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Vom weiten Feld des Kostensparens

In diesem Abschnitt verschaffen wir uns einen groben Überblick darüber, in welchem Stadium eines Bauprojektes die Kosten in welchem Ausmass beeinflusst werden können. Dieses Thema wird uns später während des ganzen Buches immer wieder beschäftigen. Den Projektablauf unterteilen wir in folgende drei Hauptphasen: Projektdefinition, Bauplanung und Realisierung.

A. Projektdefinition

In einem ersten Schritt, vielfach als Projektdefinition bezeichnet, wird das Bauprojekt in den Grundzügen konzipiert. Anforderungen und Randbedingungen aller Art werden formuliert, ohne dass bereits ein konkreter Entwurf ausgearbeitet wird. In der Industrie bezeichnet man das Dokument, mit dem die Spezifikationen eines neues Produktes festgehalten werden, in der Regel als «Pflichtenheft». Im Bauwesen ist der Ausdruck weniger geläufig. Man spricht statt dessen meistens vom «Raumprogramm». Dieses enthält traditionellerweise primär Anforderungen an den Raumbedarf, aber stets auch weitere Spezifikationen aller Art (Medienversorgung, Ausbaustandard, Raumklima etc.).

Mit dem Pflichtenheft (Raumprogramm) sind die Kosten zwangsläufig in einer gewissen Bandbreite festgelegt. Es ist ein Merkmal eines guten Pflichtenhefts, dass die Kosten als anspruchsvolle Zielgrösse darin enthalten sind. Während professionelle Bauherrschaften mit dieser Forderung meistens keine Mühe bekunden, selbst wenn noch kein Strich am Projekt gezeichnet ist, tun sich nicht sachkundige Bauherren vielfach schwer damit. Laien als Bauherren haben nämlich gelegentlich kaum eine Vorstellung darüber, welche Kosten mit dem angestrebten Projekt verbunden sind. Aber auch wenn die Bauherrschaft die Kosten nicht kennt – mehr oder weniger festgelegt sind sie trotzdem.

Es ist eine weitverbreitete Fehlannahme, dass beim Pflichtenheft (Raumprogramm) angeblich das grösste Sparpotential liege beim Bauen. Im Gegenteil ist es so, dass man am Pflichtenheft nicht sparen kann. Es stellt die Vorgabe der Bauherrschaft dar, die in den meisten Fällen in voller Kenntnis der Kostenfolgen abgefasst wird. Wenn also eine baulustige Familie ein Einfamilienhaus mit 1 200 m3 Bauvolumen erstellen will, wird sie für eine Sparvariante von 600 m3 nicht zu begeistern sein. Es ist ähnlich wie beim Käufer eines Mercedes, der kaum empfänglich für das Argument ist, dass man mit einem Fiat Panda sparen könne. Das Pflichtenheft enthält definitionsgemäss die Vorgaben und Wünsche der Bauherrschaft.

Sparen kann man beim Pflichtenheft (Raumprogramm) nur in zwei Fällen: wenn (1) das Preisziel unzuverlässig ist oder ganz fehlt oder wenn (2) Anforderungen von Personen festgelegt werden, die selber nicht für die Kosten aufkommen müssen. Letzteres ist beispielsweise bei der öffentlichen Hand der Fall. In diesen beiden Fällen tut die Bauherrschaft gut daran, das Pflichtenheft kritisch im Auge zu behalten.

B. Bauplanung

Während der Bauplanung werden die Vorgaben des Pflichtenheftes in eine umfassende bauliche Lösung umgesetzt. Diesen Vorgang kann man in die Teilprozesse Entwurf und Konstruktion unterteilen, sofern wir das Energiekonzept vorläufig ausklammern. Während die Bauherrschaft beim Entwurf erheblichen Einfluss nehmen kann und auch muss, ist das Feld der Konstruktion in erster Linie die Domäne der Fachleute. Im folgenden gehen wir auf beide Gebiete etwas näher ein.

 

  • Entwurf

Unter dem Entwurf verstehen wir die Entwicklung des baulichen Grundkonzepts gemäss den Vorgaben des Pflichtenhefts. Die Erfahrung zeigt, dass konzeptionell verschiedenartige Ansätze zu sehr unterschiedlichen Kosten führen können. Der Entwurfsprozess beinhaltet daher ein enormes Kostensparpotential.

Kostengünstige Lösungen zeichnen sich etwa durch folgende Punkte aus: ökonomischer Grundriss (günstiges Verhältnis zwischen Nutzflächen und Nebenflächen), zurückhaltende Fassadengestaltung mit wenigen Vor- und Rücksprüngen, einheitliches und optimiertes Tragsystem, optimale Konzeption der Haustechnik, Beschränkung auf wenige Konstruktionssysteme und dergleichen.

Viele Architekten empfinden diese Sparrezepte als einschränkend. Was sie lieben, sind dramatisch geformte, plastisch erscheinende Fassaden, extreme Gegensätze in den verwendeten Konstruktionssystemen, aufwendig gestaltete Dachlandschaften mit raffinierter Lichtführung von oben, Hallen mit vielen Durchblicken oder Schnittlösungen mit versetzten Geschossen. - Der Bauherrschaft stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung, den Entwurf nach ihren Intentionen im Dialog mit den Planern entscheidend mitzuprägen. Später gehen wir näher darauf ein.

