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Vertragsverhandlungen

In der Regel führt bei der Gesamtleistungsausschreibung die Bauherrschaft mit den Anbietern Verhandlungen, nachdem diese ihre Offerten eingereicht haben. Diese Vertragsverhandlungen können intensiv sein. Man darf nicht erwarten, dass sie in einem Nachmittag abgeschlossen werden können. In einfachen Fällen ist dies zwar möglich, in komplexeren Fällen können sie sich aber über Wochen erstrecken. Die ganze Psychologie der Verhandlungsführung wird dabei angewendet.

In der folgenden Liste, die nicht als abschliessend zu verstehen ist, werden einige typische Punkte aufgeführt, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Bauherrschaft und den Anbietern häufig zur Sprache kommen.

 

  • Preis

Bei preislich eng beieinander liegenden Angeboten kann eine Verhandlungstaktik darin bestehen, die Auftragserteilung von zusätzlichen Preisnachlässen abhängig zu machen (siehe auch Beispiel «Das Grundprinzip der Konkurrenz von zwei ausgereiften Projekten»). In der Praxis ist es durchaus möglich, dass der ursprüngliche Angebotspreis nochmals um beispielsweise 5% reduziert wird.

 

  • Mehrwertsteuer

Sofern nicht ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung getroffen wird, umfassen die angegebenen (festen) Preise auch die Mehrwertsteuer (Gauch, Werkvertrag, Seite 341). Dies betrifft alle Werkverträge, also auch die (gewöhnlichen) Werkverträge mit Einzelunternehmern, die oft auf (festen) Einheitspreisen aufgebaut sind.

 

  • Bonus

Bei Totalunternehmer-Werkverträgen kann vereinbart werden, dass das Bauvorhaben offen abgerechnet wird. Dabei stellt sich die Frage, was mit einer allfälligen Unterschreitung des vereinbarten Kostendaches zu geschehen habe. Diese Einsparung wird vielfach zwischen Totalunternehmung und Bauherrschaft aufgeteilt. Meiner Ansicht nach sollte sie je 50% betragen. Dadurch ist gewährleistet, dass beide Vertragspartner an Preisunterschreitungen echt interessiert sind.

Anders ist es bei Budgetüberschreitungen. Diese gehen voll zu Lasten des Totalunternehmers, denn für derartige Fälle rechnet er eine Risikoprämie in den Werkpreis ein. Die Bauherrschaft zahlt für das gesamte Bauwerk höchstens soviel, wie als Kostendach vereinbart worden ist.

 

  • Formale Überarbeitung

Es kann mit dem Totalunternehmer vereinbart werden, dass das Projekt in gewissen Teilen nochmals überarbeitet wird. Beispielsweise ist es denkbar, dass sich der Anbieter verpflichtet, den Eingangsbereich repräsentativer zu gestalten. Diese nachträgliche Modifikation des Entwurfs soll im Werkpreis enthalten sein und nicht zu einer preislichen Nachforderung führen.

Abmachungen dieser Art setzen ein erhebliches Vertrauen in den Vertragspartner voraus. Im Streitfall dürfte es nämlich ziemlich schwer sein, einen visuellen Eindruck objektiv messen zu wollen. Derartige Vertragsbestandteile stellen somit immer eine Gratwanderung dar.

 

  • Projektänderungen

Das administrative Verfahren bei Projektänderungen ist im Detail festzulegen, insbesondere die Auswirkungen auf die Kosten. Im Kapitel 18 werden wir näher darauf eingehen (siehe Abschnitt «Anpassungen des Werkpreises»).

 

  • Zahlungsplan, Schlussabrechnung

Die Abschlagszahlungen der Bauherrschaft an die Totalunternehmung werden in der Regel nach einem vorgängig vereinbarten Zahlungsplan geleistet. Zeitpunkt und Höhe der Zahlungen sowie weitere kaufmännische Gesichtspunkte (Zahlungsfristen etc.) sind darin geregelt.

Die Schlussabrechnung ist beim Totalunternehmerverfahren einfacher als beim normalen Architektenverfahren. Trotzdem empfiehlt es sich, den technischen Modus vorgängig anhand eines Beispiels durchzuspielen (siehe Abschnitt «Schlussabrechnung»).

 

  • Teuerung

Die Bauherrschaft soll anstreben, dass auf eine Verrechnung der Teuerung verzichtet wird. Falls dies nicht möglich ist (lange dauernde Projekte, hohe Inflation), ist das Prozedere der Berechnung genau festzulegen, am besten anhand eines realistischen Beispiels.

 

  • Terminplan, Konventionalstrafen

Der Totalunternehmer wird in der Regel keine Verantwortung dafür übernehmen, dass die Baubewilligung auf einen bestimmten Zeitpunkt erteilt wird. Für die reine Bauausführung ab Baubewilligung jedoch können terminliche Zusicherungen erwartet werden.

Vielfach haben Terminüberschreitungen Konventionalstrafen zur Folge. Je nach Bauobjekt sind diesbezüglich verschiedene Abmachungen denkbar. Bei einem Einfamilienhaus wird der säumige Ersteller vielleicht die Kosten des Hotels übernehmen, in das die zukünftigen Bewohner temporär einziehen müssen. Häufiger jedoch sind gestaffelte Geldzahlungen. Bei einer Fabrik beispielsweise wird pro Woche Überschreitung ein Promillesatz der Bausumme als Kompensation festgelegt, wobei der Ansatz mit zunehmender Überschreitung ansteigt. Die maximale Strafe kann beispielsweise 5% des Werkpreises betragen.

 

  • Bauhandwerkerpfandrechte, Erfüllungsgarantie

Die Vertragsform des Generalunternehmer-Werkvertrages (wovon der Totalunternehmer-Werkvertrag eine Untervariante ist) birgt erhebliche Risiken hinsichtlich Bauhandwerkerpfandrechte. Vorbeugemassnahmen sind daher in hohem Masse angebracht. Einige konkrete Möglichkeiten sind im Absatz «Das Bauhandwerkerpfandrecht und die Erfüllungsgarantie» beschrieben.

 

  • Streiterledigung

Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien gibt es bei jedem Bauvorhaben. Die weitaus meisten können im offenen Gespräch bereinigt werden. Was tut man aber, wenn man sich nicht einigen kann?

Meiner Ansicht nach ist die Idee prüfenswert, eine sogenannte Streiterledigungsklausel in das Vertragswerk einzubauen, um den Gang vor den Richter möglichst zu vermeiden. Dabei geht es beispielsweise darum, schon beim Abschluss des Vertrages einen neutralen Vermittler zu benennen, der zu allfälligen Streitpunkten ein Schlichtungsverfahren durchführen soll. (Näheres dazu im Aufsatz «Alternative Methoden zur Beilegung von Baurechtsstreitigkeiten» von Peter Derendinger, in: Tercier / Hürlimann [Herausgeber], In Sachen Baurecht, zum 50. Geburtstag von Peter Gauch, Freiburg 1989, Seite 179 ff.).