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B. Die Konstruktion

Die Weiterentwicklung eines Entwurfs im Hinblick auf die Ausführung wollen wir als Konstruktion bezeichnen. Ähnlich wie beispielsweise im Automobilbau ist das kostenoptimale Konstruieren sehr anspruchsvoll und umfasst eine Vielzahl an Einzelmassnahmen. Weil die Konstruktion weitgehend das Feld der Fachleute ist, begnügen wir uns mit einigen wenigen Hinweisen auf die wichtigsten Prinzipien. Viel beitragen kann hier die Bauherrschaft nicht.

Prinzip 1: Teile und Arbeitsgänge reduzieren

Die Reduktion der Teile ist ein sehr mächtiges Prinzip, um Kosten zu sparen. Es ist viel wichtiger als beispielsweise die Wahl eines günstigen Materials. Kostenbewusst konstruieren heisst in erster Linie, teure Arbeitsstunden zu vermeiden, indem man ganze Arbeitsgänge weglässt. &endash; Das Grundprinzip der Beschränkung der Teile und Arbeitsgänge lässt sich unter folgenden zwei Blickwinkeln betrachten:

 

  • A. Einfachheit in der Geometrie

Das im letzten Abschnitt angesprochene Prinzip der Einfachheit im Entwurf (Seite 185 ff.) hat direkte Auswirkungen auf die Konstruktion. Jede Ecke weniger bei Fassaden oder Dächern bedeutet einige Arbeitsgänge weniger und im Endeffekt somit geringere Kosten. Ein Knick um 90 Grad in einem gewöhnlichen Satteldach beispielsweise ist auf dem Papier sehr schnell gezeichnet. Die Auswirkungen auf die Kosten sind aber beträchtlich. Dutzende von zusätzlichen Arbeitsgängen sind die Folge, für Zimmermann, Spengler und Dachdecker.

In der Praxis dürfte eine einfache, schnörkellose Geometrie die effizienteste Form des Kostensparens überhaupt sein, die zudem zu keinerlei Einbussen in der Nutzung führt. Sie ist ausschliesslich die Frucht einer geistigen Anstrengung.

 

  • B. Verkleidungen weglassen

Hier spart man Arbeitsgänge, indem man eine traditionell übliche Verkleidung einfacher ausführt oder ganz weglässt. Eine Kalksandsteinwand wird beispielsweise nur gestrichen statt verputzt. In einem Bürogebäude lässt man die abgehängte Decke weg. Im Extremfall verzichtet man im Badezimmer sogar auf die Plättli.

Diese Methode ist eine zwiespältige Art des Sparens. Wenn man alles rechnet, spart man vielfach weniger, als man auf den ersten Blick annimmt. Und wenn man tatsächlich etwas spart, handelt man sich spürbare Abstriche bei der Qualität ein. Beispielsweise ist kaum eine Verkleidung so reinigungsfreundlich wie Plättli im Badezimmer. Im Unterschied zur oben genannten Variante A (Einfachheit in der Geometrie) ist das Weglassen von Verkleidungen also unter Umständen mit nutzungsmässigen Nachteilen verbunden.

Prinzip 2: Kostengünstige Ausführungsarten wählen

Bei vielen Bauteilen wie Decken, Wänden, Dächern oder Fenstern besteht ein erheblicher Spielraum, wie sie im Detail ausgeführt werden sollen. Oft stehen mehrere Materialien zur Auswahl, die meist noch unterschiedlich angewendet werden können. Beim zweiten Prinzip der kostengünstigen Konstruktion geht es darum, jene Ausführungsart zu wählen, welche die Anforderungen mit den geringsten Kosten erfüllt.

Typisches Beispiel eines Bauteils, für das es eine ganze Reihe ähnlicher Ausführungsarten gibt, ist eine massive Aussenwand im Wohnungsbau. Das Spektrum der Möglichkeiten umfasst unter anderem folgende Konstruktionen:

- Zweischalenmauerwerk
- Mauerwerk mit verputzter Aussenisolation
- Mauerwerk mit äusserer Verkleidung (Eternit, Holz etc.)
- Einsteinmauerwerk aus Backstein, Gasbeton etc.

Es ist zu berücksichtigen, dass die Leistungsmerkmale dieser Ausführungsarten meistens unterschiedlich sind (bauphysikalische und statische Eigenschaften, Dauerhaftigkeit etc.).

Die Wahl der kostengünstigen Ausführung von Bauteilen gehört zum kleinen Einmaleins der Konstruktion. In vielen Fällen ist die Aufgabe relativ einfach. Bei nicht alltäglichen Bauaufgaben sind gute Lösungen aber echten Könnern vorbehalten. Zu den schwierigeren Fällen gehören beispielsweise weitgespannte Stahlkonstruktionen, hohe Montagehallen mit schweren Kranen, Betondecken mit hohen Nutzlasten und dergleichen mehr.

Prinzip 3: Serieneffekte ausnutzen

Eine der effizientesten Methoden, um im Bauwesen Kosten zu senken, ist die Verwendung von günstigen Industrieprodukten und somit im weiteren Sinne das Praktizieren der Vorfabrikation &endash; meint man. Leider irrt man sich hier nur allzu häufig. Man ist immer wieder frustriert über die hohen Kosten von Systemen und die saftigen Preise von angeblich günstigen Industrieprodukten.

