Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Buch bestellen Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

Verhandlungen mit Generalunternehmern

Nachdem die Angebote der Generalunternehmer vom Architekten geprüft und verglichen worden sind, ist der Bauherr in der Lage, mit den Vertragsverhandlungen zu beginnen. Generell empfiehlt es sich, Vertragsverhandlungen nicht unter zu grossem Zeitdruck führen zu müssen, aber wenn die Umstände es erfordern, kommt man durchaus mit zwei Wochen aus. Siehe dazu den Terminplan für die Parallelsubmission (Tätigkeit B6 «Vertragsverhandlungen»).

Oft begnügt der Bauherr sich damit, mit den zwei bis drei Anbietern zu sprechen, deren Angebote er als am attraktivsten betrachtet. Wegleitende Kriterien für seine Auswahl sind neben dem Preis die angebotenen Garantien.

Preis

Der Preis ist ein zentrales Kriterium. Die Bauherrschaft versucht oft, im Rahmen der Verhandlungen beim Preis noch Zugeständnisse zu erwirken. Inwieweit diese Versuche von Erfolg gekrönt sind, hängt stark vom Projekt ab. Ich kenne Fälle, wo sich die Generalunternehmer beim Preis sehr wenig flexibel gezeigt haben (bei den Garantien aber schon). In anderen Fällen ist es möglich gewesen, noch einen Rabatt von wenigen Prozenten zu erwirken.

Die Bauherrschaft muss sich zudem eine Meinung bilden, welche Methode der Preisbildung für sie attraktiver ist: der Pauschalpreis oder die offene Abrechnung mit Kostendach. Bei der Letzteren ist zwar der Basispreis meist etwas höher, dafür erhält sie die Chance auf eine Preisminderung (Bonus). Je nach vereinbartem Verteilschlüssel kann diese erheblich sein. Es gibt Projekte, bei denen die abgerechneten Kosten 10% unter dem Kostendach liegen. Bei einer Kostendachsumme von 20 Mio. Fr. ergibt dies eine Unterschreitung von 2 Mio. Fr. Von dieser Einsparung profitiert die Bauherrschaft mit 1.5 Mio. Fr., sofern vereinbart worden ist, dass ihr 75% zufallen und dem Generalunternehmer 25%.

Bei den Erwägungen über die Wahl des Vertragsmodells darf nicht vergessen werden, dass die offene Abrechnung für die Bauherrschaft aufwendiger ist als der Pauschalpreis. Die nötigen Kapazitäten zur Projektbetreuung müssen also vorhanden sein.

Garantien

Die Garantien sind zentrale Verhandlungspunkte bei der Besprechung der Generalunternehmerangebote. Einen Überblick zu den wichtigsten Risiken liefert das Kapitel 9 «Bewirtschaftung der Risiken». Es kann vorkommen, dass sich eine bestimmte Garantie zum entscheidenden Vergabekriterium entwickelt. Das kann etwa bei der Vermietungsgarantie der Fall sein. Diese hat die Eigenschaft, dass sie mit dem Bauen an und für sich wenig zu tun hat, aber grosse Beträge erreichen kann. Das Angebot eines Generalunternehmers gewinnt an Attraktivität, wenn er sich bereit erklärt, sich an diesem Risiko zu beteiligen.

Unternehmervarianten zur Preisbestimmung

Es kommt gelegentlich vor, dass Generalunternehmer im Rahmen der Vertragsverhandlungen spezielle Methoden der Preisbestimmung ins Spiel bringen, die sich von den branchenüblichen des Pauschalpreises oder der offenen Abrechnung mit Kostendach unterscheiden. Die zusätzlich propagierte Methode kann als Unternehmervorschlag auf dem Gebiet des Vertragsmodells bezeichnet werden.

