Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Printausgabe Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

Entscheid, Vertragsabschluss

In diesem Abschnitt gehen wir darauf ein, wie der Gewinner der Gesamtleistungsausschreibung bestimmt werden kann und wie der Vertrag mit ihm abgeschlossen wird.

Entscheidungsgremium und Entscheidungskriterien

Bezüglich der Zusammensetzung des Entscheidungsgremiums nach der Projektausarbeitung gelten die gleichen Überlegungen wie bei der Vorauswahl (sieh Abschnitt «Das Auswahlgremium»). Grundsätzlich soll das Team klein sein. Idealerweise setzt es sich zusammen aus ganz wenigen Personen aus der Stammorganisation der Bauherrschaft, die echte Entscheidungskompetenzen haben, sowie einem oder mehreren externen Experten. Welche Aufgaben den externen Experten übertragen werden, hängt vom Projekt ab. Bei einem Industrieprojekt etwa wird sich die Bauherrschaft eine qualitative Beurteilung der Projekte (Funktionserfüllung, formale Gestaltung etc.) selber zutrauen und dies nicht an ein Expertengremium von Architekten delegieren wollen, wie es bei einem Architektenwettbewerb üblich ist. Hingegen dürfte fachliche Unterstützung durch einen externen Projektmanager bei der Beurteilung der finanziellen und vertragstechnischen Gesichtspunkte sehr willkommen sein. Der aussenstehende Experte kümmert sich somit um den Vergleich der Offerten, die Abfassung der Vertragskonditionen und weiteres mehr.

Der Entscheid, welchem der beiden Anbieter der Totalunternehmerauftrag erteilt wird, kann erfahrungsgemäss sehr heikel sein. Er ist eindeutig schwieriger zu fällen als etwa die Vergebung von Baumeisterarbeiten beim konventionellen Architektenverfahren, wo es vor allem um finanzielle Gesichtspunkte geht. Bei baulichen Gesamtleistungen spielen neben dem Preis auch Kriterien wie die Qualität des Projekts und die Leistungsfähigkeit des Teams eine Rolle.

Was tut man nun, wenn beide Konkurrenten ähnlich gut qualifiziert sind und die Angebote preislich eng beieinanderliegen? Wenn man sich beim Entscheid vor allem von finanziellen Erwägungen leiten lässt, schafft man wenigstens eine gewisse Objektivität. Es ist fair, wenn der günstigste den Auftrag erhält.

Vertragsabschluss

Der Abschluss des Totalunternehmer-Werkvertrags mit dem ausgewählten Anbieter kommt zustande, indem die Bauherrschaft erklärt, dass sie seine Offerte annehme. Was in der Theorie sehr einfach tönt, kann in der Praxis durchaus komplizierter sein. Das Problem ist nämlich, dass dem Vertragsabschluss in der Regel noch mehr oder weniger intensive Verhandlungen vorausgehen und sich die Offerte in dieser Zeit laufend verändert. Möglicherweise muss der Anbieter noch Preiszugeständnisse machen, kürzere Termine garantieren, härtere Konventionalstrafen akzeptieren und weiteres mehr.

Einmal aber kommt der Punkt, wo sich beide Seiten finden: Der Anbieter hat sein Angebot so weit angepasst, dass sein Verhandlungspartner damit einverstanden ist. Wenn letzterer nun erklärt, dass er das Angebot annehmen will, ist der Vertrag zustande gekommen. Mündlich ist der Vertrag abgeschlossen.

Aus juristischen Gründen genügt ein mündlicher Vertrag. Bei Verträgen dieser Tragweite ist es jedoch in hohem Masse empfehlenswert, sich an die Schriftform zu halten. Nun ist es allerdings im Bauwesen so, dass nach der (mündlichen) Annahmeerklärung praktisch nie gleich die bereitliegende Vertragsurkunde unterzeichnet werden kann. Die aktualisierten Vertragsdokumente, die der letzten Offerte entsprechen, müssen nämlich zuerst ausgearbeitet werden. Man behilft sich daher damit, dass die Vertragsparteien in einem kurzen Schriftstück die wichtigsten Punkte des abgeschlossenen Vertrages festhalten (siehe Beispiel). In diesem Papier erklärt die Bauherrschaft (der Besteller), dass sie die Offerte des Anbieters xy annimmt und mit ihm das Bauprojekt realisieren will. Dann folgt eine Liste von Punkten, die im Laufe der Vertragsverhandlungen vereinbart worden sind. Mit diesem Schreiben ist das Wesentliche getan. Es ist jetzt zweitrangig, wann die eigentliche Vertragsurkunde ausgefertigt wird. Wichtig ist lediglich, dass ihr Inhalt vom abgeschlossenen Vertrag nicht abweicht.

Fragen wir uns zum Schluss, ob die Bauherrschaft für einen Totalunternehmer-Werkvertrag professionellen juristischen Beistand braucht. Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden. Persönlich bin ich der Meinung, dass sie in günstigen Fällen darauf verzichten kann. Ein Alleingang ist vertretbar, wenn auf Bauherrenseite ein gewisses Mass an juristischem Wissen vorhanden ist. Bei einem Industrieunternehmen, das regelmässig auf internationalen Märkten einkauft, dürfte dies beispielsweise gegeben sein. Auch ein versierter Bauherrenberater kann bei nicht allzu schwierigen Fällen das nötige Fachwissen einbringen.

 

Beispiel einer Annahmeerklärung für einen Totalunternehmer-Werkvertrag
(von juristischen Laien ausgefertigt)

Messerfabrik Scharf
Geschäftsleitung
Generalunternehmung
Integral AG

Neubau «Messerfabrik Scharf»

Sehr geehrter Herr Müller

Es freut uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns entschlossen haben, unsere neue Messerfabrik mit Ihnen als Vertragspartner auszuführen. Basis für unseren Entscheid ist Ihre Offerte vom 3. Februar 1995. Ferner beziehen wir uns auf die Besprechung in Ihrem Haus vom 8. März 1995 sowie die telefonisch getroffenen Vereinbarungen vom 9. März 1995.

Die zusätzlichen Vereinbarungen möchten wir wie folgt festhalten:

(1)

Ausgangspunkt aller Vereinbarungen ist der Generalunternehmer-Werkvertrag vom 3. Februar 1995, wobei der Werkpreis für die in der Offerte genannten Leistungen wie nachfolgend erläutert um 4% reduziert worden ist.

ursprüngliche Offerte für BKP 1 bis 4 (Gebäude, Betriebseinrichtungen, Umgebung, Erschliessung) 8 625 000 Fr.
minus 4% Konkurrenzrabatt 345 000 Fr.
Preis BKP 1-4 abzüglich Rabatt 8 280 000 Fr.
+ Baunebenkosten 150 000 Fr.
+ Honorare 820 000 Fr.
Uebernahmepreis per 9. März 1995 9 250 000 Fr.
(2) Im festgelegten Preis enthalten ist eine Neugestaltung des Bürogebäudes gemäss den Skizzen, die Sie uns am 8. März 1995 vorgelegt haben.
(3) Die Abrechnung wird offen durchgeführt. An einer allfälligen Unterschreitung des Kostendaches von 9.25 Mio. partizipieren wir zu 50%.
(4) Wir haben das Verfahren zur Preisanpassung bei veränderten Leistungen zur Kenntnis genommen und akzeptiert.
(5) Sie garantieren eine Bauzeit (= Zeitspanne zwischen Erhalt der Baubewilligung und Baubezug) von 7 Monaten.
(..) .......

In Erwartung einer guten Zusammenarbeit grüssen wir Sie freundlich

gez. Messerfabrik Scharf