Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Printausgabe Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

C. Das Energiekonzept

Man mag sich fragen, wieso wir dem Energiekonzept bei der Besprechung der Bauplanung einen separaten Abschnitt widmen und ihm damit eine Vorzugsstellung zubilligen. Ein Grund dafür ist die Publizität, die Energiefragen heute allgemein zukommt. Wichtiger allerdings ist die Tatsache, dass das Energiekonzept ein planerisches Schlüsselgebiet ist, bei dem die Bauherrschaft einen wesentlichen Beitrag leisten kann.

Was ist ein Energiekonzept?

Beim Festlegen des Energiekonzepts geht es darum, technische, bauliche und betriebliche Aspekte aufeinander abzustimmen im Hinblick auf eine wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle Verwendung von Energie. Das Energiekonzept ist also eine exemplarische Querschnittsaufgabe. Beteiligt daran sind Haustechnikplaner und Architekt, aber auch die Bauherrschaft einerseits als Investorin, andererseits als Betreiberin und Nutzerin. Kommunikation und gegenseitige Abstimmung ist unter allen Mitwirkenden daher zweifellos wichtig.

Es ist aber nicht so, dass man für die Planung im Bereich der Energie sozusagen das Bauen neu erfinden muss. Aus vielleicht nicht ganz uneigennützigen Gründen wird von vielen Baufachleuten nämlich mehr oder weniger unterschwellig behauptet, dass es ein ausgesprochen schwieriges Thema sei. Für einige ist es der Inbegriff des «integralen» Bauens schlechthin.

Energiebewusstes Bauen hoher Güte hat es aber schon immer gegeben. Die einheimische Bauernhausarchitektur vergangener Jahrhunderte beispielsweise hat hochstehende Energiekonzepte hervorgebracht. Mit ausgesprochen geringem Energieeinsatz ist es möglich gewesen, behagliche Wohnverhältnisse (für damalige Ansprüche) zu schaffen. Erst in diesem Jahrhundert hat man im Bauwesen auf dem Gebiet der Energienutzung den Pfad der Tugend verlassen. Klimatisierte Bürogebäude oder Hotels aus der Nachkriegszeit können als wahre Energieschleudern bezeichnet werden. Allerdings steht die Architektur keineswegs alleine da, was die unsorgfältige Nutzung von beschränkt vorhandener Energie betrifft. Die gleiche Verschwendung findet man beispielsweise auch im privaten Verkehr, wofür die protzigen Strassenkreuzer aus der Zeit des Wirtschaftswunders eindrückliche Symbole sind.

Dann kam 1973/74 der (erste) Energieschock. Seither hat man sehr viel gelernt, und heute ist das Wissen des energiebewussten Bauens wieder weit verbreitet. Bei den üblichen Bauaufgaben ist es ein ziemlich gut vertrautes Gebiet, allerdings bei den Haustechnikplanern in etwas grösserem Ausmass als bei den Architekten.

 

  • Eine Gemeinschaftsaufgabe

Das entscheidende Merkmal bei Energiefragen ist, wie erwähnt, die gegenseitige Abhängigkeit von Technik, Bauwerk und Nutzung. Es geht bei einem Energiekonzept also keineswegs isoliert um technische Fragen, die etwa von einem Heizungsplaner allein gelöst werden können. Gebäude- und Heizungsplanung sind im Gegenteil kaum voneinander zu trennen. Indem das Gebäude beispielsweise in der kalten Jahreszeit möglichst viel Sonnenenergie einfängt und speichert, wird es selber zu einer Art (sonnenabhängiger) Grundheizung.

 

  • Ein Baukasten mit vielen Lösungselementen

Ein Energiekonzept besteht aus einer ganzen Reihe von Teilsystemen, die unterschiedliche Ausprägungen aufweisen können. Das Zusammensetzen der Bausteine zu einem Gesamtoptimum ist eine anspruchsvolle, kreative Ingenieurarbeit.

Heikle Fragen stellen sich beispielsweise bei der Form des Gebäudes und der Ausbildung der Gebäudehülle. Einerseits soll ein Gebäude gut isoliert sein, damit die Wärmeverluste minimal sind. Dies bedingt eine kompakte Form mit kleinen Fenstern wie bei einer SAC-Hütte in den Alpen. Andererseits soll der Baukörper möglichst viel Sonnenenergie auffangen. Dazu braucht er wie ein Treibhaus grosse Fenster. Es liegt auf der Hand, dass beide Anforderungen nicht ohne Kompromisse unter einen Hut zu bringen sind.