  • Ein Beispiel aus dem Tunnelbau

Der wohl berühmteste Unternehmervorschlag auf dem Gebiet der Vertragsgestaltung ist vor ein paar Jahren bei der Ausschreibung von Bauarbeiten für das Baulos Erstfeld des NEAT-Gotthardbasistunnels bekannt geworden. Die Bauarbeiten im Umfang von rund 430 Mio. Fr. sind von der Bauherrin AlpTransit Gotthard AG (ATG) gemäss der im Tunnelbau üblichen traditionellen Abrechnungsmethode mit Einheitspreisen ausgeschrieben worden. Das letztlich siegreiche Konsortium hat die geologischen Verhältnisse jedoch als berechenbar eingestuft und den Unternehmervorschlag eingebracht, die Bauarbeiten als Globalpreis zu offerieren. Gegen den Vergabeentscheid vom Sommer 2005 hat die unterlegene Bieterin zweimal Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission eingerecht. Hauptstreitpunkt ist die umstrittene Gegenüberstellung einer herkömmlichen mit einer globalen Offerte gewesen, wobei der Preisunterschied lediglich 0.6% betragen hat. Die Beschwerde ist beide Male gut geheissen worden. Bei der dritten Vergabe hat sich sogar der damalige Bundesrat Moriz Leuenberger eingeschaltet, damit eine Lösung gefunden werden konnte. Letztlich hat sich die Bieterin mit ihrer Unternehmervariante durchgesetzt. — Die Verzögerung den Bauprojekts von August 2005 bis Februar 2007 hat die Bauherrschaft monatlich 3.5 Mio. Fr. gekostet.

  • Ein Beispiel aus einer Generalunternehmersubmission

Im konkreten Fall einer Generalunternehmersubmission steht das Modell der Preisbestimmung der offenen Abrechnung mit Kostendach im Vordergrund des Interesses der Bauherrschaft. Ein innovativer Generalunternehmer, nennen wir ihn Anbieter A, schlägt eine spezielle Form dieses Preisbestimmungsmodells vor. Das Generalunternehmerhonorar ist bei ihm nicht fest eingerechnet, wie es normalerweise der Fall ist: Er wolle sich sein Honorar nämlich zuerst erarbeiten. Gemäss seinem Vorschlag profitiert er finanziell erst dann, wenn es ihm gelingt, das von ihm angegebene Kostendach von 5 Mio. Fr. zu unterschreiten. Er sieht diesbezüglich ein Kosteneinsparpotential von etwa 10%; wenn er also das Projekt kostenbewusst abwickelt, kann er die Werkleistungen der Subunternehmer für 4.5 Mio. Fr. beschaffen. Konkret schlägt er vor, dass die ersten 100 000 Fr. der Einsparungen an ihn gehen und der darunterliegende Betrag zwischen der Bauherrschaft und ihm im Verhältnis von je 50% aufgeteilt wird.

Vergleich von zwei Varianten der Preisbestimmung bei einer Generalunternehmersubmission

Anmerkung:
(*) Der Stern gibt an, welcher Anbieter (A oder B) bei einem bestimmten Szenario für den Bauherrn günstiger ist.

Sein Konkurrent, der Anbieter B, offeriert nach dem klassischen Muster der offenen Abrechnung mit Kostendach, nämlich mit ausgewiesenem Generalunternehmerhonorar. Sein Kostendach liegt mit 4.85 Mio. Fr. rund 3% unter demjenigen des Konkurrenten A. Das Total der Subunternehmerleistungen beziffert er mit 4.5 Mio. Fr., das Generalunternehmerhonorar setzt er mit 350 000 Fr. ein. An der Unterschreitung des Kostendachs profitiere der Bauherr zu 75%, der Generalunternehmer zu 25%. – Welches Modell ist attraktiver für die Bauherrschaft? Mit dieser Frage wollen wir uns nachfolgend beschäftigen (siehe Tabelle).

