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Leseprobe aus dem Kapitel 8: Vertragsfragen

Leseprobe 3: «Genauigkeit der Kosteninformationen»

Thema ist hier der Mustervertrag SIA 1001/1 Planer-/Bauleitungsvertrag (Ausgabe 2014). Daraus greifen wir den folgenden Gesichtspunkt heraus:

Genauigkeit der Kosteninformationen

Ziffer 5.1 im Mustervertrag

Unter der Ziffer 5 des Mustervertrags sind unter dem Titel «Finanzielle Modalitäten» Themen zusammengefasst, die nicht viel miteinander zu tun haben. Unter der Ziffer 5.1 geht es um die Genauigkeit der Kosteninformationen, also um einen Gesichtspunkt der Planungstätigkeit. Gegenstand der weiteren Ziffern jedoch sind Einzelheiten der Bezahlung des Planers (Zahlungsmodalitäten, Zahlungsfristen, Zahlungsort). Diese behandle ich nicht weiter und beschränke mich nachfolgend auf die Aspekte der Kosteninformation. Dazu gehören neben der Definition der Genauigkeitsgrade die Methoden der Kostengliederung.

Genauigkeitsgrade der Kostenaussage

Gemäss Ziffer 5.1 des Mustervertrags hat die Bauherrschaft hinsichtlich der Genauigkeit der Kosteninformationen zwei Wahlmöglichkeiten:

Variante 1: Genauigkeitsgrade gemäss Art. 4 SIA 102 ff.

Die Bauherrschaft kann die Standardwerte für die Kostengenauigkeit gemäss SIA-Ordnung 102 ff. (2014) wählen (definiert in Art. 4):

  • Kostenschätzung zum Vorprojekt +/– 15%
  • Kostenvoranschlag zum Bauprojekt +/– 10%

Variante 2: Individuell vereinbarte Genauigkeitsgrade

Die Kostengenauigkeit kann auch individuell vereinbart werden. Neben den beiden oben genannten Zeitpunkten der Kostenermittlung ist hier noch ein dritter aufgeführt:

  • Grobschätzung der Baukosten für erarbeitete Lösungsmöglichkeiten
  • Kostenschätzung zum Vorprojekt
  • Kostenvoranschlag zum Bauprojekt

Bei der Grobschätzung der Baukosten dürfte eine Genauigkeit von 20 oder 25% angezeigt sein.

Zusätzlicher Zeitpunkt der Kostenermittlung:
KV zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (Baubeginns)

Aus meiner Sicht sollte neben den oben genannten Zeitpunkten der Kostenermittlung noch ein weiterer Zeitpunkt aufgeführt werden: der Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (Baubeginns). Da diesbezüglich im Mustervertrag eine Wahlmöglichkeit fehlt, wird eine allfällige Vereinbarung in einer Beilage zum Planervertrag festgehalten.

Der normale Kostenvoranschlag wird während der Teilphase «Bauprojekt» erstellt, etwa zum Zeitpunkt des Baugesuchs. Der nächste wichtige Meilenstein für die Bauherrschaft ist der formelle Baubeschluss. Dieser wird einige Monate nach Einreichung des Baugesuches gefällt, je nachdem, wie lange das Baubewilligungsverfahren dauert. Der KV zum Zeitpunkt des Baubeschlusses (Baubeginns) ist in der Regel genauer als derjenige zum Zeitpunkt des Baugesuchs (Bauprojekt). Beim Bauprojekt beruhen die Kosten mehrheitlich auf Erfahrungszahlen. Beim Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeginns jedoch ist die Teilphase «Ausschreibung» bereits weitgehend abgeschlossen. Ein grosser Teil der Arbeiten ist schon ausgeschrieben und die Unternehmerleistungen sind mit realen Offerten hinterlegt. Die Kosten beruhen somit auf Marktpreisen. Der Kostenvoranschlag zum Zeitpunkt des Baubeschlusses weist somit nur noch geringe Unsicherheiten auf. Eine Genauigkeit von +/– 5% ist durchaus möglich. – Falls die Bauherrschaft diesen erhöhten Genauigkeitsgrad wünscht, sollte die Forderung im Planervertrag festgehalten werden. Näheres in meinem Buch «Mit wem baue ich?» (siehe Anhang), Seite 63 ff.