Weitere Optimierungsprobleme stellen sich bei der Wärmeerzeugung und der Wahl der Energieträger. Hier ist es eher möglich, nach rein technisch-wirtschaftlichen Kriterien Entscheidungen zu treffen.

Ein Grundsatzentscheid ist ferner darüber zu fällen, wieviel Technik angewendet werden soll. Hier stehen sich zwei gegensätzliche Philosophien gegenüber. Beim aktiven Weg steht die Technologie, manchmal sogar die Hochtechnologie im Vordergrund. Mit viel Technik wird Energie gewonnen, gespeichert und umgewandelt. High Tech manifestiert sich beispielsweise bei Fotovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder elektronischen Steuerungen. &endash; Beim passiven Weg dagegen versucht man mit vorwiegend baulichen Mitteln die Sonnenenergie zu nutzen. Das Haus wirkt im Prinzip als grosser Speicher, was entsprechend massive Konstruktionen bedingt. Der technische Aufwand ist dabei minimal.

Die Wirtschaftlichkeitsrechnung

Bei den meisten Bauaufgaben muss die beste Lösung für das Energiekonzept in einem schrittweisen Prozess ausgearbeitet werden. Für diesen Suchvorgang ist es nötig, dass die finanziellen Auswirkungen der verschiedenen Möglichkeiten systematisch dargelegt werden. Neben Aspekten wie Versorgungssicherheit, Zuverlässigkeit und dergleichen sind nämlich die Kosten für die Bauherrschaft ein sehr wichtiges Kriterium. Massgebend sind in erster Linie die Gesamtkosten der Energieversorgung, al-so die Betriebskosten einschliesslich der Finanzierungskosten. Vorneweg sei festgehalten, dass viele Energiesparlösungen an der Finanzierung scheitern: Technisch ist fast alles machbar, aber bezahlen kann man es nicht.

Aussagekräftige Wirtschaftlichkeitsberechnungen für das Energiekonzept werden von Haustechnikplanern routinemässig erstellt. Selbst sehr umfassende Zahlenwerke mit einer grossen Anzahl von Daten sind mit den heutigen EDV-Instrumenten kein Problem mehr. Sogenannte dynamische Rechnungen entstehen mit Tabellenkalkulationsprogrammen per Maus-Click. Frühere Generationen von Ingenieuren, denen nur der Taschenrechner zur Verfügung gestanden hat, haben dafür Stunden gebraucht. Wie komplexer die Berechnungen allerdings sind, desto weniger können sie von Laien verstanden werden.

 

  • Schwierige Prognosen

Während der Rechengang an sich zum Kinderspiel geworden ist, ist es nach wie vor äusserst schwierig, für die Zukunftsgrössen in der Berechnung sinnvolle Annahmen zu treffen. Da Prognosen definitionsgemäss unsicher sind, müssen Wirtschaftlichkeitsrechnungen grundsätzlich vorsichtig interpretiert werden. Speziell heikel bei Energiefragen ist die Prognose der Entwicklung der Energiepreise. Bauherrschaften tun gut daran, sich die Preise, die der Berechnung zugrunde liegen, sehr genau anzusehen und allenfalls erklären zu lassen. Zu achten ist beispielsweise auf den sogenannten «Umweltkostenzuschlag», der vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben oft im Kalkulationswert enthalten ist. Dieser Umweltkostenzuschlag kann unter Umständen höher sein als der reine Kaufpreis der Energie (Arbeitspreis)! Entscheidend ist ferner die Annahme für die jährliche reale Kostensteigerung von Energieträgern (Heizöl, Elektrizität etc.). Niemand kann voraussagen, ob sich der (reale) Erdölpreis längerfristig auf dem gegenwärtig enorm tiefen Niveau hält oder ob er wieder ansteigt, vielleicht sogar markant.

 

  • Prinzip der Wirtschaftlichkeitsrechnung

Das Grundprinzip der Wirtschaftlichkeitsrechnung demonstrieren wir anhand eines einfachen Beispiels. Für ein Einfamilienhaus vergleichen wir eine konventionelle Heizanlage (Heizkessel) mit einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe. Uns interessieren die Gesamtkosten der beiden Systeme, also die Betriebskosten einschliesslich der Finanzierungskosten.

