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Am Anfang ist das Pflichtenheft

Aus der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) geht klar hervor, dass beim Arbeitsbeginn des Architekten die Absicht der Bauherrschaft einschliesslich des finanziellen Rahmens bestimmt sein soll (Art. 4.1.1 SIA 102). Die Grundlagenermittlung ist daher keinesfalls eine normale Grundleistung der beauftragten Planer. Sie ist eine wichtige Aufgabe der Bauherrschaft, für die den Umständen entsprechend externe Fachleute beigezogen werden.

Weil die planerische Vorphase eines Bauprojektes im Unterschied zu den üblichen Planungstätigkeiten in den traditionellen Honorarordnungen (SIA 102 ff.) nicht behandelt wird, haben sich dafür auch sehr unterschiedliche Bezeichnungen eingebürgert. Jedermann weiss, was ein Vorprojekt ist, aber die Phase davor ist begriffliches Pioniergebiet. Man spricht etwa von Bauvorbereitung, Grundlagenermittlung, Feasibility-Studie oder Projektdefinition. Manchmal wird auch der Begriff «Null-Phase» verwendet. Weil die in den SIA-Honorarordnungen 102 ff. geregelten Planungstätigkeiten mit der Phase 1 (Vorprojekt) beginnen, gehören alle vorherigen Tätigkeiten mit einer gewissen Logik tatsächlich zur Phase Null. - Einen Schritt weiter geht allerdings das brandneue Leistungsmodell 95 des SIA, das zurzeit auf seine Praxistauglichkeit erprobt wird. Hier ist die Vorphase im Leistungsumfang der Bauplaner enthalten. Man verwendet dafür den etwas geschraubten Begriff «strategische Planung».

Für das Resultat der Bedürfnisermittlung existieren ebenfalls mehrere Bezeichnungen. Am häufigsten verbreitet dürfte der Begriff «Raumprogramm» sein. Die Grundlagen für Architektenwettbewerbe etwa werden traditionell als Raumprogramme bezeichnet. Ich ziehe allerdings den Begriff «Pflichtenheft» vor. Diese Bezeichnung stammt aus der Industrie. Mit Pflichtenheften werden Vorgaben für neu zu entwickelnde Produkte oder Marktleistungen festgelegt. Pflichtenhefte im industriellen Sinn basieren auf einer Strategie, beinhalten möglichst genaue Marktanforderungen und haben vor allem ein Preisziel. Sinngemäss gelten alle diese Eigenschaften auch für Pflichtenhefte von baulichen Projekten. Die Leitlinie für die (bauliche) Projektentwicklung soll mehr sein als nur eine Liste von Raumanforderungen, wie man aus dem Begriff «Raumprogramm» fälschlicherweise schliessen könnte. Ziele und Randbedingungen aus den verschiedensten Gebieten (Energieverbrauch, Baubiologie, Unterhalt etc.) können und sollen im Pflichtenheft enthalten sein. Es ist somit eine gesamtheitliche Vorgabe für die bauliche Projektentwicklung.

Pflichtenhefte können je nach Bauaufgabe sehr unterschiedlich konzipiert sein. Im folgenden gehen wir auf einige interessante Aspekte ein.