Methoden der Kostengliederung

Im Mustervertrag ist die Methode der Kostengliederung als Wahlvariante nicht angesprochen. Dies erstaunt, denn im Leistungsbeschrieb (Art. 4.31 und 4.31 SIA 102; 2014) ist ausdrücklich erwähnt, dass die Methode der Kostengliederung vereinbart werden kann. Diese Wahlmöglichkeit betrifft sowohl die Ermittlungszeitpunkte Vorprojekt wie Bauprojekt.

In der Bauwirtschaft sind die Kosten jahrzehntelang bevorzugt nach Arbeitsgattungen gegliedert worden. Eine Arbeitsgattung entspricht dem typischen Leistungsumfang eines Werkunternehmers (Baumeister, Elektriker etc.). Das Instrument zur Kostengliederung ist der traditionelle Baukostenplan BKP, letztmals revidiert im Jahr 2001.

Die Kostengliederung nach Arbeitsgattungen hat einen wesentlichen Nachteil. Sie eignet sich nicht so gut für die Kostenplanung. Die Kostenoptimierung, also die kostenbezogene Untersuchung von unterschiedlichen Entwurfskonzepten oder Konstruktionsarten, ist nicht so einfach möglich. Der traditionelle Kostenvoranschlag ist nämlich aufwendig zu erstellen. Um die Kosten pro Arbeitsgattung ermitteln zu können, muss man die Leistung des betreffenden Werkunternehmers in kleine, normierte Leistungspositionen aufteilen, die sogenannten Normpositionen. Das Arbeiten mit dem Kostenvoranschlag nach Arbeitsgattungen ist daher etwas träge.

Das moderne Kostenwesen ist ganz anders aufgebaut, nämlich elementbasiert. Diese Gliederungssystematik eignet sich viel besser für Projektoptimierungen und ist für die Bauherrschaft deutlich verständlicher. Im Prinzip kann man sich die elementbasierte Gliederung als Baukasten vorstellen. Das Bauprojekt wird aus einem Baukasten von Bauteilen zusammengesetzt, und die Kosten der einzelnen Elemente werden addiert. Typische Bauteile sind Wände, Decken oder Ausbauelemente. Das Instrument zur Gliederung der Kosten nach Elementen ist der elementbasierte Baukostenplan eBKP. Die heutige gültige Fassung hat die Bezeichnung eBKP-H 2012.

Der interessierten Bauherrschaft wird empfohlen, sich mit den beiden Methoden der Kostengliederung vertraut zu machen. Aus meiner Sicht ist die elementbasierte Kostengliederung für die Kostenplanung zu bevorzugen (Vorprojekt und Bauprojekt; inkl. Kostenvoranschlag). Näheres in meinem Buch «Mit wem baue ich?» (siehe Anhang), Seite 32 ff.

Ständige Kosteninformation

Es ist eine Grundaufgabe des Architekten (Gesamtleiters), seinen Bauherrn laufend über die Entwicklung der Kosten zu informieren. Die Grundleistungen der Kostenkontrolle sind im Leistungsbeschrieb gemäss SIA-Honorarordnung 102 wie folgt beschrieben: «Periodische Kostenrapporte, Vergleich von Zahlungen und Verpflichtungen mit dem Kostenvoranschlag» (Art. 4.52 SIA 102; 2014).

Trotzdem kann es angezeigt sein, das Thema der Kostenkontrolle im Planervertrag noch speziell aufzuführen. Dabei ist speziell der Aspekt der Aktualität zu erwähnen. Die Bauherrschaft hat nämlich Anspruch auf eine fortlaufende (ständige) Kosteninformation. Allfällige negative Entwicklungen bei den Kosten müssen sofort kommuniziert werden. Die Planer dürfen damit nicht bis zum nächsten geplanten Finanzrapport warten.

Bezüglich der Praxis der Kostenüberwachung hat sich ab 2005 eine Verschärfung ergeben, basierend auf einem Bundesgerichtsentscheid in diesem Zeitraum. Näheres in meinem Buch «Mit wem baue ich?» (siehe Anhang), Seite 191.