Die beiden Systeme zeichnen sich durch gegensätzliche Eigenschaften aus. Der Heizkessel ist günstig in der Anschaffung, dafür braucht er viel Energie. Bei der Wärmepumpe ist es genau umgekehrt. Der Einfachheit halber gehen wir im Beispiel davon aus, dass die Wärmepumpe in der Anschaffung doppelt so teuer ist wie der Kessel, dafür nur einen Drittel des Energieverbrauchs aufweist. Energiefachleute würden sagen, dass die Wärmepumpe einen Wirkungsgrad von 3.0 habe.

 

Prinzip der Wirtschaftlichkeitsrechnung:
Wirtschaftlichkeitsvergleich konventionelle Heizung / Wärmepumpe

Variante 1 Variante 2
Heizkessel Wärmepumpe
Energieträger
Heizöl EL
Elektrizität
Energieverbrauch in kWh/a
22 500 kWh/a
7 500 kWh/a
in Liter Heizöl EL/a
2 200 l
Energiepreis
28 Fr./100 l
14 Rp./kWh
Energiekosten (zu heutigen Preisen)
620 Fr./a
1'050 Fr./a
Investition Wärmeerzeugung
7 500 Fr.
15 000 Fr.
Kapitalzins
5%
5%
Nutzungsdauer
15 Jahre
15 Jahre
Kapitalkosten (gleichbleibende Annuität)
720 Fr./a
1 440 Fr./a
Unterhaltskosten
pm
pm
Gesamtkosten (im Jahr 1)
1 340 Fr./a
2 490 Fr./a

Beginnen wir die Wirtschaftlichkeitsrechnung mit dem Energieverbrauch. Wir nehmen an, dass bei der Heizkessellösung für das Einfamilienhaus jährlich 2 200 Liter Heizöl benötigt werden (siehe auch Beispiel «Eine normale Heizrechnung»). Technischer ausgedrückt entspricht dies einem jährlichen Bedarf von rund 22 500 kWh. Bei einem Preis von 28 Fr. pro 100 Liter Öl ergeben sich jährliche Energiekosten von 620 Fr.

Bei der Wärmepumpe beträgt der Energieverbrauch mit jährlich 7 500 kWh zwar nur einen Drittel des ölbetriebenen Heizkessels. Bezogen auf die Arbeitseinheit Kilowattstunde (kWh) ist Strom aber wesentlich teurer als Heizöl. Bei einem angenommenen mittleren Preis von 14 Rappen pro Kilowattstunde ergeben sich jährliche Stromkosten von nicht weniger als 1 050 Fr. Die Energiekosten sind also viel höher als beim Heizkessel.

Nun vergleichen wir die Finanzierungskosten. Zu den Investitionen zählen wir in unserem Beispiel nur die reine Wärmeerzeugung. Die Verteilung (z. B. Bodenheizung) lassen wir weg. Wir gehen davon aus, dass die Wärmeerzeugung beim Heizkessel 7 500 Fr. koste, bei der Wärmepumpe mit 15 000 Fr. das Doppelte. Unter der Annahme, dass die Investitionen in 15 Jahren abgeschrieben werden (bei der Wärmepumpe darf gemäss SIA sogar eine noch kürzere Nutzungsdauer eingesetzt werden) und der Zinssatz 5% betrage, ergeben sich während dieser Dauer konstante Kapitalkosten (sogenannte Annuitäten) von 720 Fr. resp. 1 440 Fr. jährlich.

Gesamthaft kommt die konventionelle Heizung im ersten Jahr somit auf jährliche Kosten von 1 340 Fr. Die Wärmepumpe dagegen kostet, obwohl sie nur einen Drittel der Energie benötigt, jährlich 2 490 Fr. Wir können somit das Fazit ziehen, dass sich die Energiesparlösung (mindestens kurzfristig) finanziell nicht lohnt: man spart mit ihr zwar zweifellos Energie, nicht aber Kosten.

Die Zahlen gelten für die heutigen Energiepreise, die insbesondere beim Erdöl zurzeit sehr tief sind. In der Praxis würde man nun zweifellos untersuchen, welchen Effekt ansteigende Energiepreise auf die Rechnung haben. So kann eine reale Verdoppelung des Oelpreises in kurzer Zeit aufgrund historischer Erfahrungen keineswegs ausgeschlossen werden. Wir begnügen uns aber damit, das Prinzip zu demonstrieren.

