empfehlen, baubezogene Werkverträge auf der Basis der SIA-Norm 118 abzuschliessen und daran nicht zu viele Änderungen vorzunehmen. Der Hauptgrund ist der, dass diese Norm in weitgehend unveränderter Form seit 1977 angewendet wird. Dies hat zur Folge, dass der Inhalt der Norm allmählich ins kollektive Bewusstsein der Anwender gedrungen ist. Die meisten Praktiker der Bauwirtschaft haben mindestens eine grobe Ahnung davon, was in ihr steht. Der junge Bodenleger, der zum ersten Mal mit juristischen Fragen konfrontiert ist, kann seinen Grossvater fragen, den Senior-Bodenleger: Was dieser in seiner langen Berufskarriere über die SIA-Norm 118 gelernt hat, ist mehrheitlich noch heute gültig. Das Resultat dieser Konstanz ist eine hohe Rechtsicherheit. Sehr viele Rechtsanwender wissen, was rechtens ist und was nicht. – Die Rechtslage wäre für die allermeisten wohl viel unklarer, wenn auf die SIA-Norm 118 verzichtet und der Werkvertrag «nach Obligationenrecht» abgeschlossen würde.

Gelegentlich wird die SIA-Norm 118 sogar angewendet, wenn sie gar nicht vereinbart ist; so stark ist ihre Stellung in der Baubranche. Rechtsanwalt Rechsteiner, der seit vielen Jahren für den SIA Kurse zur SIA-Norm 118 gibt, erzählt dazu eine lustige Anekdote (Quelle: TEC 21; Nr. 20/2010, Seite 33):

Es geht um einen privaten Bauherrn, der kurz vor Weihnachten einen gravierenden Werkmangel entdeckt. Um dem Unternehmer die Festtage nicht zu verderben, schickt er ihm erst Mitte Januar eine Mängelrüge. Da die SIA-Norm 118 gar nicht Bestandteil des Vertrages gewesen ist, hat der Bauherr nur eine Rügefrist von einer Woche, die er verpasst. Der Unternehmer geht aber wie selbstverständlich davon aus, dass die SIA-Norm 118 mit der längeren Rügefrist anwendbar ist und behebt den Mangel anstandslos. «Das zeigt schön, dass die SIA-Norm 118 die Praxis oft auch in Fällen prägt, in denen sie rechtlich gesehen gar nicht anwendbar wäre».