Wenn der (innovative) Anbieter A nichts einsparen kann und die Subunternehmer 5 Mio. Fr. kosten (Szenario 1), bezahlt die Bauherrschaft auch diesen Preis: 5 Mio. Fr. Gelingt es dem Generalunternehmer, die abgerechneten Leistungen der Subunternehmer auf 4.9 Mio. Fr. zu bringen (Szenario 2), profitiert von dieser Unterschreitung des Kostendachs nur der Generalunternehmer, denn die ersten 100 000 Fr. gehen an ihn. Bei einem Abrechnungsbetrag von 4.7 Mio. Fr. (Szenario 3) wird dem Bauherrn 100 000 Fr. gutgeschrieben, bei 4.5 Mio. (Szenario 4) 200 000 Fr.

Beim Anbieter B ist es immer ein Verlustgeschäft, wenn die Summe der abgerechneten Werkleistungen 4.5 Mio. Fr. überschreitet (Szenarien 1 bis 4). Die Bauherrschaft bezahlt in jedem Fall nur das Kostendach von 4.85 Mio. Fr.

Man kann somit das Fazit ziehen, dass die Bauherrschaft beim Anbieter A erst dann etwas besser fährt als beim Anbieter B, wenn dieser seine Kosten um etwa 10% reduzieren kann (Summe der Werkleistungen sinkt von 5.0 Mio. Fr. auf 4.5 Mio. Fr.). Dies entspricht dem Szenario 4. Ob dies realistisch ist, muss die Bauherrschaft beurteilen. – Im konkreten Fall hat die Bauherrschaft das innovative Preisbestimmungsmodell als fragwürdig beurteilt und sich für den traditionellen Anbieter B entscheiden.

Entscheid des Bauherrn zur Annahme des Angebots

Kehren wir nach diesem Exkurs zu einer Unternehmervariante zur Preisbestimmung wieder zum eigentlichen Thema zurück, zu den Verhandlungen mit Generalunternehmern. Es kommt der Zeitpunkt, zu dem sich der Bauherr für einen Anbieter entscheidet. Über die wesentlichen Punkte hat man Einigkeit erzielt, aber ein bereinigter Generalunternehmer-Werkvertrag liegt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Die Erteilung des Auftrags wird deshalb mit einem separaten Schreiben dokumentiert.

In diesem Dokument wird zuerst auf die Vertragsunterlagen eingegangen, auf die man sich bezieht. Möglicherweise existieren Nachträge zu den Submissionsgrundlagen und mehrere Versionen von Angeboten des Generalunternehmers. Es wird nochmals festgehalten, was zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gilt und was nicht.

Zu den wesentlichen Punkten gehören sicher der Preis und die Methode der Preisbestimmung. Ein Beispiel ist die offene Abrechnung mit Kostendach. Zu regeln ist auch der Verteilschlüssel bei einer Unterschreitung des Kostendachs.

Speziell wichtig sind die Vereinbarungen über die Garantien. Dazu gehören neben den üblichen Generalunternehmergarantien (Preis, Termin, Qualität) etwa die Mietzinsgarantie oder die Erfüllungsgarantie. Einzelne dieser Risiken werden manchmal erst im Verlauf der Verhandlungen angesprochen.

Zu regeln ist auch die Reihenfolge der Vertragsbestandteile, vor allem dann, wenn diese teilweise redundante Informationen enthalten. Darunter verstehen wir die Tatsache, dass gleiche oder ähnliche Informationen in unterschiedlichen Dokumenten aufgeführt sind (siehe dazu das Beispiel im Absatz «Problematik der Rangordnung der Gültigkeit»). Ein spezielles Augenmerk verdienen die detaillierten Leistungsverzeichnisse. Es ist zu klären, unter welchen Bedingungen und Vorbehalten sie als Vertragsbestandteile gelten.