Exkurs: Die Suche nach dem optimalen Energiekonzept

In diesem Exkurs befassen wir uns damit, welchen Spielraum die Bauherrschaft bei der Wahl des Energiekonzeptes hat und mit welchen Überlegungen das optimale Konzept gefunden werden kann. Diese Betrachtungen sind ziemlich abstrakt und können von nicht speziell interessierten Lesern problemlos übersprungen werden.

 

Wirtschaftlichkeitskurven
(mit heutigem und geschätztem zukünftigem Energiepreis)

 

  • Die Wirtschaftlichkeitskurve

Die Diskussion über das optimale Energiekonzept führen wir anhand einer graphischen Darstellung. Sie enthält Kurven, die wir als «Wirtschaftlichkeitskurven» bezeichnen wollen. Eine Wirtschaftlichkeitskurve stellt für eine bestimmte Bauaufgabe graphisch dar, welchen Energieverbrauch einzelne Energiekonzepte aufweisen und wie hoch ihre Gesamtkosten sind. Unter den Gesamtkosten verstehen wir, wie im vorangehenden Beispiel, die Summe von Energiekosten und Finanzierungskosten. Die Wirtschaftlichkeitskurve ist bei den meisten Bauaufgaben U-förmig.

 

  • Die Variante mit den geringsten Kosten

Der Scheitelpunkt A der Kurve stellt das Energiekonzept mit den (zu heutigen Energiepreisen) geringsten Gesamtkosten dar. Später gehen wir am Beispiel eines Einfamilienhauses näher darauf ein, wie dieses Konzept in der Praxis aussieht («Energiekonzept beim Einfamilienhaus»).

Beim Energiekonzept mit den geringsten Gesamtkosten kommt man beim Einfamilienhaus auf einen Energieverbrauch von ungefähr 12 Litern Heizöl pro Quadratmeter jährlich. Bei Mehrfamilienhäusern sind es etwas weniger (10 bis 12 Liter). Diese Zahlen umfassen Raumheizung und Warmwasser und beziehen sich auf die beheizte Fläche.

 

  • Die extreme Energiesparvariante

Bei der extremen Energiesparvariante (Punkt E) geht es darum, Energie zu sparen, koste es, was es wolle. Das Ideal ist das Nullenergiehaus. Auch hier zeigen wir später am Beispiel eines Einfamilienhauses, wie eine konkrete Lösung aussehen kann.

Es gibt viele Motive für extreme Sparanstrengungen: Vorbildfunktion, PR- und Marketingüberlegungen, ökologisches Gewissen und weitere mehr. Alle diese Bestrebungen sind zweifellos achtenswert. Problematisch kann es aber sein, wenn extreme Energiesparlösungen primär von den Planern verfolgt werden, ohne dass die Bauherrschaft die ökonomischen Konsequenzen zu überblicken vermag. Viele Baufachleute sind verständlicherweise fasziniert von den Möglichkeiten der Technik, was man ihnen keinesfalls zum Vorwurf machen kann. Die latente Gefahr besteht aber, dass sie in ihrem Eifer vom ökonomischen Pfad abdriften und Technik als Selbstzweck zelebrieren – ohne dass es die Bauherrschaft merkt.

Die technischen Möglichkeiten sind tatsächlich verlockend. Allerdings nehmen die Schwierigkeiten in vielen Fällen mit zunehmendem Sparerfolg exponentiell zu, weil man sich teilweise in Pioniergebiet vorwagt. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag wird an der Grenze des technisch Möglichen schnell schlechter.

 

  • Die Variante mit der höchsten Leistung

Unter der Variante mit der höchsten Leistung (Punkt H) verstehen wir ein Energiekonzept, bei dem der Energieeinsatz unbeschränkt ist und es nur darum geht, hochgesteckte Leistungskriterien möglichst gut zu erfüllen. Der Energieverbrauch spielt keine Rolle. Man kann sie auch als Komfortvariante bezeichnen: viel Leistung, hohe Kosten. Typische Beispiele im Bereich der Architektur sind Bürogebäude mit Klimaanlagen. Nur mit Klimaanlagen ist es möglich, im Sommer wie im Winter praktisch konstante Raumkonditionen zu erreichen.

