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A. Das Modell der Generalunternehmer (VSGU-Modell)

Das Modell der Generalunternehmer besteht aus zwei Hauptphasen und einer Vorphase (Vorevaluation). Grundlage für die Gliederung der Phasen ist die SIA-Honorarordnung 102 (Architekten). Die Phase 1 (Konzeptwettbewerb) entspricht dem Leistungsumfang «Vorprojekt», die Phase 2 (Projektausarbeitung) dem «Bauprojekt».

 

  • Vorevaluation (Präqualifikation)

Da sich das VSGU-Modell primär an die öffentliche Hand richtet, wird die Frage der Präqualifikation ausführlich erörtert. Beispielsweise geht es darum, dass qualifizierte Bewerber nicht diskriminiert werden dürfen. Bei privaten Bauvorhaben ist dieses Thema naturgemäss viel weniger wichtig.

Gemäss der VSGU-Richtlinie wählt die Bauherrschaft vor dem Konzeptwettbewerb eine Gruppe von Kandidaten aus, die sie für die Aufgabe als besonders geeignet erachtet. Je nach Bauaufgabe sind es zwischen drei und etwa sechs Teilnehmer. Kriterien für die Auswahl sind vor allem die allgemeine Leistungsfähigkeit der Firma und spezifische Referenzen.

Zurzeit hat sich für den Ablauf der Präqualifikation noch kein einheitliches Schema herausgebildet. Die Bewerbungsdossiers sehen bei jeder Bauaufgabe etwas anders aus.

 

  • Phase 1 (Konzeptwettbewerb)

Grundlage für die Phase 1 ist ein Wettbewerbsprogramm. Meistens besteht es aus einem generellen Pflichtenheft, manchmal zusätzlich aus einem schematischen Vorprojekt (hervorgegangen beispielsweise aus einem vorgeschalteten Ideenwettbewerb). Die Teilnehmer erarbeiten mit diesen Grundlagen wie bei einem Architektenwettbewerb ein komplettes Vorprojekt. Etwas weiter als bei normalen Wettbewerben werden Statik und Haustechnik entwickelt. Der entscheidende Unterschied zum Architektenwettbewerb besteht darin, dass die gesamten Kosten des Investitionsvorhabens anzugeben sind. Wir treten später darauf ein, wie verbindlich diese Kosten sind. Damit der Bauherr weiss, was er für den Preis erhält, erstellt der Anbieter einen Baubeschrieb mit den vorgesehenen Verfahren und Materialien.

Die eingereichten Projekte samt Kostenangaben werden nun vom Auftraggeber beurteilt. In der Kriterienliste des VSGU sind Kosten und Wirtschaftlichkeit zuoberst aufgeführt, gefolgt unter anderem von Funktionalität und Ästhetik. Je nach Projekt wird unterschiedlich festgelegt, welches Gewicht den messbaren, finanziellen Aspekten im Vergleich zu den nicht messbaren, ästhetischen zukommt. Die Gewichtung soll den Wettbewerbsteilnehmern vor der Projektausarbeitung mitgeteilt werden.

 

  • Phase 2 (Projektausarbeitung)

Das VSGU-Modell sieht vor, dass im Normalfall der Gewinner des Konzeptwettbewerbes mit der Ausarbeitung des Projektes beauftragt wird. Allerdings können auch zwei Teilnehmer für die Phase 2 ausgewählt werden. Der VSGU bezeichnet diesen offenbar nicht sehr erwünschten Fall mit dem Wort «eventuell». Das Projekt wird also bevorzugt ohne Konkurrenz ausgearbeitet.

Am Schluss der Phase 2 liegt ein realisierungsreifes Projekt (meistens im Massstab 1:100) vor, das die Belange von Statik und Haustechnik berücksichtigt. Integrierender Bestandteil des Angebots sind wiederum die Kosten. Diese können als Kostendach angegeben werden, aus der Formulierung der VSGU muss man aber schliessen, dass die pauschale oder globale Verrechnung vorgezogen wird.

Eine mögliche Schwachstelle des VSGU-Modells

Beim VSGU-Modell kann meines Erachtens problematisch sein, dass der Grundsatzentscheid zu früh gefällt wird, welches Projekt ausgeführt werden soll. Das bauliche Konzept ist im Stadium des Vorprojektes gelegentlich zuwenig ausgereift, um die Kosten zuverlässig genug ermitteln zu können. Weil viele entscheidende Details noch offen bleiben müssen, wird auf ein nicht unerhebliches Kostenoptimierungspotential verzichtet. Es kommt hinzu, dass Bauprojekte nach der Phase 1 (Konzeptwettbewerb) analog wie Entwürfe, die für gewöhnliche Architekturwettbewerbe ausgearbeitet werden, teilweise noch nutzungsmässige Mängel aufweisen. Es ist nicht unüblich, dass das Siegerprojekt von Wettbewerben nachträglich noch überarbeitet werden muss.

Die genannten Einschränkungen zur Angabe der Kosten in einem frühen Planungsstadium sind nicht bei allen Projekten gleich bedeutsam. Es gibt durchaus Bauaufgaben, etwa im Wohnungsbau, wo man die Kosten schon sehr früh im Griff hat. Bei vielen anderen jedoch dürfte dies nur bedingt der Fall sein. Wie reagiert nun ein Anbieter, wenn er die Kosten in einem zu frühen Zeitpunkt verbindlich angeben muss? Er hat zwei Möglichkeiten, sich abzusichern. Entweder rechnet er so viele Reserven in den Angebotsbetrag ein, dass er für alle Eventualitäten gewappnet ist. Diese Lösung des dicken Polsters kann nicht im Interesse der Bauherrschaft liegen. Oder er pokert darauf, die zu tief geschätzten Kosten nachträglich noch «aufbessern» zu können. Diese Lösung liegt erst recht nicht im Interesse des Bauherrn. Aber offenbar gehen die Modellentwickler des VSGU davon aus, dass dieser Fall eintreten kann. Denn im Reglement ist ausdrücklich vorgesehen, wie darauf zu reagieren sei: Wenn ein Totalunternehmer während der Projektausarbeitung seine Kostenaussage aus dem Konzeptwettbewerb nicht einhalte, «kann die vorgesehene Entschädigung entsprechend der Vorgabe im Wettbewerbsreglement gekürzt werden» (VSGU, Richtlinie, Seite 4).

Das ist ein schwacher Trost für die Bauherrschaft. Es kann ihr nämlich passieren, dass der in der Phase 1 (Konzeptwettbewerb) als einziger ausgewählte Anbieter seine ursprüngliche Kostenaussage später in der Phase der Projektausarbeitung signifikant erhöht. Nehmen wir an, der Offertbetrag steige von 10 Mio. Fr. auf 11 Mio. Fr. Zur Strafe riskiert der Anbieter gemäss Reglement lediglich einen Abzug am Honorar von angenommen 10 000 Fr. Was macht jetzt die Bauherrschaft?

Meiner Ansicht nach sprechen gute Gründe dagegen, die Kosten auf dem Vorprojektstand verbindlich angeben zu wollen. Das auszuführende Projekt wird daher mit Vorteil später ausgewählt, in der Phase 2. Die bisherigen Erfahrungen öffentlicher Bauherrschaften mit dem Gesamtleistungswettbewerb deuten im übrigen darauf hin, dass auch sie nicht gerne auf Konkurrenz in der Phase 2 (Projektausarbeitung) verzichten.