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Spezielle Vertragsformen

In diesem Abschnitt behandeln wir spezielle Arten der Vertragsgestaltung, die von der Einzelbeauftragung im Kostentarif, der gewöhnlichen Vertragsform, abweichen. Dazu gehören das Generalplanermodell und sein Gegenstück, die Abspaltung von Architektenleistungen vom Gesamtauftrag. Wir gehen ferner ein auf pauschale Honorarverträge mit oder ohne Bonus sowie auf Planungsleistungen nach Aufwand (Zeittarif). Den Abschluss bildet die neueste Schöpfung, das Leistungsmodell 95.

A. Das Generalplanermodell

Beim Generalplanermodell wird für alle oder einen grossen Teil der Planungsleistungen (Architekt, Bauingenieur, Haustechnikplaner) mit dem sogenannten Generalplaner ein einziger Vertrag abgeschlossen. Obwohl dieses Modell in der Praxis eine erhebliche Bedeutung hat, wird es in der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) nur am Rande erwähnt. Im Artikel 3.4.2 SIA 102 wird von der Gesamtbeauftragung des Architekten gesprochen, falls er als Generalplaner auftritt. Er könne die Leistungen selber erbringen oder an Spezialisten weitervergeben.

Auf dem Markt gibt es verschiedene Arten von Generalplanern. Die echten, wenn man es so sagen darf, sind jene, die den grössten Teil der Leistungen auch selber erbringen. Das kann beispielsweise ein grösseres Architekturbüro mit einer eigenen Haustechnikabteilung sein, das nur die Bauingenieurleistungen weitervergibt. Daneben gibt es Generalplaner, die vor allem als Agenten tätig sind. Managementtheoretiker würden sie vielleicht als «virtuelle» Generalplaner bezeichnen. Sie beschränken sich in erster Linie auf die Gesamtleitung und kaufen den grössten Teil der Spezialistenleistungen ein.

Aus der Sicht der Bauherrschaft ist eine Gesamtbeauftragung grundsätzlich verlockend, wenigstens auf den ersten Blick. Sie glaubt gerne den Argumenten der Generalplaner, dass damit alle Nahtstellen zwischen den einzelnen Planungsleistungen abgedeckt seien, insbesondere was die Haftung betreffe. Auch der administrative Aufwand ist für den Auftraggeber kleiner. Die folgenden Punkte sollte die Bauherrschaft allerdings auch kennen, wenn sie das Generalplanermodell in Betracht zieht.

 

  • Generalplanerzuschlag

In der Honorarordnung der Architekten ist im Artikel 7.16.4 (SIA 102) vorgesehen, dass der Architekt bei einer Gesamtbeauftragung einen Zuschlag zu seinem Honorar verlangen kann (üblicherweise etwa 10%). In der Praxis ist dieser Zuschlag aber nicht immer durchsetzbar. Die Gesamtleitung des Planungsteams ist im normalen Architektenhonorar nämlich schon eingeschlossen. Die sachkundige Bauherrschaft sieht nur schwer ein, welche zusätzlichen Aufwendungen mit dem Generalplanerzuschlag abzugelten seien.

Auf Bauherrenseite wird im Gegenteil gelegentlich argumentiert, dass eine Gesamtbeauftragung günstiger sein sollte als Einzelbeauftragungen und keineswegs teurer. Im Zusammenhang mit dieser Streitfrage erinnere ich mich an den Finanzchef eines schweizerischen Industrieunternehmens. In einem Ausbruch von Heiterkeit hat er einmal festgestellt, dass es wohl nur im Bauplanungsgewerbe vorkomme, dass es anstelle eines Mengenrabattes einen Mengenzuschlag gäbe. Vor allem bei «echten» Generalplanern ist daher meines Erachtens das Ansinnen, über einen Generalplanerrabatt zu verhandeln (statt über einen Zuschlag), nicht unrealistisch und schon gar nicht ehrenrührig.

 

  • Anspruchvolle Vertragsverhandlungen

Es ist viel anspruchsvoller für eine Bauherrschaft, einen Generalplanervertrag auszuhandeln als Verträge mit Einzelplanern. Bei der Beauftragung von Einzelfirmen für die Bauplanung hat die Bauherrschaft normalerweise in der Person des Architekten einen Ratgeber, wenn es gilt, die Spezialistenverträge abzuschliessen. Beim Generalplanermodell entfällt dieser Vorteil. Der Generalplaner trachtet hier verständlicherweise danach, bei allen Planungsleistungen für sich die besten Konditionen herauszuholen.

 

  • Fazit

Gesamthaft gesehen, ist das Generalplanermodell keine schlechte Sache. Meiner Ansicht nach ist es speziell dann zu empfehlen, wenn auf Seite der Bauherrschaft genügend Fachkompetenz vorhanden ist, um den Vertrag im Detail zu verhandeln, und sie sich nicht damit begnügen muss, den ersten Entwurf kommentarlos (und mehr oder weniger unwissend) zu unterzeichnen. Der nicht sachkundige Bauherr jedoch fährt mit der Einzelbeauftragung der Planer vermutlich besser.