Auf vielen Gebieten des Bauwesens gibt es heute gesetzliche Schranken wie die sogenannten SIA-Grenzwerte für die Energiekennzahlen, welche das Energiesparen fördern und energieintensive Hochleistungsvarianten verunmöglichen. Aber schon vor der Einführung dieser Schranken sind exemplarische Komfortvarianten angesichts der Energieverschwendung und des teuren Betriebs in unseren Breitengraden ziemlich ausser Mode gekommen.

Interessant ist aber, dass das gleiche ökologische Bewusstsein in anderen Branchen nicht in gleichem Masse festgestellt werden kann. In der Autoindustrie beispielsweise herrschen in vielen Marktsegmenten nach wie vor Hochleistungsvarianten vor. Besonders beliebt sind zurzeit schwere, expeditionstaugliche Grossraumfahrzeuge, die wahre Energieschleudern sind. Höchstleistung wird auch bei Autos mit sportlichem Charakter geboten. Teilweise haben sie Motoren mit mehreren hundert PS. Besonders bemerkenswert scheint mir zu sein, dass die im Bauwesen verpönten Klimaanlagen in Autos aller Grössen und Klassen langsam zum Standard werden.

 

  • Steigende Energiepreise

Werfen wir jetzt einen Blick in die Zukunft. Es ist zu erwarten, dass die Energiepreise in Zukunft schneller als die allgemeine Teuerung (Inflation) ansteigen. Dadurch werden zunehmend Lösungen wirtschaftlich, die energiesparend, aber kapitalintensiv sind. In der Graphik ist aufgezeichnet, welche Wirtschaftlichkeitskurve sich bei einem wesentlich höheren (realen) Energiepreis ergibt. Für diese Kurve gibt es einen anderen Punkt mit minimalen Gesamtkosten, den Scheitelpunkt B. Für Einfamilienhäuser dürfte der entsprechende Energieverbrauch dann bei z.B. vier bis sechs Litern Erdöl pro m2 und Jahr liegen.

 

  • Ein Energiekonzept wählen

Welches Energiekonzept soll nun gewählt werden? Wenn wir die Lösung umsetzen, die bei den heutigen Energiepreisen am günstigsten ist (Punkt A), wird sie mit ansteigenden Energiepreisen ständig etwas unwirtschaftlicher. Mit Vorteil wird daher eine gemässigte Energiesparvariante gewählt, die sich auf der Graphik in einem nicht genau definierbaren Bereich links vom Punkt A befindet. Man bewegt sich somit ein Stück weit in die Richtung der extremen Energiesparvariante E. Wie mehr man bereit ist, aus ökologischen Gründen gewisse Mehrkosten in Kauf zu nehmen, desto weiter verschiebt sich das gewählte Energiekonzept auf der Graphik nach links, desto kleiner ist aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die (ökologisch motivierten) Vorinvestitionen jemals amortisieren.

Beispiel: (Sanftes) Energiekonzept für ein Bürogebäude

Anhand eines Bürogebäudes wollen wir etwas näher anschauen, wie heute ein optimales Energiekonzept mit minimalen Gesamtkosten aussehen kann. Anders als bei einem Wohnhaus stellen sich hier die grösseren Probleme im Sommer und nicht im Winter. Anzustreben sind grundsätzlich stark gegliederte und optimal zur Sonne ausgerichtete Baukörper, die weitgehend natürliche Belichtung und Lüftung erlauben. Was tut man aber in verdichteten Zentrumslagen oder bei Umbauten, wo man nicht um grossflächige Bürogeschosse herumkommt? Was kann man planerisch vorkehren, um im Sommer die energieintensive künstliche Kühlung zu vermeiden?

In heissen Gegenden ist es seit Jahrtausenden bekannt, wie man mit angepasster Bautechnik ein erträgliches Innenraumklima erreicht. Wir wollen diese natürliche Kühlmethode als Sahara-Effekt bezeichnen. Es geht darum, Gebäude massiv zu bauen und die Kühle der Nacht in einer grossen Masse zu speichern. Auf diese Weise kann man sie in den Tag hinein retten. Wenn man die Sonne während der Hitze des Tages den Raum nicht aufheizen lässt und die Raumhöhe nicht zu knapp dimensioniert, bleibt das Innenklima den ganzen Tag schön kühl.