 

  • Konstruktion

Die Umsetzung des teilweise noch materialneutralen Entwurfs in ein ausführungsreifes Bauprojekt bezeichnet man im Bauwesen als Konstruktion. Bei einem guten Entwurf sind die Grundzüge der Konstruktion und somit die zentralen Details bereits berücksichtigt. Es geht also bei der konstruktiven Umsetzung um das Verfeinern und Optimieren eines vorhandenen Konzepts.

Die Konstruktion bietet erhebliche Möglichkeiten zur Kostenbeeinflussung. Materialien werden ausgewählt und Teilsysteme im Detail konzipiert. Oft braucht es ein gerütteltes Mass an Ingenieurarbeit, etwa bei der Statik und der Haustechnik. Entscheidend ist, dass nicht Teilsysteme für sich optimiert werden, sondern das Bauwerk als Ganzes. Das bedingt viel Kommunikation unter den beteiligten Spezialisten und vor allem eine straffe Führung.

Die Techniken zur ausführungsgerechten (und somit kostengünstigen) Konstruktion sind ähnlich wie in der Industrie. Das wohl wichtigste Prinzip besteht darin, die Anzahl der Teile, Arbeitsgänge und Vertragspartner zu minimieren. Im weiteren geht es darum, industriell hergestellte Produkte einzusetzen und den Anteil an teurer Handarbeit zu reduzieren. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Bauwirtschaft weit hinter der Industrie herhinkt. Es gibt keinen José Ignacio Lopez wie in der Automobilindustrie, der mit eisernem Besen die Kosten senkt.

Ein bezeichnendes Detail scheint mir zu sein, dass im Bauwesen eine einheitlich Massordnung zwar existiert, sich aber seit Jahrzehnten nicht richtig durchsetzen kann. Die ganze Bauwirtschaft ist auf Spezialwünsche und Einzelanfertigungen ausgerichtet. In einem üblichen Einfamilienhaus beispielsweise ist auch heute noch fast jedes Fenster und jede Treppe eine Sonderanfertigung. Lediglich die Einbauküche ist genormt – aber nach der schweizerischen Norm, nicht nach der europäischen ...

Wie wir später näher erläutern werden, ist die Baueingabe als Abschluss der Planungsphase zu betrachten (und nicht der Baubeginn). Konstruktive Fragen werden aber sowohl vor wie nach der Baueingabe behandelt. Vor der Baueingabe geht es darum, das Projekt in konstruktiver Hinsicht so weit zu konkretisieren, dass die Kosten genügend genau ermittelt werden können. Gemäss der SIA-Terminologie braucht man für diese Teilleistung etwa den Begriff «Detailstudien». Nur diesen konzeptionellen Aspekt der Konstruktion zählen wir zur Planungsphase.

Die umfangreiche Detailkonstruktion hingegen, welche das Erstellen der Ausführungspläne umfasst, gehört zur Realisierungsphase. Man bezeichnet diese ausführungsbezogene Konstruktion auch als Ausführungsplanung.

C. Baurealisierung

Diese Phase umfasst die soeben angesprochene Ausführungsplanung, ferner den Einkauf der Bauleistungen sowie die eigentliche (physische) Bauausführung. Bei der Ausführungsplanung und beim Einkauf bestehen zwar noch gewisse Sparpotentiale, die jedoch (insbesondere was die Beschaffung betrifft) vielfach weit überschätzt werden. Was bei der Planung versäumt wurde, kann während der Realisierungsphase nur noch zum kleinen Teil korrigiert werden. Geringe Möglichkeiten zum Kostensparen bestehen etwa beim Erstellen der Ausschreibungsunterlagen, beim Ausnutzen von kreativen Ideen der Unternehmer und bei den Vertragsverhandlungen.

Während der eigentlichen Bauausführung kann man nicht mehr viel gewinnen, aber unter Umständen noch viel verlieren. Es kommt in erster Linie auf die Bauleitung an, ob die geplanten Kosten unterschritten oder mindestens eingehalten werden. Das bedingt viel solide Managementarbeit, vorausschauende Planung, ständige Kontrollen, laufende Information aller interessierten Stellen und weiteres mehr.

Fazit: günstig bauen muss hart erarbeitet werden

Zusammenfassend kann man das Fazit ziehen, dass günstig bauen hart erarbeitet werden muss. Es ist das Resultat einer zielstrebigen, seriösen Arbeit von vielen Beteiligten während eines langen Projektablaufs. Die Bauherrschaft muss sich dabei keineswegs mit einer rein passiven Rolle beschränken. Sie hat viele interessante Möglichkeiten, die Potentiale des Kostensparens direkt zu beeinflussen. Ein gewisses Grundwissen braucht sie allerdings dazu. Es ist das Ziel dieser Publikation, die Bauherrschaft dafür zu sensibilisieren, damit sie (vielleicht) im richtigen Moment die richtige Frage stellen kann.