  • Absagen an die unterlegenen Anbieter

Man erlaube mir noch einen Kommentar zur Kommunikation des Entscheids an die unterlegenen Teilnehmer. Ich empfehle, den Entscheid telefonisch mitzuteilen und nicht nur per Absageschreiben. Die Submissionsteilnehmer haben wochenlang hart gearbeitet, und wenn sie den Auftrag schon nicht erhalten, dann haben sie wenigstens Anrecht auf eine persönlich überbrachte Begründung. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie es durchaus schätzen, wenn sie auf diese Weise orientiert werden und nicht nur mit einem seelenlosen Absageschreiben abgespeist werden. Dann haben sie nämlich auch Gelegenheit, Fragen zu stellen, und erhalten allenfalls ein für sie nützliches Argument, wieso sie den Auftrag nicht erhalten haben.

Detaillierte Ausarbeitung des Vertrags

Oft nimmt der ausgewählte Generalunternehmer kurz nach dem (mündlichen) Vertragsabschluss, der in der Regel noch mit einer kurzen Auftragsbestätigung dokumentiert wird (siehe oben), bereits seine Arbeit auf. Das eigentliche Vertragswerk existiert zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Es folgt noch eine längere Phase der Bereinigung von Details, bis der Vertrag formell unterzeichnet werden kann. Die Dauer dieser Phase der Vertragsbereinigung kann mehrere Wochen umfassen.

Eines der Verhandlungsthemen sind die Leistungen des Generalunternehmers. Es empfiehlt sich, diese nochmals in allen Details durchzusprechen, um allfällige Missverständnisse auszuräumen. Konkret geht es beispielsweise um Nebenleistungen wie Plankopien, Bauwasser oder Baustrom, welche im Vertragsumfang des Generalunternehmers enthalten sind. Auch die Schnittstellen zwischen Grundausbau und Mieterausbau sollen so genau wie möglich definiert werden. Sehr nützlich ist es, wenn Arbeitsgattungen im Detail durchgesprochen werden, bei denen es erfahrungsgemäss immer wieder zu Diskussionen über die Interpretation des Vertrages kommt. Dies ist etwa bei Umgebungsarbeiten der Fall. — Die meisten Vertragsunterlagen sind vom Architekten und seinen Mitplanern ausgearbeitet worden. Sie müssen deshalb von diesem Planungsteam, welches die Interessen der Bauherrschaft vertritt, nochmals sorgfältig überprüft werden. – Zu unterscheiden von der nachträglichen Schlusskontrolle der Vertragsunterlagen durch das Planungsteam vor der Vertragsunterzeichnung ist die Überprüfung der Vertragsunterlagen durch den Generalunternehmer, falls dieser eine Haftung für vorbestandene Planungsfehler übernimmt. Diese Prüfung im Hinblick auf die Übernahme der Planungshaftung muss vorher erfolgen, da die entsprechende Garantie (Planungsgarantie) wie andere Garantien auch (z.B. Erfüllungsgarantie) Bestandteil des Angebots ist und zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen vorliegen muss.

Falls notwendig, müssen im Rahmen der Bereinigung der Vertragsunterlagen auch die Preise der Eigenleistungen des Generalunternehmers gemäss dem vereinbarten Bestimmungskriterium (zum Beispiel günstigster Marktpreis) festgelegt werden. Oft betrifft dies durchaus gewichtige Arbeitsgattungen wie Baumeisterarbeiten oder Aushub.

Ein weiteres umfangreiches Verhandlungsgebiet sind die Garantien. Obschon die wesentlichen Punkte bereits geklärt sind, müssen noch ergänzende Details ausgearbeitet werden. Wie wird die Mietzinsgarantie abgesichert? Wie sind die Vereinbarungen im Detail beim Bauhandwerkerpfandrecht, sofern darauf verzichtet worden ist, dieses mit einer Bankgarantie abzusichern? Unter welchen besonderen Umständen kann Teuerung trotzdem verrechnet werden, obwohl im Grundsatz darauf verzichtet wird? Welche Risiken übernimmt der Generalunternehmer im Rahmen seiner Garantie für den Baugrund (insbesondere Baugrubenabschluss)? Wo muss der Bauherr weiterhin damit rechnen, dass Mehrkosten infolge Mängel des Baugrundes entstehen? Mit welchen Konventionalstrafen sind die vereinbarten Termine verbunden?