Oft muss man dem Sahara-Effekt mit einer einfachen künstlichen Lüftung etwas nachhelfen, die man auch in der Nacht laufen lässt (Nachtauskühlung). Man saugt kühle Nachtluft an und lässt sie innerhalb des Gebäudes ausströmen. Wenn genügend schwere Speichermaterialien wie Beton vorhanden sind, kühlen sich diese mit der Zeit ab. Wie bei einem massiven Haus in der Sahara bleibt nun diese Kühle während des Tages erhalten. Ohne Masse geht es aber nicht. Eine leichte Baracke kann die Kühle nicht speichern.

Die sanfte Technik der Nachtauskühlung bietet nicht den gleichen Komfort wie eine Vollklimaanlage. Man muss aufpassen, dass das Gebäude während des Tages nicht ständig aufgeheizt wird. Die Nutzer müssen dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Es ist entscheidend, dass Wärmequellen wie Computer und andere Bürogeräte sowenig Wärme wie möglich abgeben. Trotzdem ist es manchmal nicht zu vermeiden, dass es an einigen heissen Tagen im Juli und August ungemütlich warm wird. Damit muss man leben. Glücklicherweise sind in dieser schönen Zeit die meisten Leute in den Ferien. Wer arbeitet, wird sich vielleicht dazu entschliessen, in der heissesten Zeit am späten Nachmittag stundenweise «Hitzeferien» zu machen.

Manchmal kann man zum Zeitpunkt der Planung beim besten Willen nicht zuverlässig voraussagen, wie gut sich eine sanfte Lüftung ohne Kühlung bewähren wird, etwa bei besonders tiefen Räumen oder wechselnder Nutzung. In solchen Fällen kann es angezeigt sein, nachträgliche Kühlungsmassnahmen planerisch vorzusehen. Man sollte sich überlegen, wo man allenfalls eine Kaltwassermaschine aufstellen kann. Vielleicht muss man sogar einige Leitungen für das Kaltwassernetz vorinstallieren, wenn eine Montage später nicht mehr einfach möglich ist. Dadurch hält man sich die Möglichkeit offen, die Lüftungsanlage nachträglich zu einer echten Klimaanlage nachzurüsten.

Gemäss meinen Erfahrungen ist die beschriebene Nachtauskühlung ohne technische Kälte eine gute und günstige Lösung. Die Investitionen sind gering und der Energieverbrauch niedrig. In den meisten Fällen sollte man damit auskommen, selbst bei relativ tiefen Gruppenbüros in grossflächigen Gebäuden.

 

  • Die traditionelle Planung auf den Kopf stellen?

Diverse schweizerische Privatunternehmen haben sich in letzter Zeit damit hervorgetan, für ihre Verwaltungsgebäude hochgradig energiesparende Baukonzepte zu realisieren. Die sogenannten Zielwerte des SIA für den Energieverbrauch werden dabei teilweise deutlich unterschritten. Das gewählte Vorgehen zeichnet sich dadurch aus, dass der bisherige traditionelle Planungsablauf im Bauwesen wenigstens in einigen Aspekten sozusagen auf den Kopf gestellt wird.

In der Vorstudienphase erarbeiten Energiefachleute für die Bauherrschaft ein Energiekonzept mit anspruchsvollen Vorgaben. Vor der eigentlichen Bauplanung wird das Bauvorhaben energetisch sehr weitgehend optimiert. Das Ergebnis wird in einem umfangreichen Pflichtenheft festgehalten, das für die spätere Planung verbindlich ist. Damit der Architekt die anvisierten Energieziele erreicht, muss er von den Energiespezialisten laufend begleitet und notfalls auch korrigiert werden. Dadurch wird der Architekt als traditionell oberster Chef eines Bauprojektes zu einem Spezialisten für Gestaltung, gecoacht von einem übergeordneten Spezialisten für Energie. (Vermutlich ist dieses Vorgehen der Traum aller Haustechnikplaner.)

Es ist sicher nicht falsch, den Energieverbrauch durch Energiefachleute in der Phase der Projektdefinition verbindlich festzulegen. Meines Erachtens lassen sich aber beim traditionellen Vorgehen vergleichbare Resultate erreichen, wo das Energiekonzept durch die «normalen» Planer erst im Rahmen des Vorprojektes erarbeitet wird.