Einige Beispiele sollen die Problematik erhellen. Klassisch ist die Frage bei der Vorfabrikation von Betonbauteilen. Als unvoreingenommener Beobachter muss man feststellen, dass die Betonvorfabrikation heutzutage im Vergleich zu früher ein kümmerliches Dasein fristet. Eine Blütezeit hat sie während der Zeit des Wirt-schaftswunders erlebt, bis ungefähr zur Rezession von 1973/74. Die sogenannten Göhner-Siedlungen im Raum Zürich beispielsweise sind aus industriell hergestellten geschosshohen Betonplatten erstellt worden. Heute dagegen werden nur noch ganz vereinzelt Plattenbauten ausgeführt.

Es erstaunt daher kaum, dass selbst bei sehr technischen Gebilden wie Parkhäusern Vorfabrikation nicht zwangsläufig wirtschaftlich sein muss. Bei einem von mir vor einiger Zeit betreuten derartigen Projekt ist Ortbetontechnik sorgfältig mit Vorfabrikation verglichen worden: Das handwerkliche Betonieren an Ort hat sich als günstiger herausgestellt.

Ähnlich ist es im Stahlbau: Generell sind Stahlbausysteme eher teurer, sicher aber nicht wesentlich günstiger als (handwerkliche) Konstruktionen nach Mass mit Vollwandprofilen.

Alles andere als preisgünstig sind vielfach auch komplexe Industrieprodukte wie beispielsweise Sanitärapparate. Selbst simple Metallkonstruktionen wie Haltegriffe und Geländer sind als Serienprodukte beim industriellen Hersteller manchmal teurer als beim lokalen Metallbauer, der sie nach Mass herstellt.

Dieser scheinbare Widerspruch zur landläufigen ökonomischen Logik hat verschiedene Ursachen. Teilweise mögen Marktabsprachen eine gewisse Rolle spielen, etwa beim bekannten Sanitärkartell. Ein wichtigerer Grund sind aber die zu kleinen Serien für viele Produkte. Die Kosten für Systementwicklung, Systemunterhalt und Marketing sind derart hoch, dass sie die Einsparung bei der Serienfertigung wieder zunichte machen. Dies dürfte beispielsweise bei einigen Stahlbausystemen der Fall sein. Das Resultat: der lokale Unternehmer ist mit handgestrickten Lösungen gleich teuer oder günstiger.

Falsch wäre es nun, vorschnell zu kapitulieren und den Segen industrieller Serienproduktion und Vorfabrikation abzuschreiben. Nachstehend einige Ideen, wie man auch in der gewerblich geprägten Bauwirtschaft davon profitieren kann:

 

  • Einkauf professionalisieren

Der Einkauf hat in der üblichen Planungsfirma noch nicht den Stellenwert, den er haben sollte. In Industrieunternehmen ist die Beschaffung in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. In vielen Branchen wird primär mit der Einkaufsabteilung Geld verdient. Von dem bemerkt man in den Architekturbüros, die gesamthaft gesehen für gigantische Summen einkaufen, noch wenig. Wo sind die kollektiven Einkaufsorganisationen? Wo ist die Strategie, um Kartelle umgehen zu können? – Wer kostengünstig planen und bauen will, kommt um einen guten Einkauf nicht herum. Die Chance wird dadurch grösser, im Dickicht des Marktes die preiswertesten Marktleistungen zu finden.

 

  • Industrielle Methoden kreativ ausnutzen

Vielfach braucht es etwas Phantasie, um Kosten zu senken. An einem traditionell teuren Bauteil will ich illustrieren, was man darunter verstehen kann. Nehmen wir an, in ein Reihenhaus soll eine gewundene Treppe aus Beton eingebaut werden. Aus Kostengründen drängt sich Vorfabrikation geradezu auf. Es ist aber reiner Zufall, wenn die vorgesehene Treppe ab Katalog bestellt werden kann. Was tun? Eine Sonderanfertigung wäre vermutlich preislich nicht so interessant. Der geschickte Einkäufer fragt daher bei den Lieferanten nach bereits vorhandenen ähnlichen Schalungen. Möglicherweise lohnt es sich, die Treppe einer vorhandenen Schalung anzupassen, was eine Frage von wenigen Zentimetern sein dürfte. Das Resultat der Flexibilität sind günstigere Kosten.

Kostengünstiger Einkauf von Industrieprodukten setzt voraus, dass man mit Kreativität und Improvisation ausnutzt, was der Markt preiswert liefern kann.

 

  • Beschränkung auf wenige Grössen und Typen

Es ist immer von Vorteil, wenn man Industrieprodukte in Serien einkaufen kann und nicht als Summe von Einzelanfertigungen. Dies gilt etwa bei Fenstern, Türen, Storen, Küchen, Treppengeländern, Balkonbrüstungen und dergleichen. Es lohnt sich daher, sich beim Entwurf auf wenige Typen zu beschränken. Es ist nicht gesagt, dass man dadurch in jedem Fall viel Geld spart. Aber meiner Ansicht nach sollte man eines der wichtigsten Gesetze der Wirtschaft überhaupt, das Gesetz der Kostendegression durch Serienproduktion, nicht leichtfertig von vornherein über Bord werfen. Der planerische Aufwand ist klein, der damit verbunden ist.